Julia Hofmann aus Kösten fährt mit dem Mountainbike um die halbe Welt

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Durch diese hohle Gasse ... Julia Hofmann in Aktion
Durch diese hohle Gasse ... Julia Hofmann in Aktion
Das Mountainbike kann sich Julia Hofmann aus ihrem Leben nicht mehr wegdenken.
Das Mountainbike kann sich Julia Hofmann aus ihrem Leben nicht mehr wegdenken.
 
Über Stock und über Stein - auch im Herbst
Über Stock und über Stein - auch im Herbst
 

Ihre Passion ist ihr Beruf: Die 29-jährige Julia Hofmann aus Kösten verdient sich ihr Geld im Sitzen, auf dem Sattel eines Mountainbikes. Sie fährt auch Rennen, aber das ist nur ein kleiner Teil ihres rasanten Berufsbildes.

Vorgestern Colorado, gestern Kanada, morgen Frankreich, in der Woche darauf die Schweiz und dazwischen immer wieder ihr geliebtes Oberfranken samt Lichtenfels. So kann es im Leben von Julia Hofmann aussehen, und so ungefähr sieht es auch aus. Die Köstenerin kommt in der Welt herum. Dabei verdient sie ihr Geld auf dem Sattel von Fahrrädern.

Als Testfahrerin für Mountainbike-Firmen, Repräsentantin eben dieser, Mitglied eines Rennstalls, Rennfahrerin in ganz Europa. Sie schreibt Artikel für entsprechende Fachmagazine und taucht auch immer wieder in Mountainbike-Videos auf. Dabei ist die junge Frau trotzdem sehr solide. Sie ist gelernte Schreinerin, gelernte Technische Zeichnerin, und ein Studium hat sie auch hingelegt. Vor allem aber gilt sie als Senkrechtstarterin und als eine der größten deutschen Begabungen im Enduro-Sport. Enduro - das ist eine Mittelding zwischen rasanter Bergabfahrt und Zeitfahren auf unüblichem Gelände. Vor nicht allzu langer Zeit hat sich die Lichtenfelserin als Profi-Mountainbikerin selbständig gemacht.

Was genau ist Ihr Betätigungsfeld?
Julia Hofmann: Ich arbeite in der Bikebranche, repräsentiere Firmen auf Festivals und Rennen, organisiere Foto- und Video reisen, gebe Kurse und führe Gruppen.

Wachen Sie manchmal nachts auf und wundern sich, was Sie für einen originellen Beruf haben?
Nein, ich wache nicht nachts auf, wegen dem, was ich mache. Doch oft, wenn ich mit dem Rad durch die Natur fahre, oder mal wieder auf der Fähre nach irgendwo stehe und mir der Wind um die Ohren weht, denke ich mir, was für ein unglaubliches Glück ich habe, dieses Leben leben zu dürfen!

Mussten Sie jemals Ihren Beruf gegen Eltern oder Freunde verteidigen? Gab es skeptische Einwände gegen Ihre Berufswahl?
Gegenüber meinen Eltern musste ich mich nie rechtfertigen. Sie wollten immer, dass ich das mache, was mich erfüllt und zum Lebensglück beiträgt. Sie kennen mich jetzt schon lange genug, um zu wissen, dass ich nur das tun werde, was richtig ist. Skeptische Blicke gibt es schon ab und an mal. Aber immer nur so lange, bis ich erklärt habe, um was es sich dreht, dann sind die meisten sehr begeistert.

Sie waren kürzlich in Kanada - was haben Sie dort gemacht und wo waren Sie sonst schon beruflich wegen des Mountainbikings?
Ja, ich war in den letzten vier Wochen in Colorado und in Kanada unterwegs. Hauptsächlich geht es bei diesen Reisen darum, die Firmen, für die ich fahre, zu repräsentieren. Ich bin also auf Festivals, Veranstaltungen und Rennen unterwegs, gebe Kurse und mache Fotoshootings. Wegen des Mountainbikens war ich schon in vielen Ländern: in Norwegen, Schottland, Irland, Kalifornien, Schweiz und Österreich, aber auch in Frankreich und Spanien. Vor ein paar Wochen war ich für ein Fotoshooting auf Sizilien unterwegs und meinen Winter verbringe ich auf der Kanareninsel La Palma.

Wie sind Sie in diesen Beruf reingeraten?
Lacht: Ich bin mehr oder weniger "entdeckt" worden.

Sind Sie selbständig oder angestellt?
Ich bin selbstständig, also mache ich alles selbst und ständig.

Was sagt Ihre E-Mail-Adresse (sunny ride of live) über Sie aus? Sind Sie eine Frohnatur?
Ja, das würde ich schon sagen. Ich kann es am Abend kaum erwarten, dass es Morgen wird, und ich den neuen Tag wieder beginnen kann. Meine E-Mail-Adresse erzählt über die Sonnenseite im Leben. Wo Sonne ist, gibt es auch Schatten und umgekehrt. Durch die Schatten entwickelt man sich weiter und nur wenn einem das bewusst ist, wird man die sonnige Seite richtig genießen können.

