Der Staffelsteiner Förster Hermann Hacker hat ein Hobby, dem er leidenschaftlich nachgeht. Als Taxonom klassifiziert er Schmetterlinge nachtaktiver Arten. Eben hat er Band 23 seiner Buchreihe zu Entomologie herausgegeben.
Bilder aus einem Buch: Üppige Urwälder Ugandas, majestätische Vukankegel Äthiopiens, schroffe Tafelberge des Jemen, endlose Savannen Ghanas - und mittendrin die Eierberge unweit von Bad Staffelstein: Hermann Hacker hat den 23. Band seiner Reihe zur Entomologie vorgelegt. Darin beschreiben er und andere Autoren Nachtfalter, vornehmlich aus Afrika. In dem reich bebilderten Werk werden die Falter der Insektengruppe Nolinae untersucht. Zwei Gattungen und 253 bisher unbekannte Arten sind hier erstmals beschrieben.
"Das hat mich fünf Jahre meiner Arbeits- und Lebenszeit gekostet", sagt Hermann Hacker, der beim Herausgeben des Buches viel Wert auf eine ansprechende Gestaltung und opulente Bilderfülle, in der Taxonomie aber auch auf wissenschaftliche Detailgenauigkeit legte.
Auf Schmetterlingssafari Seit seiner Kindheit begeistert sich der 61-Jährige für die Vorgänge in der Natur: "Man wächst halt so rein." In Theorie und Praxis untersuchte er Tiere und Pflanzen. Und er las alles, was erreichbar war. Weil er "immer schon begeistert von Büchern" gewesen ist, verschlang er im Lauf seines Leben zahllose Reise- und Expeditionsberichte. Irgendwann begann er damit, selbst nach Afrika zu reisen und auf Schmetterlingssafari zu gehen. Seit vielen Jahren macht er das nun schon. Seine Expeditionen richten sich stets nach den Mondphasen, weil dann die nachtaktiven Schwärmer und Falter besonders agil sind.
Zuletzt war Hermann Hacker 2012 in Afrika, um unbekannten Arten nachzustellen. Das Forschen vor Ort ist heute kaum anders als zu jenen Zeiten, als James Cook, Charles Darwin oder Alexander von Humboldt botanisierend durch Wälder und Steppen zogen.
Damals wie heute zelteten die Forscher in der unwegsamen Wildnis, verzichteten auf Reisekomfort und nahmen Strapazen auf sich. Die Aufzeichnungstechniken haben sich freilich grundlegend geändert. Waren im 18. Jahrhundert handkolorierte Tusche- oder Bleistiftzeichnungen die Regel, arbeiten Taxonome heute mit digitalen Kameras und Laptops.
Im vorliegenden 23. Band seiner Reihe "Esperinana" - benannt ist sie nach dem bedeutenden Erlanger Naturforscher Eugen Johann Christoph Esper, (1742-1810) - nahm Hermann Hacker eine Revision der Nachtfaltergruppe Nolinae vor. Auf über 600 Seiten werden die Tiere in dem orangefarbenen Fachbuch (Auflage: 500 Stück) in englischer Sprache morphologisch beschrieben. Die Autoren und der Herausgeber haben bei diesem Band besonders viel Sorgfalt aufgewandt, um den Lebensraum der Tiere zu kartieren und mit zahlreichen Farbfotos zu illustrieren.
Nachts ist die Zeit des Arbeitens In dieses Werk investierte Hermann Hacker in den vergangenen Jahren viel Zeit. An dem dickbauchigen Schmetterlingsbuch arbeitete er vor allem nachts. "Ich wunder' mich selbst, wie das alles geht", sagt der hauptberufliche Förster. Beruflich, erklärt er, sei er zum Glück nicht an feste Dienstzeiten gebunden und könne flexibel seinem Hobby nachgehen. Der Forscher wurde selbst zum Nachtschwärmer: Während des Klassifizierens sowie beim Korrespondieren mit Autoren, beim Verfassen der Texte und Layouten näherte er sich, was den Biorhythmus angeht, seinen Forschungsobjekten an; in zahllosen Nachtstunden nahm das Nachtfalterbuch Gestalt an.
An Farben und Formen allein sind die Individuen nicht zu unterscheiden. Um eine Art genau zu bestimmen, braucht der Taxonom geradezu kriminalistischen Spürsinn.
