Mit seinem Autoscooter ist er Dauergast auf dem Lichtenfelser Schützenfest
Autor: Dominic Buckreus
Lichtenfels, Donnerstag, 13. Juli 2017
Seit 25 Jahren kommt Heiko Perz mit seinem Autoscooter zum Lichtenfelser Schützenfest. Er liebt sein Leben auf Tour, hat aber mit Veränderungen zu kämpfen.
Auf jedem Volksfest gibt es einen Ort, an dem sich die Jugend der Stadt versammelt. Dort wird zur aktuellen Chart-Musik gechillt, dort spielen sich manchmal Dramen ab und viele erleben dort ihren ersten Kuss oder treffen die erste große Liebe. Der Autoscooter ist so ein Ort. Er hat von seinem Charme nichts eingebüßt. Das sagt einer, der diese Schauspiele schon oft erlebt hat: Heiko Perz ist Schausteller und betreibt den Autoscooter, der ab heute wieder der Lichtenfelser Jugend auf dem Schützenfest als Treffpunkt dient. Der Fürther ist nun schon seit 25 Jahren zu Gast in der Korbstadt.
Am Donnerstagmittag steht sein Geschäft schon auf dem Platz. Das Gröbste ist erledigt. Am Freitag reinigt er noch die Autos und das Landratsamt macht die finale Abnahme. Ab 16 Uhr schallt die Musik vom Autoscooter über das Gelände.
Schausteller von Klein auf
Heute geht es deshalb etwas ruhiger zu. Perz sitzt auf einem Plastik-Gartenstuhl auf der Veranda seines Wohnwagens. Beide Arme lässt er lässig über das Geländer hängen. In der rechten Hand hält er eine Zigarette und erzählt, warum er diesen Beruf gewählt hat. Denn eigentlich hatte er Kfz-Mechaniker gelernt. Doch ihm war das nicht abwechslungsreich genug. "Kennen Sie den Film 'Und täglich grüßt das Murmeltier'?", fragt er. Er ist aber als Schausteller aufgewachsen. Sein Vater betrieb das Karussell "Seesturmbahn". Schon vor 50 Jahren sei er damit in Lichtenfels gewesen, erzählt Perz. Als der Sprössling 18 war, verkaufte ein Freund seines Vaters seinen Autoscooter. Heiko Perz schlug damals zu und der Vater bürgte für seinen Sohn. 750 000 Mark kostete das Fahrgeschäft - ohne Autos und Kassenhäuschen, sagt Perz. Seitdem ist der heute 44-Jährige auf Tour. 16 Stationen hat er im Jahr in Oberfranken, Mittelfranken und der Oberpfalz.Immer mit dabei: seine beiden Mitarbeiter, Ehefrau Yvonne und das jüngste der beiden Kinder. Der Ältere wohnt das ganze Jahr bei den Großeltern. "Uns ist es wichtig, dass unser Ältester in seinem sozialen Umfeld bleibt", erklärt Yvonne Perz, die gerade dazu gekommen ist und auf der Stufe vor der Eingangstür Platz genommen hat. An den Wochenenden und in den Ferien kommt er aber immer zu Besuch. Sobald der Jüngere in die Schule geht, soll auch er zu Hause bleiben.
Von Anfang Mai bis Oktober sind sie in ihrem modern eingerichteten Wohnwagen unterwegs. Vor allem die Arbeit im Freien mache Heiko Perz besonders Spaß. Er könne die Sonne und viele verschiedene Städte genießen, deren Brauereien und Sehenswürdigkeiten. In Lichtenfels seien sie besonders gern, weil der Kontakt zu den Schützen so gut sei, sagt Heiko Perz. Den Winter verbringt die Familie in Fürth und hält sich mit dem Verkauf von Weihnachtsbäumen über Wasser.
Ruhig wird es selten
Auf Tour bleibt für die beiden nicht viel Zeit zum Entspannen. Neun bis zwölf Stunden am Tag arbeiten sie, manchmal 14. Freie Tage sind selten. Auch jetzt muss Heiko Perz das Gespräch immer wieder abbrechen. Mal hat ein Mitarbeiter ein Problem, dann klingelt das Handy, der Elektriker, der die Schutzschalter überprüft, kommt auch vorbei. Seine khaki-farbenen Arbeitshosen und den dunkelblauen Pulli mit ein paar kleinen Löchern drin kann er heute jedenfalls noch nicht ablegen. Die Autos müsse er täglich warten, auf ihre Sicherheit prüfen und reinigen, erklärt er. Diese seien echte Handarbeit. Nur eine Hand voll Hersteller weltweit stelle sie überhaupt her. Und bis das ganze Geschäft aufgebaut ist, vergehen jedes mal anderthalb Tage. Ab Freitag sitzt er dann wieder im Kassenhäuschen, passt auf, dass sich die Kinder anschnallen und keine gefährlichen Gegenstände mitnehmen. Diesen Job teilt er sich mit seiner Frau. Dabei haben sie schon einiges erlebt: Junggesellenabschiede, Hochzeitsfotos, Streitereien. "Das ist besser als jeder Fernseher", sagt Yvonne Perz.
Geändert hat sich daran in den letzten 25 Jahren nicht viel. "Der Autoscooter ist ein Dauerläufer", sagt Heiko Perz. Sorgen bereitet der Schaustellerfamilie vor allem die Personalsituation. Immer weniger Menschen entschieden sich für dieses Leben. Dazu kommt die Bürokratie mit den vielen Auflagen. Auch mit den steigenden Kosten der Volksfeste hat er zu kämpfen. Auf der Fürther Kirchweih müssten die Schausteller die Hälfte der Kosten für das Sicherheitspersonal tragen, erklärt er.
Ende nächster Woche wird Heiko Perz seinen Autoscooter wieder abbauen und zum nächsten Fest nach Dietfurt an der Altmühl fahren. Dort ist er sogar Platzmeister auf dem 7-Täler-Volksfest.