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Fränkischer Landwirt verliert bei Unfall zwei Gliedmaßen - Ärzte haben außergewöhnliche Lösung


Autor: Isabel Schaffner

Weismain, Freitag, 20. Oktober 2023

Frank Hohner aus Weismain verlor am 9. Juli 2022 zwei Gliedmaßen bei einem landwirtschaftlichen Unfall. Es folgten nervenaufreibende Operationen und eine ebenso faszinierende Lösung der Kulmbacher Ärzte.
Frank Hohner aus Weismain hat die Hand-Zehen-Transplantation bis heute nicht bereut.


  • Landwirt aus Weismain verliert zwei Finger bei Unfall - "fuhr unter Schock"
  • Kulmbacher Ärzte bringen Gliedmaßen wieder an - doch dann folgt die Wendung
  • Patient steht vor besonderer Entscheidung: Zeh soll Daumen ersetzen

"Der 9. Juli 2022 hat für mich gut angefangen und dann schlecht geendet", sagt Frank Hohner im Gespräch mit inFranken.de. Der 41-Jährige aus Weismain im Landkreis Lichtenfels ist Landwirt im Nebenerwerb und war mit altem Heu auf seinem Schlepper und Ladewagen zur Lagerstätte unterwegs. Ein feststeckender Ast führte schließlich dazu, dass Hohner zwei seiner Finger verlor. In Deutschland kommt es vereinzelt immer wieder zu schweren Unfällen in der Landwirtschaft. Einem jungen Landwirt mussten im August 2023 beide Beine amputiert werden. Im September meldete er sich öffentlich zu Wort. In Weismain wurde zudem vor Kurzem ein 25-Jähriger von seinem Traktor überrollt.

"Bin über die Messer gerutscht": Weismainer will Ast entfernen und verliert zwei Finger

"Es machte es hinten komische Geräusche", erinnert sich Frank Hohner an sein Erlebnis an dem schicksalhaften Sommertag. "Ich schaltete alles aus, ging nach hinten und sah einen Ast im Förderkanal. Mit der rechten Hand wollte ich ihn rausziehen, dabei bin ich über die über dem Ladewagen angebrachten Messer gerutscht. Es hat einen Moment gedauert, bis ich realisiert habe, dass mir daraufhin Daumen und Zeigefinger fehlten." Alleine auf sich gestellt, habe er sich geistesgegenwärtig wieder ans Steuer gesetzt. "Ich fuhr unter Schock nach Hause. Mein Vater und Bruder waren zuerst wie versteinert." Die Familie betreibt die Herbstmühle im Bärental, einen beliebten Ausflugsort.

Gerade seien Reservisten in der Gaststätte zu Besuch gewesen. Frank Hohners Vater und einer der Reservisten hätten sich schließlich an den Wagen gemacht, um die Finger zu suchen - mit Erfolg. Derweil sei der Notarzt alarmiert worden. "Dann begannen die Schmerzen, weil der Schock nachließ. Ich sagte zum Notarzt: 'Irgendwann brauche ich auch mal eine Spritze, weil sonst wird es interessant.'" Wie er weiter schildert, habe er den Hubschrauberflug nach Kulmbach und die Not-Operation bei vollem Bewusstsein miterlebt. "Es war heftig, doch ich sagte mir, es bringt nichts, sich verrückt zu machen. Ich kann es eh nicht mehr rückgängig machen."

Die Ärzte hätten die Finger zunächst wieder angenäht, doch den Zeigefinger letztlich nicht halten können. "Damit hatte ich mich schließlich abgefunden, aber als feststand, dass ich auch den Daumen verliere, musste ich schwer schlucken und ganz stark bleiben. Die Durchblutung sah eigentlich gut aus, jedoch hat sich das Blut nur rein und nicht wieder rausbewegt", berichtet der Oberfranke. Zwei Tage habe er gebraucht, um die Nachricht zu verarbeiten. Dann stellte ihn sein Arzt vor die Wahl: Prothese oder den zweiten Zeh des linken oder rechten Fußes als Daumenersatz anbringen.

Kulmbacher Ärzte setzen erfolgreich Zeh ein - "Gefühl kommt immer mehr nach"

"Mein Arzt tendierte für den Zeh, da er zuversichtlich war, dass es funktioniert. Wenn nicht, hätten wir immer noch die Prothese nehmen können. Ich entschied mich also dafür", erklärt Hohner weiter. So erhielt er im Oktober 2022 "zwei Baustellen am Körper". Wie das Klinikum Kulmbach in einem Bericht mitteilt, dauern derartige Operationen sechs
bis acht Stunden. Alle daran Beteiligten seien "sehr gefordert". Schließlich kämen derartige Eingriffe nicht häufig vor. "Ich danke explizit dem leitenden Arzt Marian Maier und den Oberärztinnen Annett Koblenz, Beate Blank und Tatiana Schneider", sagt der Landwirt. 

Für den Fuß habe er einen besonderen Schuh bekommen, mit dem er in der Anfangszeit nur auf der Ferse gehen konnte. "Ich habe heute keine Probleme beim Laufen", sagt er erleichtert. An seiner rechten Hand dient nun der Zeh als Daumenersatz. "Das Gefühl im Daumen kommt immer mehr nach. Erst durch den Vorfall habe ich gemerkt, wie wichtig er ist. Alleine im Alltag beim Anziehen oder Aufheben von Gegenständen. Das Schreiben war letzten Sommer die größte Herausforderung als der Zeh noch nicht dran war und ich alles mit links schreiben musste." Mittlerweile sei das wieder mit rechts möglich. Auf einem Bild des Klinikums Kulmbach hält er stolz eine Büroklammer zwischen Daumen und Mittelfinger als neuem Zeigefinger.

"Ich kann auch auf der Arbeit wieder die Computermaus betätigen. Im Mai 2023 war meine letzte Operation, bei der die Spannung etwas aus der Hand genommen wurde und ich dadurch Daumen und Mittelfinger sieben Zentimeter auseinanderspreizen kann", führt er aus. Nun blieben ihm noch die Ergotherapie-Termine. "Der Rückhalt und die Unterstützung meiner Verwandtschaft und Familie waren Gold wert. Ich bin auch sehr stolz auf mich selbst. Ich habe mir immer meine positive Einstellung bewahrt. Wenn ich die nicht hätte, wäre ich sicher noch nicht so weit gekommen", sagt Hohner. Weitere Nachrichten aus Lichtenfels und Umgebung findest du in unserem Lokalressort.