Kommen Risse in Häusern von ICE-Trassenbau?

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Tiefe Risse sind in den Außenwänden des Wohnhauses der Familie Mark in Ebensfeld zu sehen. Im Inneren des Hauses bietet sich das gleiche Bild - kaum eine Wand, die keinen Riss aufweist, uns sogar im Parkettboden klaffen Spalten. Foto: Matthias Einwag
Tiefe Risse sind in den Außenwänden des Wohnhauses der Familie Mark in Ebensfeld zu sehen. Im Inneren des Hauses bietet sich das gleiche Bild - kaum eine Wand, die keinen Riss aufweist, uns sogar im Parkettboden klaffen Spalten. Foto: Matthias Einwag
Sogar der Parkettboden im Wohnzimmer des Hauses von Familie Mark weist klaffende Risse auf. Foto: Matthias Einwag
Sogar der Parkettboden im Wohnzimmer des Hauses von Familie Mark weist klaffende Risse auf. Foto: Matthias Einwag
 
Rechtsanwalt Johann Bramann (Dritter von rechts) trifft sich mit den Geschädigten vor Ort, um das weitere Vorgehen zu besprechen; im Hintergrund die Lärmschutzwand und die Häuser der Betroffenen. Foto: Matthias Einwag
Rechtsanwalt Johann Bramann (Dritter von rechts) trifft sich mit den Geschädigten vor Ort, um das weitere Vorgehen zu besprechen; im Hintergrund die Lärmschutzwand und die Häuser der Betroffenen. Foto: Matthias Einwag
 
Überall am Haus der Familie Mark sind Risse aufgetreten. Foto: Matthias Einwag
Überall am Haus der Familie Mark sind Risse aufgetreten. Foto: Matthias Einwag
 
So sieht es im Treppenhaus der Familie Mark aus - klaffende Risse wohin man blickt. Foto: Matthias Einwag
So sieht es im Treppenhaus der Familie Mark aus - klaffende Risse wohin man blickt. Foto: Matthias Einwag
 

Etliche Anlieger der Ebensfelder Bahnhofstraße beschweren sich, dass ihre Häuser durch die Arbeiten an der ICE-Trasse beschädigt wurden.

Tiefe Risse entstellen das Haus der Familie Mark in der Bahnhofstraße. Die klaffenden Spalten an der Fassade ziehen sich bis ins Innere des Hauses durch. Im Treppenhaus und im Wohnzimmer, im Flur und in der Toilette - kaum eine Wand des 1912 erbauten Hauses, die keinen Riss aufweist.

"Unser Haus ist total kaputt", sagt Irene Mark, die zusammen mit ihrem Mann Karl seit über 30 Jahren in dem Gebäude wohnt. Auslöser der Schäden, da sind sich die Marks sicher, sind die Erschütterungen durch eine schwere Verdichtungswalze, die von der Firma Weiss beim Bau der ICE-Trasse eingesetzt worden ist. "Bei uns haben die Heizkörper gescheppert", berichtet Irene Mark über den Einsatz des Gerätes. Sie hat jetzt sogar Angst, weiter in dem Haus zu wohnen, denn eigentlich müsste ein Statiker überprüfen, ob das Gebäude einsturzgefährdet ist.


Vibration lässt Tassen wandern

Melanie Link, die zusammen mit ihrer Familie ein anderes Haus in der Bahnhofstraße bewohnt, erzählt dass während des Betriebs der Verdichtungswalze die Kaffeetassen über den Tisch wanderten, so stark seien die Vibrationen gewesen. Das haben sie und ihr Mann Frank in einem Video festgehalten. Thorsten Hoydem, ein weiterer Anwohner und Geschädigter, sagt über die Wirkung der Walze: "Die Kinder schrien vor Angst, so laut war das." Auch Thomas Dinkel und Georg Hohl haben starke Schäden an ihren Häusern zu beklagen und wollen diese reguliert bekommen.


Schäden durch Vibrationswalze

Die Chronologie in Kürze: Im März 2015 hatte Rechtsanwalt Johann Bramann der Firma Weiss im Auftrag seiner elf Mandanten mitgeteilt, dass an deren Häusern Schaden entstanden sei. Im April 2015 meldet sich der Haftpflichtversicherer der Firma Weiss (HDI Gerling, Essen). Der Bauleiter der Firma Weiss räumt ein, die Schäden könnten durch Bauarbeiten entstanden sein, zum Beispiel durch die Verdichtungswalze.

Am 30. September 2016 schließlich geht bei Johann Bramann die Mitteilung des Versicherers ein, dass die Firma Weiss kein Verschulden treffe; belegt wird das durch ein Gutachten einer Ingenieurgesellschaft aus Weimar, das zu dem Ergebnis kommt, dass die Schäden zu 97,75 Prozent nicht durch Bauerschütterungen entstanden seien und eine Haftung zurückgewiesen werde.


Schäden wurden dokumentiert

Die zehn Familien aus Ebensfeld und eine Familie aus Unterleiterbach haben seit März 2015 den Rechtsanwalt Johann Bramann eingeschaltet, um ihre Interessen zu wahren. Die Schäden sind dokumentiert durch einen Fachbetrieb, der von der bauausführenden Firma Weiss beauftragt worden ist. Soweit so gut - oder so schlecht. Der Versicherer der Firma Weiss spielt nach Ansicht der Betroffenen auf Zeit. Johann Bramann: "Wir werden von Monat zu Monat vertröstet." Seine Schreiben an den damaligen Bahnchef Grube, sowie an den Geschäftsführer der Firma Weiss und an Dieter Thormann vom der Deutschen Bahn wurden nicht einmal beantwortet.


Allein die Regulierung angestrebt

"Wir wollen keinen vermögenswerten Vorteil, die Leute sollen aber so gestellt werden, wie wenn das schädigende Ereignis nicht eingetreten wäre", sagt der Rechtsanwalt aus Wiesen, der sich seit den frühen 1990er-Jahren intensiv mit dem Bau der ICE-Trasse durchs Maintal befasst. Sein Ziel sei es ursprünglich gewesen, alle an einen Tisch zu bekommen - Lokalpolitiker, Vertreter der Baufirma Weiss und Geschädigte, sagt Bramann. So hätte vielleicht eine Lösung gefunden werden können. "Wir werden nicht umhin kommen, ein Gutachten in Auftrag zu geben", resümiert er nun, "wir brauchen einen Prozess, den ich eigentlich vermeiden wollte".

Thorsten Hoydem, dessen Einfamilienhaus zahlreiche feine Risse in der Fassade aufweist, ist sauer. Selbst im heißen Sommer 2006 habe sich der Grundwasserspiegel nicht abgesenkt, führt er an - nun aber werde argumentiert, der abgesunkene Grundwasserspiegel habe die Setzungen hervorgerufen, nicht etwa die Erschütterungen durch Baumaschinen. Das sei grotesk.

Rechtsanwalt Bramann kündigt an, spätestens Ende Juni eine Besprechung mit den Geschädigten abzuhalten und das weitere Vorgehen abzusprechen. Für einen Bauprozess werde ein fundiertes Gutachten benötigt. Und das kostet Geld, das die Geschädigten selbst aufbringen müssen.