Für Bio-Bauern ist es kein Problem

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Glyphosat ist der weltweit am meisten eingesetzte Wirkstoff in Pflanzenschutzmitteln. Welche Gefahr von ihm ausgeht, ist unklar. Foto: Patrick Pleul, dpa
Glyphosat ist der weltweit am meisten eingesetzte Wirkstoff in Pflanzenschutzmitteln. Welche Gefahr von ihm ausgeht, ist unklar. Foto: Patrick Pleul, dpa

Der meisteingesetzte Unkrautvernichter steht unter Krebsverdacht. Was sagen die Landwirte in der Region dazu?

Über Glyphosat sprechen die meisten Landwirte nicht gern - weil die meisten es selbst auf ihren Feldern ausbringen und sich in Anbetracht der kritischen Bewertung dieser Chemikalie in einer Verteidigungshaltung sehen. Umstritten ist der Einsatz von Herbiziden nicht erst jetzt, wo die Weltgesundheitsorganisation den Krebsverdacht gegenüber einem der Bestseller dieser Art ausgesprochen hat. 40 Jahre allerdings wurde den Bauern eine geniale Wirksamkeit und sichere Anwendung suggeriert.

Der Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbandes (BBV) für den Landkreis Lichtenfels, Michael Bienlein, hält eine Vorsaatbehandlung insbesondere auf Ackerflächen, die nicht gepflügt werden können oder dürfen für unerlässlich, sonst würden Ungräser wieder aussamen und sich unkontrolliert vermehren. Er persönlich setze in seinem Betrieb Glyphosat selten ein, gegen anderweitig nur schwer zu bekämpfende Gräser.
Eine pfluglose Bodenbearbeitung schone zudem das Bodenleben und spare zirka 20 Liter Diesel pro Hektar, komme also dem Umweltschutz zugute.


Einsatz in "engen Grenzen"

"Für den Einsatz von Glyphosat sind uns Landwirten enge Grenzen vom Gesetzgeber auferlegt", betont Michael Bienlein. "Maximal zwei Anwendungen im Jahr im Mindestabstand von 90 Tagen und einer Höchstmenge von 0,36 Gramm pro Quadratmeter." Er verweist auch darauf, dass Spätanwendungen von Glyphosat, während der Wachstumsphase, nur in Ausnahmefällen erlaubt sind. In der Braugerste sei es verboten, weshalb es ihm rätselhaft vorkommt, dass Glyphosat im Bier gefunden wurde. Bienlein ist deshalb überzeugt, dass das in diesen Fällen verwendete Malz nicht aus Deutschland kommt. Bei Einhaltung der Vorgaben sieht er keine Gefahr, weder für Anwender noch für Verbraucher. "Ich und meine Berufskollegen setzen Glyphosat sehr verantwortungsvoll ein", sagt er. "Wir arbeiten mit einer Ausbringtechnik, die alle drei Jahre auf den Prüfstand muss, haben Sachkundenachweise und müssen dafür regelmäßig Schulungen absolvieren." Problematisch sieht er dagegen Anwendung im privaten Bereich, da es keine Kontrolle und meist auch keinen Sachkundenachweis gebe. Mengenmäßig werden diese der Landwirtschaft zugerechnet - "vom Einsatz bei der Deutschen Bahn ganz zu schweigen".
Kreisbäuerin Marion Warmuth teilt diese Bedenken. Sie verweist darauf, dass außerhalb der Europäischen Union, wo jetzt über die weitere Zulassung von Glyphosat debattiert wird, das Mittel ebenfalls im Einsatz ist und landwirtschaftliche Produkte von da importiert werden.
Eine gleichermaßen wirksame Alternative, um Gräser und Quecken sowie Sauerampfer und Disteln im Getreide abzuwehren, gibt es laut Marion Warmuth bis jetzt noch nicht. Hier wäre die Forschung gefordert. Jeder Landwirt sei bemüht, auf seinen Ackerflächen - in unserer Region gebe es sehr unterschiedliche Strukturen - so bodenschonend wie möglich zu arbeiten, um gutes Getreide anzubauen. Auch in ihrem Betrieb werde der Einsatz von Glyphosat mit der guten fachlichen Praxis und dem nötigen Sachkundenachweis gehandhabt. Die Bundesanstalt für Risikobewertung sehe dabei keine Gesundheitsgefahr, die WHO beurteile es anders - "was aus meiner Sicht vielleicht ein bisschen Panikmache ist", merkt die Kreisbäuerin an.

Auch Biobauern kennen Quecke & Co., die sich in Äckern breit machen. Chemie versprühen dürfen und wollen sie aber nicht. Dem unerwünschten Beikraut erfolgreich zu Leibe zu rücken ist für sie eine Frage von - nicht zu tiefer - Bodenbearbeitung und Fruchtfolge. Wissen um die natürlichen Zusammenhänge ist wichtig, wenn man Unkrautbekämpfung nach dem Vorbild der Vorfahren praktiziert. Spritzen ist einfacher.

Bernhard Storath, seit über 25 Jahren in Ebensfeld Biolandwirt aus Überzeugung, zögert keine Sekunde, als er nach seiner Meinung über Glyphosat gefragt wird. "Ganz klar: Man sollte das nicht mehr zulassen", sagt er. Er vertritt damit als (CSU)-Bürgermeister nicht die Linie von Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU). "So ein Mittel kann nicht gesund sein", meint Storath. Es mache Sinn, wenn die EU da in eine Vorreiterrolle ginge. Er merkt allerdings an, dass die Landwirte dann auf ein anderes Herbizid umsteigen würden - "sonst müssten sie ja Biobauern werden". Storath weiß um den Preisdruck, unter dem konventionell arbeitende Kollegen stehen. Der Ökolandbau erzielt geringere Erträge, bei Weizen etwa die Hälfte. Ausgeglichen wird das durch höhere Preise.


Über Glyphosat

Der Wirkstoff, den sich der amerikanische Konzern Monsanto 1974 hat patentieren lassen, wirkt über die grünen Pflanzenteile, nicht über die Wurzeln. Felder werden damit meist vor der Aussaat frei von Unkraut gemacht.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat Glyphosat als "wahrscheinlich krebserregend" eingestuft. Das Bundesinstitut für Risikobewertung vertritt die Auffassung, dass bei sachgerechter Anwendung kein Risiko zu erwarten ist. Im Juni 2016 läuft die Erlaubnis für das Mittel in der EU aus. Für Umwelt- und Verbraucherschützer ist die jüngste Vertagung der Entscheidung, weil kein Mehrheitsvotum zustande kam, ein Etappensieg. Die Bundesregierung ist geteilter Meinung über eine künftige Zulassung.