Es ist die besondere Beziehung des Dichters zum Frankenland, von der diese Dokumentation lebt: Das Museum Kloster Banz zeigt ab Freitag, 11. Juli, Victor von Scheffels Skizzenblöcke und Handschriften, die noch nie öffentlich ausgestellt waren.
Brigitte Eichner-Grünbeck trug Handschuhe, als sie diese Lieferung öffnete. Die losen Blätter, die per Spezialspedition ins Banzer Museum gebracht worden waren, nötigten der Leiterin Respekt ab. Einige der Skizzen und Handschriften aus dem 19. Jahrhundert waren noch nie irgendwo öffentlich ausgestellt, mussten erst in Rahmen eingepasst werden. "Da haben mir schon ein wenig die Knie gezittert", sagt die gelernte Restauratorin.
Der Mann, der diese Werke zu Papier gebracht hat, ist indes in der Region ein Begriff: Joseph Victor von Scheffel, nach ihm sind Straßen hier benannt, sein Lied "Wanderfahrt" wird als Hymne der Franken gesungen. Der Dichter (1826-86) war ein Bestsellerautor seiner Zeit, aber dass er auch ein bildender Künstler war, ist weniger bekannt.
Als die Stadt Bad Staffelstein 2011 - 125 Jahre nach seinem Tod - zu seinen Ehren mehrere Jubiläumsveranstaltungen ausrichtete, begann für Natalie Gutgesell eine intensive Auseinandersetzung mit dem Dichter der Romantik. Gutgesell, die in Bad Staffelstein lebt, konzipierte das Videokunstprojekt "Wanderlust", das auf Scheffels "Lied der Franken" basierte. Bald las sie weitere seiner Werke und war nicht nur von seiner bildreichen Sprache angetan, sondern auch von der Aktualität dieses Stoffes. Der künstlerisch ambitionierte Doktor der Rechtswissenschaften inszenierte sich selbst, wurde gewissermaßen zu einem Popstar seiner Zeit. Der erstrebte Ruhm machte ihn jedoch nicht wirklich glücklich. Eine glückliche Zeit dagegen erlebte er in Kloster Banz, wo er Ruhe suchte und innere Zufriedenheit fand.
Er hat dort den Blick aus seinem Fenster oberhalb der Klostergaststätte sowie viele weitere Eindrücke der fränkischen Landschaft festgehalten, die er 1859 zwei Sommermonate lang erkundete.
155 Jahre nach diesem auch sehr produktiven Aufenthalt, erscheint die Dissertation Natalie Gutgesells über Joseph Victor von Scheffel als bildenden Künstler. Von dem vielseitigen Schaffen dieses Mannes fasziniert hatte sich die Kunsthistorikerin in den vergangenen drei Jahren intensiv mit seinen Manuskripten, Skizzen und Zeichnungen beschäftigt. Dabei hatte Scheffel, der nie für den Ausstellungsbetrieb gearbeitet sondern seine Bilder nur für sich und zur Illustration seiner Texte geschaffen hatte, eigentlich verfügt, dass diese Aufzeichnungen nach seinem Tod vernichtet werden.
Keine bunten Bilder Dass sich Scheffels bester Freund dessen letztem Willen widersetzte, ist in den Augen von Natalie Gutgesell "fantastisch für die Nachwelt". Sie selbst habe gejubelt, als sie im Archiv des Museums für Literatur am Oberrhein in Karlsruhe, der Heimatstadt des Dichters, in einer 3699 Seiten zählenden losen Blattsammlung, die dessen unveröffentlicht gebliebener Wartburg-Roman ist, das Urmanuskript des Frankenliedes entdeckte.
Wer nach Banz kommt, um die Ausstellung zu sehen, den erwarten dort nicht bunte, prägnante Bilder. Zu sehen ist vielmehr eine Auswahl von Kostbarkeiten, die die besondere Beziehung Joseph Victor von Scheffels zu diesem Ort im Oberen Maintal dokumentieren. Sie sind nicht im grellen Licht ausgeleuchtet, weil das der Vertrag mit den ausleihenden Museen zum Schutz der empfindlichen Werke nicht zulässt.
Wer sich aber auf ein genaues Inspizieren und Nachlesen einlässt, erfährt mehr über jene Persönlichkeit des 19. Jahrhunderts, als bislang bekannt war. Museumsleiterin Brigitte Eichner-Grünbeck zögerte deshalb nicht, ihre Zustimmung zu dieser besonderen Ausstellung zu geben. "Victor von Scheffel, das war klar, der war zwei Monate lang in Banz, der gehört hierher."
Mehr zur Ausstellung "Da hat Herr Scheffel etwas dazu gedichtet":Eröffnung: am Freitag, 11. Juli, 19 Uhr, im Museum Kloster Banz mit Einführungsvortrag von Natalie Gutgesell (Kuratorin) und anschließendem Empfang mit "Scheffel-Trunk"
Finissage: Die Ausstellung ist bis 9. November zu sehen. Am Samstag, 8.
