Marco Hennemann vom Gewerbeaufsichtsamt nimmt in der Zeit vor Silvester im Landkreis Lichtenfels Läden unter die Lupe, die Böller und Raketen anbieten. Denn sichere Feuerwerkskörper sind lebenswichtig und illegal eingeführte sehr gefährlich.
Rrrrrumms! Mit ohrenbetäubendem Knall detoniert ein Kanonenschlag neben einer Gruppe feiernder Menschen. Während die einen noch feixen und lachen, fassen sich andere mit schmerzverzerrtem Gesicht an die Ohren. Der selbst gebastelte Böller hat einigen Menschen das Trommelfell verletzt. Knall- und Explosionstraumata nennen Mediziner das. Hervorgerufen werden sie durch Impulslärm. Das Ohr kann sich nicht an kurzzeitig auftretende hohe Lautstärke anpassen. Impulslärm ist gehörgefährdender als Dauerlärm, er kann zu Traumata, Ohrensausen und Hörminderung führen. Ein Knalltrauma oder geschädigte Haarzellen im Innenohr verursachen in manchen Fällen einen bleibenden Hörschaden.
Nicht alle Kracher sind zugelassen Damit in der Neujahrsnacht niemand durch Böller verletzt wird, unterliegt die Pyrotechnik der staatlichen Kontrolle.
Die Regierung von Oberfranken lässt über das Gewerbeaufsichtsamt stichprobenartig prüfen, ob die Verkaufsrichtlinien eingehalten werden und die angebotenen Feuerwerkskörper das Zulassungszeichen der Bundesanstalt für Materialforschung und - prüfung (BAM) tragen. Das ist notwendig, denn in den vergangenen Jahren registrierten Polizei und Gewerbeaufsicht viele Unfälle, die auf nicht zugelassene Feuerwerkskörper zurückzuführen sind. Diese gefährlichen Kracher kommen illegal meist aus Tschechien, aber auch aus Fernost.
Batterien werden immer größer Marco Hennemann vom Dezernat Bau- und Sprengwesen des Gewerbeaufsichtsamts Coburg ist einer jener Beamten, die vor Silvester ganz besonders darauf achten, dass keine gefährlichen Böller in Umlauf kommen.
Weil die Feuerwerksbatterien immer größer werden, überwacht der 39-Jährige unter anderem im Kreis Lichtenfels den Handel. Verkauft werden dürfen ohnehin nur Kracher und Raketen, die mit den Prüfzeichen "BAM 1" (für Jugendliche ab zwölf Jahren) oder "BAM 2" (für alle über 18-Jährigen) versehen sind.
"Wir kontrollieren beispielsweise auch an Supermarktkassen, ob bei Jugendlichen nachgefragt wird, wie alt sie sind", sagt er. Verkauft werden dürfen Feuerwerkskörper übrigens auch von Bäckern oder Friseuren - sofern sie das bei der Gewerbeaufsicht anzeigen.
Basteln ist gefährlich "Gefährlich wird's, wenn die Bastelei losgeht", warnt Marco Hennemann, "oder wenn Feuerwerkskörper aus Tschechien angezündet werden." Warum? In tschechischen Produkten sei oft kein Schwarzpulver, sondern hochbrisanter Sprengstoff enthalten, das
mache sie buchstäblich brandgefährlich. Ein gravierender Mangel an illegal eingeführten Krachern seien oft die viel zu kurzen Zündschnüre.
"Ich habe in unserem Archiv recherchiert bezüglich der Vorfälle mit Feuerwerkskörpern in der Silvesternacht in Oberfranken in den vergangenen Jahren", sagt Marco Hennemann, und er zählt auf: Brandverletzungen am Unterschenkel, da sich Rakete am Hosenbein verfing; abgerissene linke Daumenspitze, nachdem ein in der Hand gezündeter Böller vorzeitig explodierte; Augenverletzung durch Silvesterkracher; explodierte Briefkästen; beschädigte Heckscheibe eines geparkten Fahrzeugs; in Brand gesetzte Müllcontainer; zerstörte Telefonzelle; Heckenbrand durch Fehlflug eines Feuerwerkskörpers; entzündete Sitzauflagen auf einem Balkon durch Feuerwerkskörper...
Die Einfuhr ist eine Straftat Häufig
seien es Kracher aus Tschechien, die in der Silvesternacht zu schweren Verletzungen führen. "In der Tschechei müssen Kracher nicht geprüft sein", sagt Marco Hennemann, denn es gebe noch keine internationale Angleichung. Nicht einmal Kleinmengen dieser gefährlichen Güter dürften nach Deutschland eingeführt werden. In der Praxis aber geschieht das doch. Die Pressemitteilungen grenznaher Dienststellen der Bundespolizei sind voll von Berichten über illegale Einfuhren. Ein Kavaliersdelikt ist das nicht, sondern eine handfeste Straftat.
Bei Verstößen gegen das Sprengstoffgesetz drohen sogar Freiheitsstrafen, und was die Geldstrafe betrifft "läuft unter 1000 Euro ohnehin nichts", sagt Marco Hennemann.
Außerdem kommen die Kosten für die fachgerechte Vernichtung der illegal beschafften Feuerwerkskörper auf den Delinquenten zu.
Keinesfalls selbst basteln Am sichersten seien Feuerwerksbatterien mit bis zu 100 Schuss, sagt Marco Hennemann. Wer in der Silvesternacht böllern möchte, der sollte beim Händler seines Vertrauens kaufen, aber keinesfalls selber basteln. Hennemann rät außerdem, Raketen nicht in der Nähe von Hochhäusern abzuschießen sowie beim Böllern einen gewissen Abstand zu Kliniken einzuhalten.
Dass der Handel die Feuerwerkskörper sachgerecht lagert, wird vom Gewerbeaufsichtsamt überwacht. Ein Supermarkt beispielsweise darf 70 Kilogramm Netto-Explosionsmasse im Verkaufsraum haben, im Lagerraum - je nach dessen Größe und Beschaffenheit - weitere 100 bis 350 Kilogramm.
Zudem muss ein Feuerlöscher in der Nähe griffbereit stehen; die Mitarbeiter müssen im Umgang mit brennbaren Materialien unterwiesen sein, und sie müssen wissen, dass in der Nähe der Pyrotechnik keine Spraydosen gelagert sein dürfen.
Pyrotechnische Signalgeräte wie zum Beispiel ein Seenotrettungsmittel sind als Leuchtkörper beim Silvesterfeuerwerk nicht zugelassen. Aus der Luft gegriffen ist diese Warnung von Marco Hennemann nicht, denn es sei bereits vorgekommen, dass ein solcher funkenspeiender Stab bei einem Open-Air-Konzert gezündet wurde.
Und wie steht Marco Hennemann selbst zum Lichterzauber und Kanonendonner in der Silvesternacht? "Ich entzünde selbst kein Feuerwerk", antwortet er, "aber es ist doch schön anzuschauen."