Glücksbringer unterm Dach
Autor: Jutta Rudel
Marktgraitz, Montag, 14. Mai 2018
Jochen Partheymüller freut sich über die gefederten Gäste und wurde für sein "schwalbenfreundliches Haus" ausgezeichnet.
Sind Schwalbennester ein Fluch oder Segen? Der Marktgraitzer Bürgermeister Jochen Partheymüller (FW) muss da nicht lange überlegen. Sein Haus wurde erst vor Kurzem als "Schwalbenfreundliches Haus" vom Landesbund für Vogelschutz (LBV) ausgezeichnet. LBV-Kreisvorsitzende Marion Damm überreichte ihn dazu eine Plakette.
Vor zwölf Jahren hat seine Frau zufällig entdeckt, dass sich Schwalben ein Nest gebaut haben. Aktuell sind drei Nester - unter zwei davon hängen Kotbretter. Diese verhindern das Verschmutzen der Hauswand und stören die Schwalben bei richtiger Anbringung nicht. "Ich habe ich zuerst im Internet schlau gemacht. Zum Beispiel dürfen die Bretter nicht zu nah am Nest sein", erklärt er. "Sind die Bretter direkt darunter, wird der freie Flug in und aus dem Nest unmöglich", fügt Marion Damm hinzu. Der Hausbesitzer führt fort: "Ich habe alles ausgemessen, die Bretter gebaut und weiß angestrichen." Nur das Anbringen stellte ihn vor eine Herausforderung.
Deshalb wendete er sich an den LBV. "Er hat uns angerufen und um Hilfe gebeten. Es war alles schon vorbereitet, wir nahmen nur zwei Leitern mit", so die LBV-Kreisvorsitzende. Die Bretter wurden steilich an die Spannköpfe mit zwei Schrauben montiert. Seit einpaar Wochen hängen sie - die Nester sind gut besucht. "Es scheint ja zu funktionieren", sagt Damm lachend.
"Wir haben sie nicht angelockt, die Schwalben suchen sich ihre Plätze selbst aus und wollten freiwillig zu uns. Man darf sie dann doch nicht verjagen, wenn man ausgewählt wird", sagt Jochen Partheymüller. Denn viele andere Hausbesitzer entfernen die Nester oder ziehen Bänder unter ihren Dachvorsprüngen, um den Nestbau zu verhindern.
Bedrohte Vogelwelt
Für Marion Damm, die selbst fünf Nester am Haus hat, ist das nicht nachvollziehbar: "Man muss sich das mal überlegen: Sie fliegen von Afrika rüber, haben einen anstrengenden Weg hinter sich und finden dann nicht mal einen Nistplatz."Die Schwalben, führt sie fort, würden ohnehin schon mit genug Problemen zu kämpfen haben. Zum Einen bauen die Vögel ihre Nester aus Lehm - doch offene Lehmpfützen gibt es aufgrund der steigenden Asphaltierung nur noch selten. Zum Anderen bauen Schwalben ihre Nester häufig an landwirtschaftlichen Ställen, da dort viele Insekten sind. Durch die Modernisierung vieler Stallungen haben sie ihre Nistplätze verloren. Und zuletzt finden die Insektenfresser aufgrund vieler Gifte keine Nahrung mehr.
"Es würde schon viel helfen, wenn man im heimischen Garten keine Insektenschutzmittel verwendet", so Damm. Selbst mit kleinen Gesten kann den Tieren geholfen werden. Tipps dazu gibt der LBV auf seiner Homepage. Denn die Vogelvielfalt sollte bewahrt bewerden und deshalb sei es wichtig, "dass die Schwalben irgendwo unterkommen, Nistmaterial und Nahrung finden."
"Wenn jeder etwas Rücksicht auf die Natur nehmen würde, wäre schon viel getan", sagt Marion Damm. Diese Rücksichtnahme weiß der LBV zu schätzen. So gibt es auch die Auszeichnung für schwalbenfreundliche Häuser. "Jeder kann eine Plakette erhalten, der Schwalben an seinem Haus duldet. Da komme ich gerne persönlich zum Überreichen vorbei, selbst wenn ich kilometerweit fahren muss - das ist es mir wert."
Segen auf den Höfen
Jochen Partheymüller und seine Familie freuen sich über die Würdigung und möchten die Plakette an der Hausfassade anbringen. Für Jochen Partheymüller und seine Familie ist der tierfreundliche Umgang selbstverständlich. "Wir finden es angenehm, wenn sie da rumfliegen und zwitschern. Außerdem sind Schwalben ja kein Ungeziefer, sondern im Gegenteil fressen sie ja sämtliche Insekten auf." Für den Hausbesitzer gibt es noch einen weiteren Grund, die fedrigen Mitbewohner zu begrüßen: "Die Schwalben bringen Glück, sie sind schließlich ein Mariensymbol. So etwas darf man dann doch nicht verjagen." Denn ein Aberglaube besagt, dass dort, wo die Schwalben nisten, Frieden und Glück ins Haus einkehrt. Für seine Familie habe das zugetroffen, sagt er. Er kann allen anderen nur empfehlen, es ihm gleich zu tun und die Schwalben freudig zu begrüßen.