Frankens Rodelhochburg liegt am Staffelberg. Seit Jahren ist die Viktor-von-Scheffel-Schule auf Bezirks- und Landesebene erfolgreich. Dafür gibt es mehrere Gründe. Aber wo trainieren die Staffelberg-Rodler eigentlich? Im Artikel finden Sie eine Bildergalerie.
Lucas Dütsch paddelt drei Mal mit den Händen über den Boden. Blitzschnell beugt er seinen Oberkörper nach hinten und stellt die Fußspitzen - leicht nach innen gebeugt - steil. Sein Körper bildet mit dem Rodel, auf dem er jetzt liegt, eine Einheit. Sofort sieht Sportlehrer Wolfgang Klecker einige Details, die er an der Haltung des Neuntklässlers noch verbessern kann.
Der 15-jährige Lucas Dütsch ist Rodler, aber nicht etwa in Oberhof oder Berchtesgaden, wo die Hochburgen dieses Wintersports liegen, sondern an der Viktor-von-Scheffel-Realschule in Bad Staffelstein. Seit den frühen 1990er Jahren gibt es an der staatlichen Realschule das Rodeln als Schulsport. Sportlehrer Wolfgang Klecker kann man durchaus als Vater der Staffelsteiner Rodler bezeichnen.
"Für den Wintersport habe ich mich schon immer begeistert.
Nach der Grenzöffnung bin ich selbst zur Eisbahn nach Oberhof gefahren und habe das Rodeln erst selber lernen müssen", sagt Klecker. In dem thüringischen Wintersportort hat er auch seinen Trainerschein gemacht. Schnell fanden sich interessierte Schüler für das Team. Etwas kürzer als Klecker, seit fast 20 Jahren, ist Lehrerin Helga Brunner dabei, sie trainiert die Mädchenmannschaft.
Nicht jeder kann Rodler werden Nachwuchsprobleme haben die Rodler nicht. Es gebe jedes Jahr genügend Interessierte. Aber der Sport, bei dem man mit 70 oder 80 Stundenkilometern eine Kunsteisbahn herunterrast, sei nicht für jeden etwas. "Athletik, Konzentration, Disziplin und Körperbeherrschung sind Grundvoraussetzungen", sagt Helga Brunner, und Wolfgang Klecker fügt hinzu: Mut müsse man haben, ein Wettkampftyp sein und die Geschwindigkeit lieben.
Oft seien es Schüler, die schon andere Sportarten machen und dadurch gewisse Voraussetzungen mitbringen.
Wenn er einen Schüler frage, ob er Rodeln möchte und der antwortet mit "vielleicht" oder "weiß ich nicht", dann sei er nicht geeignet, sagt Klecker und fügt mit einem Grinsen an: "Es müssen eben Lausbuben und - mädchen sein, auf die man sich verlassen kann." Denn wer unsicher ist, der traut sich nicht unbedingt den Eiskanal hinab. Aber einen solchen Fall hat Klecker erst einmal erlebt. Überwinden müsse man sich schon, sagt auch die 17-jährige Johanna Püls und fügt an: "Wenn man am Start steht, dann hat man schon ganz schön Bammel." Aber im Sportunterricht lerne sie, wie man sich richtig auf den Schlitten lege.
Training ohne Eisbahn Aber wie trainieren die Rodler ohne Eiskanal in der näheren Umgebung? Ein bis zwei Mal im Schuljahr fahre
man zur Rodelbahn nach Oberhof und trainiere dort vom Schülerstartpunkt. Früher habe es mehr und längere Trainingsfahrten gegeben, aber das sei eben auch sehr teuer. In Bad Staffelstein lerne man die Theorie und übe auf einem älteren Rodlermodell das Aufsitzen und die Körperhaltung, erklärt Wolfgang Klecker und fügt an: In schneereichen Wintern habe er auch schon am Staffelberg eine Naturbahn präpariert und die Rodler konnten dort trainieren. Zudem sei bei den Trainingsmethoden Kreativität gefragt, sagt Mädchentrainerin Brunner.
Der Erfolg gibt den Rodler der Viktor-von-Scheffel-Schule recht. Im diesjährigen Landesfinale in Königssee erzielte das Mädchen-Team den 4. Platz und die Jungen kamen sogar auf Rang 2. Nur der Elite des Wintersport-Nachwuchses von der Christophorusschule aus Berchtesgaden musste man sich geschlagen geben.
Wenn Wolfgang Klecker von diesem Wettkampf erzählt, dann kann er sein verschmitztes Grinsen nicht verbergen - er ist stolz auf diese Leistung.
Um auf den Schulturnieren Chancengleichheit zu schaffen werden die Rodel ausgelost und Ganzkörperanzüge wie bei den Profis sind auch nicht erlaubt. "Aber eng anliegende Kleidung tragen wir schon", sagt Johanna Püls, die aufgrund ihres Alters nicht mehr mitrodeln kann und darüber schon etwas traurig ist. "In der Bahn und beim Anschieben habe ich immer einen richtigen Adrenalin-Kick bekommen. Das Drumherum vergisst man." Der 14-jährige Lukas Will beschreibt den Reiz am Rodelsport so: "Es ist schon was Besonderes, so etwas erlebt man sonst nicht, denn es kann nicht jeder einfach so einen Eiskanal herabfahren."
Beim Training in Oberhof legt sich Wolfgang Klecker mit seinen 63 Jahren immer noch auf den Rodel und fährt die Bahn runter.
"Da ist das Gejohle groß, aber ich bin meistens immer noch schneller als meine Schüler", sagt Klecker und lacht.
So erfolgreich waren die Rodler in diesem JahrErfolge Beim oberfränkischen Bezirksfinale haben die Jungen- und Mädchenmannschaften der Wettkampfklasse III jeweils den Bezirkssieg geholt. Beim Landesfinale in Königssee erreichten die Jungen den 2. Platz (Tobias Betz, Jan Hetzel, Tobias Meixner und Niklas Storch). Auf den 4. Platz kamen die Mädchen (Marina Lohneis, Alexandra Horn, Jenny Nützel und Svenja Lohneis).