Matuschik provoziert in Loffeld

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Matthias Matuschik hält der Gesellschaft mit vollem Körpereinsatz den Spiegel vor.Birgit Kunig
Matthias Matuschik hält der Gesellschaft mit vollem Körpereinsatz den Spiegel vor.Birgit Kunig
Birgit Kunig
Birgit Kunig
 
Birgit Kunig
Birgit Kunig
 

Der scharfzüngige Oberpfälzer ließ sich bei der "Kultur im Brauereisaal" kräftig aus über die "Entartungen" unserer Gesellschaft.

Wenn der Mann da vorne mit geballter Männlichkeit maschinengewehrsalvenmäßig dem Publikum seine Jokes um die Ohren haut, ist das wie ein Donnerwetter. Denn er motzt und mäkelt massiv gerne unterhalb der Gürtellinie, Provokation pur ist sein Name. So gesehen und gehört am Samstag im alten Brauereisaal des Bräustübla von Loffeld unter der Federführung von Tanja Dowerg und Helga Wehrfritz. Matuschik hat die Ehre, die erfolgreiche Serie "Kultur im Brauereisaal" für das Jahr abzuschließen.
 
Als Oberpfälzer Komiker und alter Haudegen, der kein Blatt vor den Mund nimmt, ist er inzwischen vielerorts bekannt. Aber auch als schlagfertiger, scharfzüngiger Spaßvogelmoderator auf Bayern 3 genießt er zwischenzeitlich Kultstatus.
 
Viele sind aus Neugier gekommen, um den frech frotzelnden Künstler einmal live zu sehen. Mit seinem neuesten Programm "Entartete Gunst" polarisiert, provoziert und polemisiert er nicht nur pokerfacemäßig: "Ich komm aus der Oberpfalz, da hat man nur zwei Optionen - saufen oder wegziehen. Ich hab mich für beides entschieden". Damit hat er die Lacher gleich zu Anfangs auf seiner Seite.
 
Mit professioneller, origineller Gestik und Mimik ergötzt er sich an sich selber, aber auch das Publikum muss herhalten, speziell die schmuckbehängten auffälligen lauten Damen in der mittleren Reihe, die nur die Hälfte der Jokes verstanden haben, weil sie nicht aufgepasst haben. Zu gerne lässt er sich in Übertreibungen über die "Entartungen" unserer Gesellschaft aus. Herhalten muss vor allem die Flüchtlingsproblematik, sein Lieblingsthema.
  
Die Ambivalenz in den Gemütern der Menschen treibt ihn um. Und es lässt ihm keine Ruhe, dass der typisch Deutsche dekadent lieber Bionahrung für den Hund kauft, als sich davon berühren zu lassen, dass die meisten Geflohenen Schlimmes erlebt haben. Ein Hundeleben habe es oft besser, wenn die Dame aus Grünwald Hilfsflüge für rumänische Straßenhunde organisiert und gleichzeitig einer Bürgerinitiative gegen Asylbewerberheime vorsitzt.
  
Wie haarsträubend und hanebüchen die Blüten, die unsere Gesellschaft treibt, sind, prangert er eindringlich an: Der Spiegel, den er vorhält, ist oft grausam - er seziert gewohnt böse politische und soziale Entgleisungen. Wenn der deutsche mundgerüchlerische Lateinlehrer als typischer Thailandtourist sich auf dem Bett liegend "bedienen" lässt und dabei sinniert, warum die Stromleitung auf Putz gelegt ist.
 
Wenn der Reinländer grölend im Alkoholdunst mit dem Zug zum Oktoberfest anreist, lerne der Flüchtling, der soeben am anderen Gleis angekommen ist, den Deutschen von seiner besten Seite kennen. Auch etliche Kriminelle seien dabei, "z.B. auch Priester", konstatiert er boshaft und das Publikum jubelt verhalten.
  
Wenn die ehemaligen 17 Millionen Flüchtlinge aus dem Osten, die mit dem maroden Land im Kreuz jetzt Autobahnen mit Goldbrokat besäumt und in jedem Kaff ein Spaßbad haben, die AfD wählen. Und der Bautzener eine Bürgerwehr gründet und sich fürchtet, dass der Asylant Kinder frisst. Da fragt sich der Künstler "Warum fressen die Flüchtlinge immer nur sächsische Kinder?"
  
Matuschik tut zwar oft so, als sei es nur ein Augenzwinkern - zwingt aber immer vehement zur Nachdenklichkeit mit verhaltenem Gröleffekt beim Publikum,wenn er sich über Thermomixkäufer und QVC-Besteller auslässt. Für jeden Unsinn sei Geld da. Auch für HD-Fernseher auf dem Scheißhaus, damit "Mann" jederzeit die Börsenkurse ablesen könne.
 
Zum Glück gäbe es das Ganze auch wesentlich günstiger beim Aldi, ebenso wie die Sandelhosen, in denen man sich stundenlang in seiner eigenen Brühe suhlen muss. Da werden echte Manager mit hoher Verantwortung in der Schlange beim Aldi zu kleinlauten Ehemännlein degradiert, "und wehe die haben die richtige Größe vergessen." "Wenn du ohne das Gerät heimkommst, werde ich zuerst den Hund, dann die Kinder und dann dich töten" erpressen kochunwillige Frauchen, Mädchen, Miezekatzen. "Was ist bloß schiefgelaufen?", ereifert er sich mit seinem typisch wieherndem Lacher.
 
Wenn die deformierten mit Strass-Steinchen besetzten Zehen der Ruhrpott-Chantals und all die elefantösen Fußstumpfen mit Schrundensalbe und Schuppenflechten dieser Welt einen schmierigen milchigen Film im Aquarium der Putzerfische hinterlassen, sei das nicht artgerecht - so habe ein hochrangiger Beamter aus NRW einen neuen Gesetzentwurf erlassen. Vollkommene Hirnrissigkeit angesichts der Tatsache, dass das die gleichen Leute sind, die im Supermarkt Hühnchenflügel für 2,99 Euro kaufen und der gleiche Politiker erlaubt, 100 000 Küken täglich zu schreddern und Glyphosat zum Düngen auf dem Ackerboden auszubringen.
  
Ob die Bio-Chickenwings, die von Kindern totgekitzelt wurden, jetzt wirklich halal seien oder in Summe nur irgendeine braune Scheiße von diversen Lebensmittelzusatzstoffen, sei doch letztendlich egal. Und dem Veganer, der seinen Urlaub an der Elfenbeinküste verbringen möchte, sagt man lieber gleich: "Kann Spuren von Negern, ääh von Colaweizen hinterlassen." Zum Glück gab's in Loffeld keine Leberkäsbrödla aus Schweinen im Angebot, die Blasmusik hörend im Stuhlkreis sitzend entschieden hätten, welches als erster zum Schlachter muss. Denn der Genuss desselbigen wurde sowieso vermiest aufgrund der bekanntlich mitverarbeiteten "Ekligkeiten".
 
"Jedes nicht gegessene Schäuferla ist ein Verlust" lobt er die fränkische Küche und gibt noch eine Zugabe in Form seines aufreizenden Gema-Songs, der die Absurdität dieser Institution durch den Kakao zieht.