Wie der Mensch, unterscheiden sich auch Falter in vielen Nuancen. Sicherheit bringen dem Fachmann nur die herauspräparierten Genitalien der weiblichen und männlichen Tiere (Lock-and-Key-System) sowie das Abgleichen der DNA. Und selbst dann ist es irgendwann einmal die Entscheidung des Taxonomen zu entscheiden, wo er die eine Art zur anderen abgrenzt.
Hermann Hackers Sammlungen befinden sich übrigens seit einigen Jahren nicht mehr in Bad Staffelstein. Er hat sie der Zoologischen Staatssammlung in München vermacht, als deren freier Mitarbeiter er tätig ist. In Bad Staffelstein bewahrt er nur die holzgerahmten Glaskästen mit jenen Faltern auf, deren Art er gerade bearbeitet.
Tagfalter sind gut erforscht Warum aber untersucht er gerade Nachtfalter, weswegen vor allem afrikanische? "Die großen Tagfalter sind so gut untersucht, dass man fast nichts mehr finden kann", sagt Hermann
Hacker, "bei den kleineren Nachtfaltern gibt's aber jede Menge zu tun". Afrika sei besonders artenreich und von Europa aus relativ schnell zu erreichen. Eine Reise nach Australien reizt den Forscher aber schon - wenn's nur nicht gar so weit weg wäre.
Die Eierberge liegen näher: Das Bild des dortigen Eichenwalds hat Hermann Hacker mit einem gewissen Augenzwinkern für das Buch ausgewählt. Die Falter der Gattung Meganola kommen nämlich an vielen Orten zwischen portugiesischer Küste und den Hindukusch vor. Franken liegt da mittendrin.
Hintergründe zur Taxonomie und Vortragstermin in Bad StaffelsteinAufgabe Das Wort Taxonomie ist vom griechischen táxis, "Ordnung", und nómos, "Gesetz", abgeleitet; in der Taxonomie geht es primär um die wissenschaftliche Klassifikation aller Gegenstände und Ereignisse in begriffliche Gruppen bzw.
in Kategorien.
Ziele Naturwissenschaftliche Disziplinen verwenden den Begriff der Taxonomie meist für die hierarchische Klassifikation (Klassen, Unterklassen usw.). In der Biologie erfolgt die Einteilung in einen bestimmten Rang einer Systematik - etwa Art, Gattung oder Familie.
Vortragsabend Unter dem Titel "Abenteuer Naturwissenschaften - Auf der Suche nach für die Wissenschaft bisher unbekannten Arten in Afrika" hält Hermann Hacker am Freitag, 15. März, einen Vortrag in der Alten Darre, in dem er u. a. seine naturwissenschaftliche Buchreihe "Esperiana" vorstellen wird. Im neuen Band wurden die Ergebnisse aus mehr als zehnjähriger Forschung auf dem Gebiet der Taxonomie der Nachtfalterfamilie Nolinae der Faunenregionen Afrika und Westliche Paläarktis publiziert.
Dabei wurden 427 Arten aus acht Gattungen behandelt; nicht weniger als zwei Gattungen und 253 für die Wissenschaft bisher unbekannter Arten wurden erstmals beschrieben und benannt. Der Autor wird sich im Vortrag nicht nur auf die Faszination beschränken, die von derartigen naturwissenschaftlichen Forschungen in zahlreichen bisher ungenügend erforschten Regionen der Welt ausgeht. Er wird im Reigen die Naturforschung und Naturwissenschaft im Kontext mit ihrer Entwicklung seit Beginn der Neuzeit darstellen: Ausgehend von den Anfängen der Entdeckung der Natur in der Zeit des Humanismus und der Aufklärung, den Naturalienkabinetten des 18. und 19. Jahrhunderts, den bürgerlichen Naturhistorischen und Naturforschenden Gesellschaften und den berühmten naturwissenschaftlichen Expeditionen, Naturforschern und Museen. Gestreift werden auch die angewandten Untersuchungsmethoden von der traditionellen Morphologie bis zur modernen DNA-Analyse. Beginn der Veranstaltung der Kultur-Initiative Bad Staffelstein (KIS) ist um 19.30 Uhr in der Alten Darre; der Eintritt ist kostenfrei.