November, 19 Uhr, beschließt eine Führung der Kuratorin das Rahmenprogramm.
Musikwettbewerb: Die Franken-Hymne neu interpretieren - dazu ruft ein Wettbewerb auf. Drei Strophen mit Scheffels Originaltext müssen enthalten sein. Einsendeschluss ist der 15. August. MP3 an frankenlied@scheffel-ausstellung.de
Museumsnacht: Die Preisträger des Frankenlied-Wettbewerbes treten auf am Donnerstag, 2. Oktober, ab 19 Uhr.
Für Kinder: Joseph Victor von Scheffel - ein Popstar aus dem 19. Jahrhundert: Aktion für Fünf- bis Zwölfjährige, Mittwoch, 13.
August, 10 Uhr, im Museum Kloster Banz
Literatur: Vortrag von Professor Ralf Liedtke (Otto-Friedrich-Universität Bamberg): Der Roman "Heinrich von Ofterdingen" von Friedrich von Hardenberg als literarischer Impuls für Joseph Victor von Scheffel; Freitag, 24. Oktober, 19 Uhr, im Museum Kloster Banz
Weitere Ausstellungen: Scheffels Früh- und Spätwerk sowie seine Italienreisen, Museum für Literatur am Oberrhein in Karlsruhe, 15. November bis 29. März; Stadtmuseum Weimar: Scheffels Wartburg-Roman und die "Frau Aventiure", 21. November bis 1. Februar 2015
Katalog: Zur Ausstellung (siehe auch www.scheffel-ausstellung.de erscheint ein reich bebilderter zweibändiger Katalog.
Zum Autor und zur Präsentation: Joseph Victor von Scheffel (1826-1886) gehörte zu den Bestsellerautoren und Popstars
der Romantik. Seine Werke erreichten bereits im 19. Jahrhundert Verkaufszahlen von über einer halben Million an Exemplaren. Zu diesen gehören z.B. das Epos Der Trompeter von Säckingen (1853), die Liebesgeschichte des bürgerlichen Musikers Werner Kirchhofer und der adeligen Margareta von Schönau mit Happy Ending, der Mittelalter-Roman Ekkehard (1855), die unglückliche Liebesgeschichte zwischen einem Mönch und der verwitweten Herzogin Hadwig vom Hohentwiel oder die Gedichtsammlung Gaudeamus (1868), in der sich auch das Frankenlied befindet. Weniger bekannt war bislang Scheffels vielseitiges bildkünstlerisches Werk, das nun erstmals in diesem Umfang der Öffentlichkeit vorgestellt wird.
Die Ausstellung "Da hat Herr Scheffel etwas dazu gedichtet" ist eine Kooperation dreier Museen in drei verschiedenen Bundesländern, zwischen dem Museum für Literatur am Oberrhein Karlsruhe, dem Stadtmuseum Weimar und dem Museum Kloster Banz Bad Staffelstein.
Scheffels Nachlass, der zum größten Teil im Museum für Literatur am Oberrhein Karlsruhe archiviert ist, umfasst über 400 Kunstwerke, wie z.B. Zeichnungen oder Aquarelle, über 80 Skizzen- und Notizbücher, zahlreiche eigene Skizzen in den Manuskripten seiner Texte, Werke in Sammlungen und Museen im In- und Ausland, wie z.B. in der Albertina Wien, sowie hunderte an weiteren Blättern im Privatbesitz. Die Ausstellung dokumentiert die Forschungs-Ergebnisse der Doktorarbeit von Natalie Gutgesell aus Bad Staffelstein im Fachbereich Kunstgeschichte an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg.
Vom 11. Juli bis 11.
November 1859 lebte Scheffel in Kloster Banz, wo ihn der 2,10 Meter lange versteinerte Kopf des Ichthyosaurus im Museum zu der Erzählung Bericht vom Meerdrachen inspirierte, den er auch mehrmals zeichnete. Die Szene der Auffindung des Schädels am Hang bei Unnersdorf wird für die Textsammlung Frau Aventiure von dem Maler Anton von Werner durch zwei nahezu identische Aquarelle illustriert, die sich heute in der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe und in der Kunstsammlung der Wartburg befinden und in Banz 2014 erstmals überhaupt ausgestellt werden.
Weitere Zeichnungen Scheffels entstanden z.B. während eines Ausflugs nach Bamberg, wie z.B. eine Ansicht der Giechburg.
Skizzen im Notizbuch ließen eine dreitägige Wanderung Scheffels durch die fränkische Schweiz nachvollziehen, die er in Exodus Cantorum, der Bamberger Domchorknaben Sängerfahrt literarisch verarbeitete, die er ursprünglich als Figuren für seinen Wartburg-Roman geplant hatte.