Staffelsteiner Geschichte und Geschichten

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Wie der Vater, so der Sohn. Die Blaskapelle hat Nachwuchs. Fotos: Markus Häggberg
Wie der Vater, so der Sohn. Die Blaskapelle hat Nachwuchs.  Fotos: Markus Häggberg
Auch kleine Zuhörer zeigten sich gebannt.
Auch kleine Zuhörer zeigten sich gebannt.
 
Dippold in Pose
Dippold in Pose
 

Bezirksheimatpfleger Günter Dippold zog mit einem Tross von 200 Personen zu neun Stationen.

Das Altstadtfest hat Tradition. Und in ihm gleichfalls die historische Führung durch den Ort, geleitet durch Bezirksheimatpfleger Günter Dippold. Einmal mehr bestand die Wegzehrung für die Teilnehmer in Informationen, Anekdoten und schelmische Formulierungen.
Samstag, 15.42 Uhr, ein Sportflugzeug überfliegt die evangelische Dreieinigkeitskirche und jemand am Straßenrad witzelt, dass das eine Schau von einem Auftritt wäre, wenn Günter Dippold mit dem Fallschirm auf dem Kirchenvorplatz landen würde. Das wäre was. Ganz so kapriziös sollte das Erscheinen des geschichtskundigen Professors nicht ausfallen, trat er doch drei Minuten später mitsamt Bürgermeister, Stadtrat und weiterer honoriger Personen vor die Tür der Kirche ins Freie, dorthin, wo die Blaskapelle Uetzing anstimmte und Besucher darauf warteten, an neue wissenswerte Stätten geführt zu werden. Aber man war schon angekommen, denn diesmal sollte die Dreieinigkeitskirche selbst nicht nur häufig gewählter Ausgangsort für die Führungen sein, sondern erste Station.


Ökumene und Ökonomie

Tatsächlich beinhaltet der Bau Geschichte und Geschichten und ist jede Besprechung wert, denn als er 1957 eingeweiht wurde, habe sich darüber auch der katholische Pfarrer im Ort gefreut. Zu einer Zeit, in der Ökumene noch mit Ökonomie verwechselt werden mochte, war dies so selten wie ungeheuerlich. Nicht nur ungeheuerlich, sondern gar "unerhört", wie Dippold sagte, sei die Architektur damals empfunden worden.
Nicht wie üblich in länglichem, sondern in dreieckigem Zuschnitt sollte das Gotteshaus baulich seinen Namen unterstreichen. Geplant und verwirklicht wurde das durch den Architekten Karl Pfeiffer-Haardt (1902-1957), einem gebürtigen Weißenburger, der ab 1939 einer Professur in Düsseldorf nachging und nach dem Krieg als freier Architekt in Bayreuth lebte und arbeitete. Vom Krieg bzw. dem Dritten Reich nicht unbelastet war ein anderer Beteiligter des Kirchenbaus: Professor Hermann Kaspar (1904-1986) aus Regensburg, ab 1938 tätig an der Akademie der Bildenden Künste. Er, verantwortlich für das Fresko in der Kirche, galt als Freund von Albert Speer, jenem Lieblingsarchitekten Hitlers und zeitweiligen Reichsminister für Bewaffnung und Munition sowie Verurteilten in den Nürnberger Kriegsverbrecherprozessen.
Über die nur kurze Strecke entfernt gelegene zweite Station Ziegelmühle, auch bekannt als Sieg- oder Schrepfermühle, fand Dippold auch zu poetischen Betrachtungen über die Gewässer in Bad Staffelstein, darüber, wie Lauter und Mühlbach nebeneinander fließen, "sich kurz vereinen, um sich alsbald wieder voneinander zu entfernen".
Und wie stets war auch an diesem Samstag wieder Gelegenheit für komische Momente. Als Dippold an der Schrepfermühle von der "Gebäudeaufstockung für moderne Maschinen wie Plansichter" sprach und die Umstehenden daraufhin das Haus besonders konzentriert in Augenschein nahmen, unterband er launig: "Sie brauchen, wenn Sie es nicht kennen, nicht nach oben schauen - es ist nicht mehr da!"
Die Bedeutung der Bahnhofstraße von der Bedeutung der nahegelegenen Badumstraße abgrenzend, zog der wohl 200 Personen zählende Tross in die Bahnhofstraße, wo er auch an die Gestalt des August Hofmann (NSDAP) geriet, der es zum 2. Bürgermeister von Staffelstein und zweifelhaften literarischen Ehren brachte. Von der eigenen Partei als "Heimatdichter" gelobt, stellte Dippold dessen Werke wie "Die Fischerin von Hausen", "Der Henker von Lichtenfels" oder "Der Sohn der Sünde" einer objektiveren Kritik von Richard Kerling gegenüber und zitierte: "Ein Romanautor von geradezu beängstigender Produktivität." Mit dem Einzug auf den Rathausplatz ging die Führung des "Freundes der Stadt" (Zitat von Bürgermeister Jürgen Kohmann) nach insgesamt neun Stationen unter viel Beifall zu Ende.