Sammeln und Fachsimpeln

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Die Haßfurterin Petra Emily ist gut behütet. Was sie selbst nicht trägt, trägt sie zu Markte. Foto: Markus Häggberg
Die Haßfurterin Petra Emily ist gut behütet. Was sie selbst nicht trägt, trägt sie zu Markte. Foto: Markus Häggberg
"Trödler" Roland Gallasch ist sachverständig für Litzen und Kordeln. Selbst über die Art der Bestickung weiß er Bescheid. Foto: Markus Häggberg
"Trödler" Roland Gallasch ist sachverständig für Litzen und Kordeln. Selbst über die Art der Bestickung weiß er Bescheid. Foto: Markus Häggberg
 
Manuela Schneider ist als Marktleitung verantwortlich Foto: Markus Häggberg
Manuela Schneider ist als Marktleitung verantwortlich Foto: Markus Häggberg
 
Zwischen Römergläsern, Plakaten und Publikum: eine Puppe aus längst vergangener Zeit. Foto: Markus Häggberg
Zwischen Römergläsern, Plakaten und Publikum: eine Puppe aus längst vergangener Zeit. Foto: Markus Häggberg
 
Nichts, wofür es nicht Sammler und Käufer gibt. Das trifft auch auf Militärlitzen aus aller Welt zu. Foto: Markus Häggberg
Nichts, wofür es nicht Sammler und Käufer gibt. Das trifft auch auf Militärlitzen aus aller Welt zu. Foto: Markus Häggberg
 
Auch ein modischer Serviervorschlag an einem Stand: Hut mit Vogel und auffällig. Foto: Markus Häggberg
Auch ein modischer Serviervorschlag an einem Stand: Hut mit Vogel und auffällig. Foto: Markus Häggberg
 

Wer Ware anbietet oder sucht, muss meist früh aufstehen. Auch am Sonntag. Doch beim Phänomen Flohmarkt geht es nicht nur ums Geld.

Flohmarkt - das sagt sich so leicht dahin. Aber es gibt Unterschiede, Geschichten und Einblicke. Wer dabei sein will, muss oft früh aufstehen. Sonntagsbeobachtungen zu einem Phänomen, bei dem es nicht allein um Geld geht.
Manuela Schneider trägt eine gelbe Weste. Das kennzeichnet die Burgkunstadterin beim Durchschreiten des Geländes Rewe-Parkplatz als Autorität und Veranstalterin. "Marktleitung Manu" steht auf der Weste geschrieben und Marktleitung Manu ist erfahren in ihrem Tun. Seit 2007 finden Flohmärkte auf dem hiesigen Parkplatz statt, seit wenigen Jahren unter ihrer Ägide. Zumindest dann, wenn ihre Agentur das Buchungstechnische übernimmt. Doch Flohmarkt sagt man nicht mehr, eher liest und spricht man hier von Trödelmärkten.


Guter Zusammenhalt

Für 21 solcher Märkte wird Schneider allein zwischen Juni und Juli verantwortlich zeichnen, verstreut in ganz Oberfranken. "Das ist meine Familie", sagt sie über die Händler, die oft schon in den frühesten Morgenstunden unter einem bewölkten Himmel ihre Waren drapierten. Man kenne sich untereinander, erklärt Schneider und geht noch weiter: "Wenn einer Geburtstag hat, bringt oft wer einen Wein mit." Und einmal, als eine Trödlerin zur Witwe wurde, hätten viele Händler zum Zeichen der Verbundenheit spontan eine Kollekte für die Frau auf die Beine gestellt. "Da ist Zusammenhalt da, das glaubt kein Mensch", betont Schneider immer wieder. Der muss auch sein, denn Trödlern schlägt auch Wind ins Gesicht. Es gebe Städte und Kommunen, die derlei Märkte erschwerten. Aber es gebe auch einen Abwärtstrend bei Kunden.


"Frau mit Hut"

Petra Emily ist die "Frau mit Hut" und eine Erscheinung. 100 Hüte habe sie in ihrem privaten Gebrauch und was sie privat nicht in Gebrauch hat, das hat sie unter anderem hier. Das fiel auch einer Verkäuferin aus Lichtenfels auf, die einen wohlwollenden professionellen Blick auf die Art und Weise mancher Warenpräsentation warf und davon sprach, dass es Stände gibt, auf denen diesbezüglich mal mehr, mal weniger Inspiration zu erkennen ist. "Ich freue mich, dass andere Leute noch Freude daran haben, deswegen gebe ich es nicht in die Altkleidersammlung", erklärt die Frau mit Hut ihren Beweggrund zur Teilnahme. Seit geraumer Zeit aber hätten sich die "Flohmärkte verschlechtert". Das sage sie aus eigener Beobachtung heraus und nennt Gründe. "Vor fünf, sechs Jahren wurde einem die Ware noch aus den Händen gerissen. Das ist vorbei. Die Kunden klagen, dass sie kein Geld mehr hätten." Zudem erführen Trödelmärkte noch von anderer Seite Nachteile: "Es sind halt auch Billigangebote aus dem Boden geschossen", so die Frau zu Billig-Discountern. "Das sind Sachen, die Flohmärkte im Laufe der Jahre vernichten werden", zeigt sich die Haßfurterin überzeugt.
Ihre Laune bessert sich wieder, als sie zu ihren Hüten gefragt wird. In Coburg habe mal ein Hutladen zugemacht, dort habe sie daraufhin Hüte und Rohlinge her und selbst verziert. Dass es heute hier auch einen Stand auf dem Platz gibt, der billige Neuware anzupreisen scheint, goutiert die Behütete nicht. So etwas dürfe nicht sein, das habe mit Flohmarkt nichts zu tun. Doch es handle sich eh nur um ein Versehen, erklärt dazu Leiterin Schneider. Der Händler habe sich im Datum geirrt und geglaubt, auf einem Innenstadtmarkt zu sein - da habe man ihn nicht abweisen wollen.


Abzeichen von Burberry

Einer, der über seine Waren gut Bescheid weiß, ist Roland Gallasch. Der Rödentaler hat es mit Militär und Kordeln und Litzen und Abzeichen. Und mit Hintergrundwissen. Dann zeigt er eine Erstaunlichkeit vor. Burberry, jene seit 1856 existierende Luxusmarke für edle Bekleidung, fertigt auch gestickte militärische Abzeichen an. Von "Bouillonstickerei" ist die Rede und davon, dass Militärabzeichen prunkvoller verarbeitet werde, je weiter man nach Osten geht. Eine der schmuckvollsten Litzen, die Gallasch in diesem Zusammenhang vorzuzeigen weiß, stammt aus Kasachstan. Gallasch lebt von Trödel und von Warenan- und abkauf. Er durchforstet für Käufer von Militaria das Internet und sei zweimal pro Woche unterwegs. Als Bezugsquelle nennt er eine Weißenburger Uniformstickerei, die nach Insolvenz wohl ins dortige Stadtarchiv eingelagert habe. So kurios die Händler, so kurios auch das Publikum. Ein Mann, der namentlich nicht genannt sein möchte, sucht ausgerechnet nach einem gelben Faxgerät. Begründung: "Ich habe viele gelbe Sachen in der Wohnung."