Hochwasserschutz Mistelfeld: "Wir brauchen den Forst im Boot"

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Bernd Krauß (rechts) übergab die Unterschriftenlisten Bürgermeister Andreas Hügerich. Fotos: R. Popp
Bernd Krauß (rechts) übergab die Unterschriftenlisten Bürgermeister Andreas Hügerich. Fotos: R. Popp
Demokratie vor Ort: Bürger verschaffen sich Gehör, wenn es sein muss, auf einer Parkbank...
Demokratie vor Ort: Bürger verschaffen sich Gehör, wenn es sein muss, auf einer Parkbank...
 
Im Schatten der Bäume an der Ecke Blumenrode / Am Hahn wurde diskutiert.
Im Schatten der Bäume an der Ecke Blumenrode / Am Hahn wurde diskutiert.
 
Rund 50 Interessierte waren zu der Bürgerversammlung unter freiem Himmel in Mistelfeld gekommen, auch etliche Stadträte waren da.
Rund 50 Interessierte waren zu der Bürgerversammlung unter freiem Himmel in Mistelfeld gekommen, auch etliche Stadträte waren da.
 
Bernd Krauß wünschte sich ein Gespräch mit mehreren Behördenvertretern.
Bernd Krauß wünschte sich ein Gespräch mit mehreren Behördenvertretern.
 
Stadtbaumeister Jürgen Graßinger erläuterte die Ist-Situation und sagte seine Meinung: "Gegen einen Sturzregen wie diesen ist man machtlos." Ziel sei es aber, die Probleme in Mistelfeld zu minimieren.
Stadtbaumeister Jürgen Graßinger erläuterte die Ist-Situation und sagte seine Meinung: "Gegen einen Sturzregen wie diesen ist man machtlos." Ziel sei es aber, die Probleme in Mistelfeld zu minimieren.
 
Timm Vogler, Kreisbrandrat und Einsatzleiter vom 26. April, gab eine Einschätzung aus Sicht der Feuerwehren ab. Er appellierte an die Bürger, selbst Vorsorge zu betreiben.
Timm Vogler, Kreisbrandrat und Einsatzleiter vom 26. April, gab eine Einschätzung aus Sicht der Feuerwehren ab. Er appellierte an die Bürger, selbst Vorsorge zu betreiben.
 
Bürgermeister Andreas Hügerich (links) hörte zu und moderierte.
Bürgermeister Andreas Hügerich (links) hörte zu und moderierte.
 

Nach dem starken Regen vom 26. April gab es in Mistelfeld Überflutungen. Bei einem Ortstermin wünschten sich Betroffene nun, dass etwas unternommen wird. Lösungsansätze gibt es schon.

Am 26. April addierten sich einige Faktoren zu einer Wucht: ausgetrocknete Böden und an die 70 Liter Niederschlag auf den Quadratmeter binnen kaum eineinhalb Stunden, aber auch vorausgegangene größere Einschläge im Wald, so dass das Regenwasser nur so den Hang hinunter ins Dorf schoss, wo viele Keller voll liefen. Zu den Betroffenen gehörte auch Bernd Krauß, nicht zum ersten Mal, aber zum ersten Mal in diesem Ausmaß.

In einer Unterschriftenaktion, die rund 200 Mistelfelder unterstützten, wünschte er sich Vertreter von Stadt Lichtenfels, Landratsamt, Forst- und Wasserwirtschaftsamt an einen Tisch, um gemeinsam nach Lösungen für das Problem zu suchen. Dass die Stadtverwaltung noch vor Übergabe der Listen zu einer Bürgerversammlung unter freiem Himmel in Mistelfeld einlud, hatte ihn etwas überrascht.
Vertreter des Forstes waren nicht dabei, laut Bürgermeister Andreas Hügerich (SPD) aus Termingründen. Doch auf sie setzt man bei den Lösungsansätzen besonders, wie sich herausstellen sollte.

