Die Monster-Truck-Show am Sonntag auf dem Lichtenfelser Schützenplatz bot eine ebenso groteske wie absehbare Unterhaltung. Zuschauer und Stuntleute gewährten dem Reporter Einblicke in ihr Seelenleben.
Adriano Caime steigt aus seinem zerschundenen Auto. "Ist das hier bei einer Beerdigung?", fragt er beim Conferencier nach. Der, Zeremonienmeister für Motor, Qualm und Rauch, lässt das so nicht stehen: Er fordert das Publikum zu mehr Applaus auf, und wenig später sitzen auch wieder drei junge Damen in einem ausrangierten BMW und lassen Waghalsiges mit sich geschehen.
Dass ein 8,5 Tonnen schweres und mit 480 PS versehenes Vehikel ein Auto platt machen kann, sobald es darüber fährt, ist nicht verwunderlich. Und verwundert hat es Tina Baum und ihre Schwester Sylvia Baum nicht. "Was soll schon sonst Anderes passieren?", fassten die beiden Lichtenfelserinnen das Gesehene zusammen. Die beiden Frauen waren zwei Personen eines zirka 120 Köpfe zählenden Publikums.
Adriano Caime ist 25 Jahre alt, Italiener. Seine Saison währt von Anfang April bis Ende September. In Österreich, Deutschland, den Niederlanden und Frankreich ist er mit den Italo Hell Drivers unterwegs, um Zuschauer in Erstaunen zu versetzen. Während die Zuschauer in Schlange vor der Kasse stehen, beginnt er, einige Daten herunterzurasseln: Vier BMW-Show-Autos, zwei bis vier Schrottautos, schwerster Big Foot (Monstertruck) Europas, Freestyle Monstersprünge mit Motorrad über Pkw und Personen, 15 Mitarbeiter...
Er zeigt sich kurz überrascht, als er über Persönliches Auskunft geben soll. Wie viele Brüche er schon erlitten hat? In welchem Alter er erstmalig Gas gab?
Der junge Mann schwenkt um und gibt gerne Auskunft. Für einen Moment scheint es, als herrsche bei ihm ein kleines freudiges Erstaunen über das Interesse an Persönlichem. Die Schulter habe er sich schon gebrochen, und mit zehn Jahren ließ man ihn erstmalig Gas geben. Sein Bruder aber war gar erst acht Jahre alt. Im Laufe des Programms wird Adriano mit einem Monstertruck über ausrangierte BMWs fahren, mit Autos auf kurzer Strecke beschleunigen und dann eine Drehung um 180 Grad vornehmen. Auch wird er einen Kollegen durch eine Feuerwand ziehen.
Sein Fahrstil hier, versichert er, unterscheide sich doch sehr von dem während einer Fahrt auf der Autobahn. "Da will man auch gar nicht mehr so Gas geben, weil man sich hier schon auslässt an den Autos."
Mit Gottvertrauen Jenny Schmidt ist mehr als zufrieden. Sie ist gut unterhalten. "Selber motorsportbegeistert", sei sie, so die junge Lichtenfelserin. Ein "echt geiles Feeling" hat sie soeben erlebt, als sie die 180-Grad-Drehungen mitmachte. Mit offenem Mund verfolgt sie, wie ein Motorradfahrer durch eine Rampe abhebt und über drei Autos fliegt. Den Sinn hinter dem Big Foot, der über Autos fährt, stellt sie nicht in Frage. Es ist schön, wenn Dächer einbrechen und Scheiben springen. "Ich würde es empfehlen", sagt sie über das Gesamtkonzept der Show. Wenig später sitzt sie erneut als Freiwillige im Auto, diesmal in Schräglage auf nur zwei Reifen, und mit Gottvertrauen.
Ein solches hat auch Leroy Renz. Vielleicht muss er es bei seinem Beruf auch haben. Die Kniescheibe hat vor Zeiten einen Sprung erlitten, unweit des Handgelenks sind die Narben eines Eingriffs zu sehen, eine Auto-Fensterscheibe schnitt ihm den Arm auf. Das kam daher, weil seine Paradedisziplin darin besteht, sich auf dem Dach eines fahrenden Autos festzukrallen und sich trotz allerlei Lenkbewegungen nicht abschütteln zu lassen. "Das ist wie Fahrradfahren für mich", erklärt er nach Showschluss.
Ein Ritual hat er dennoch: "Ich tu mich bekreuzigen", sagt er und blickt zum Himmel. Das Publikum ist jetzt schon weg, ein neues wartet in einer Woche in Sonneberg. Schaustellerleben. Ab und an findet es bei Leroy eine gewisse Bereicherung durch ein Fernseh-Engagement. Für die Serie Cobra 11 wurde er schon mehrfach als Stuntman gebucht.