Sind Sie Sportlerin und fahren Wettkämpfe?
Dass man sportlich ist, ist schon eine Voraussetzung für das was ich mache, auch Talent und Style auf dem Rad gehören zu einem großen Prozentsatz dazu. Wie ich ja schon geschildert habe, geht es nicht primär um die Wettkämpfe. Natürlich fahre ich sehr gerne bei Rennen mit, um zu sehen, wie schnell ich bin und wo ich mich in diesem Rennzirkus einsortieren kann. Aber bei den Rennen gehört nicht nur der sportliche Aspekt, also die Kraft und Ausdauer dazu, sondern auch die Konzentrationsfähigkeit und jede Menge Glück. Wie schnell kann es gehen, hat man einen Plattfuss, ein abgerissenes Schaltwerk oder eine verbogene Bremsscheibe.
An welchen Wettkämpfen haben Sie teilgenommen und waren Sie siegreich?
Im letzten Jahr bin ich die Deutsche Enduro Serie mitgefahren und konnte dort auf den dritten Platz fahren. In diesem Jahr folge ich der kompletten Enduro Welt Serie, dort konnte ich mich nach dem ersten. Rennen auf dem elften Platz einordnen.

Sie reden von Enduro Rennen, was kann man sich darunter vorstellen?
Enduro ist eine bestimmte Disziplin in dieser Bikebranche. Sie ist noch relativ jung und man kann sagen, sie verbindet die Disziplinen Cross Country und Downhill miteinander. Man fährt hier mit einem Fahrrad mit 140-160 mm Federweg. Es kommt zwar immer auf die Veranstalter an, aber im Groben verläuft ein Rennen so, dass man eine bestimmte Strecke, 30 bis 60 Kilometer und rund 1200 Höhenmeter, mit eigener Kraft zurücklegen muss. In dieser Strecke sind rund sechs Etappen eingebaut, die hauptsächlich bergab gehen und dann einzeln nach Zeit gefahren werden. Zwischen diesen Etappen hat man meist ein relativ großes Zeitfenster, bis man beim nächsten Etappenstart sein muss. Hier kann man dann mit anderen Leuten gemeinsam fahren.

Ich nehme mal an, Sie haben die Welt schon ein wenig kennen gelernt - kommen Sie gerne nach Hause zurück? Sind Sie heimatverbunden?
Ja, das bin ich definitiv. Ich freue mich immer wieder sehr nach Hause zu kommen, meine Familie zu besuchen und meine zwei Schweine und mein Pferd zu knuddeln.

Was wollte Sie ursprünglich werden und wie alt sind Sie eigentlich?
Ein kluges Kind! Ich habe einige Ausbildungen hinter mir. Angefangen mit technischer Zeichnerin bin ich dann zur Schreinerin gewechselt. Nach der Gesellenprüfung studierte ich an der Akademie für Gestaltung und wurde Gestalterin im Handwerk. Im Anschluss daran arbeitete ich in einem Innenarchitekturbüro. Daraufhin entschloss ich mich, selbst Innenarchitektin zu werden. Vor ein paar Tagen erst habe ich mein Zeugnis mit der bestanden Prüfung meines Innenarchitektur-Studiums ausgehändigt bekommen.

Seit wann fahren Sie Mountainbike? Seit wann fahren Sie beruflich und was macht die Faszination Mountainbike aus? Rasen Sie gar die Hügel hinunter?
Mit Unterbrechungen fahre ich seit sieben Jahren Mountainbike. Hauptberuflich mache ich es dann erst ab diesem Oktober, aber neben meinem Studium bin ich jetzt das dritte Jahr für Firmen unterwegs. Es ist die Mischung aus dem Reisen, der Natur, dem Abenteuer und der Technik. Es ist das Grenzen aus- testen im physischen und im psychischen Sinne. Sei es, mit dem Rad auf dem Rücken tausende an Höhenmetern nach oben zu krakseln oder vor großen Sprüngen zu stehen und allen Mut zusammen zu nehmen, abzuwägen, ob man bereit dafür ist. Es geht um das Gefühl, es geschafft zu haben oder auch das Ziel, es einmal zu schaffen, wenn man jetzt noch nicht so weit ist...

Haben Sie im Zuge Ihrer Tätigkeit Anekdotisches erlebt, Prominente getroffen?
Ich habe mit so vielen tollen Charakteren zu tun, da erlebt man immer die unglaublichsten Geschichten. Man könnte ein Buch darüber schreiben. Über einige dieser Geschichten auf den vielen Reisen berichte ich in unterschiedlichen Mountainbike-Magazinen und Foren. Zum Beispiel berichtete ich über eine Geschichte, die ich gemeinsam mit einer Freundin im letzten Herbst erlebt habe. Meist reise ich mit meinem Baujahr 67er-Landrover Serie 2a, da fängt das Abenteuer schon an, wenn man die blecherne Türen zu schlägt.

Können Sie Ihr Mountainbike selbst reparieren?
Ja, das kann ich, und das ist auch eine meiner Lieblingsaufgaben nach einer anstrengenden Reise. Die Werkstatt im Garten aufbauen und in Ruhe das Rad auseinander bauen, alle Teile reinigen und dann Stück für Stück wieder zusammen bauen.

Sind Sie verletzungsfrei geblieben oder ist Ihnen schon ein Unglück passiert?
Ich hatte schon so einige Verletzungen wie Rippenbruch, Gehirnerschütterung, Kapselriss, die üblichen Verstauchungen an Hand und Fuß. Aber das Schlimmste war eine Schnittverletzung an meinem Unterarm, da habe ich mir bei einem Abflug über den Lenker, einen abgebrochenen Baum in den Arm gebohrt.

Die Fragen stellte unser Mitarbeiter Markus Häggberg