Nicht von heute auf morgen

Es wurde heftig diskutiert im Schatten der Baumgruppe an der Ecke Blumenrode/Am Hahn. In mancherlei Hinsicht kam man nicht auf einen Nenner. Etwa in der Frage, ob die Klosterlangheimer Rückhaltebecken auch für den Nachbarort einen Schutz darstellen. Bernd Krauß meinte ja, Stadtbaumeister Jürgen Graßinger nein. Oder in der Ursachenforschung. Während Betroffene in Mistelfeld beispielsweise feststellten, dass die Probleme größer geworden sind, seit es das Neubaugebiet gibt und dies als Indiz für einen zu klein ausgelegten Kanal werteten, betonte der Stadtbaumeister vehement, dass das Neubaugebiet im Trennsystem entwässert wird und folglich Regenwasser von dort gar nicht in den Kanal geleitet wird, sondern nur Schmutzwasser.

Die größte Wassermenge komme aber, wie sich die meisten überzeugt zeigten, vom Wald her, von den Feldern und Wiesen den Hang herunter. Und ein von den Bayerischen Staatsforsten verlegter Wasserdurchlass am Mainwanderweg wurde als ein Problempunkt angeprangert. Achim Pülz schlug vor, die natürliche Senke hinter der landwirtschaftlichen Halle an der Beckenleite zu nutzen und dort einen Damm aufzuschütten, damit sich gegebenenfalls Wasser in den Wald hinein staue. Dazu müsste allerdings der Eigentümer mitspielen, warf Graßinger ein.

Der Bürgermeister betonte, die vor Ort gesammelten Ideen in einem Gespräch im Rathaus mit Vertretern der Forstverwaltung und des Wasserwirtschaftsamtes vorbringen zu wollen ("Wir brauchen den Forst im Boot"), mit dem Ziel, eine Verbesserung zu schaffen.

Von heute auf morgen wird das nicht gehen, und eine Hochwasserfreilegung anzustreben, wie es Stadtrat Bernhard Christoph (Grüne) anregte, wäre erst recht ein langwieriger Prozess. Das sollte jedoch nicht davon abhalten, diesen Weg zu beschreiten, meinte er. Alles andere sei nur ein Herumdoktern. Eines war allen klar: Die Unwetter werden mehr, trockene Perioden und Starkregen häufiger. "Das haben wir dem Klimawandel zu verdanken", unterstrich Graßinger, einen gewissen Anteil habe auch die Flächenversiegelung durch Bebauung. Funktionierende Rückstausicherungen sind eine wichtige erste Vorkehrung.

Sowohl der Bürgermeister, als auch der Bauamtsleiter sowie Kreisbrandrat Timm Vogler empfahlen den Abschluss einer Elementarversicherung. Doch mit den von ihnen angeführten rund 100 Euro im Jahr dürfte es bei vielen Mistelfeldern nicht getan sein. Merkte doch einer an, ihm habe die Versicherung den Vertrag nach dem Elbehochwasser gekündigt. Einen neuen Abschluss für 800 Euro jährlich habe er abgelehnt... Eine ähnliche Erfahrung hatte auch Stadträtin Monika Faber (SPD) gemacht, die nahe dem Lichtenfelser Mühlbach wohnt. "Elementarversicherungen kriegst Du bloß, wenn Du am Berg wohnst!" Timm Vogler machte den Mistelfeldern jedenfalls klar, dass es ihnen beim nächsten Starkregen nicht anders ergehen könnte wie an jenem 26. April. Seitens der Feuerwehren sei alles Menschenmögliche getan worden. Größere Unterstützung könne man auch in Zukunft nicht bieten. Vogler legte ihnen ans Herz, selbst Vorsorge zu treffen, mit Sandsäcken etwa, die man für wenige Cent bei der Feuerwehr erwerben könne. In jeder Kommune sollten tausend gefüllte Sandsäcke vorgehalten werden.

Schließlich wiederholte Bürgermeister Hügerich das Angebot der Stadt, individuell zu beraten, um Schwachstellen an Häusern zu erkennen und Verbesserungsmöglichkeiten aufzuzeigen. "Bitte anrufen", so sein Appell. "Wir sind für Euch da."