Abenteuerurlaub in Jugoslawien im Jahr 1965

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Helga Hofmann erzählt ihrer jungen Bekannten von früheren Abenteuern. Zahlreiche Bilder erinnern dabei an ihre Erlebnisse in Jugoslawien. Foto: Manuel Stark
Helga Hofmann erzählt ihrer jungen Bekannten von früheren Abenteuern. Zahlreiche Bilder erinnern dabei an ihre Erlebnisse in Jugoslawien. Foto: Manuel Stark

Von wegen spektakulärer Sonnenuntergang am Strand oder abkühlender Sprung in den Pool! In Helga Hofmanns schönsten Reiseerinnerungen geht es um Schlangen und Bären in einem totalitären Staat anno 1965.

Um 1965 war das Auto noch bevorzugtes Reisemittel für Helga Hofmann und ihren Mann. Dabei spielten nicht nur preisliche Erwägungen eine Rolle. "Meinen Mann in einen Flieger zu bringen?", die Rentnerin lacht amüsiert über diese Vorstellung. "Das war ein Ding der Unmöglichkeit!" Im Nachhinein ist sie froh über die Flugangst ihres Mannes. Sie schränkte die Wahl der Urlaubsländer deutlich ein und trug so ihren Teil zum schönsten Ausflug in Helga Hofmanns Leben bei.

Alles begann, als ihr Mann ihr eröffnete, er wolle für 14 Tage nach Jugoslawien fahren. "In meiner Naivität habe ich geglaubt, er will sich mit mir eine schöne Zeit am Strand machen." Zumindest einen Blick auf den ersehnten Strand konnte sie während der zehnstündigen Anreise erhaschen. Dabei blieb es dann aber auch, denn Horst wollte nicht wie Helga. Anstelle von Sand und Meer hatte er Wald und vor allem Tiere im Visier.
Ein Jagdurlaub sollte es werden. "Er hatte so ein Leuchten in den Augen, als er mir voller Freude erzählte, er habe schon das Sichtvisum genehmigt bekommen", erinnert sich Hofmann.

Jugoslawien war um 1965 noch ein kommunistisch-totalitärer Staat. Jeder Antrag auf Einfuhr von Waffen und Ferngläsern musste intensiv geprüft werden. Die Bescheinigung für das Einführen der eigenen Jagdwaffen und Hilfsgeräte war das Sichtvisum. Doch vor der Einreise wollte erst einmal der Weg bewältigt werden. Rund 1000 Kilometer holpriger Autofahrt. "Die Autobahn war damals in einem unfassbaren Zustand. Da waren mehr Löcher als Straße", erinnert sich Helga Hofmann. Als Übersetzer hatte das Ehepaar einen jungen Germanistikstudenten aus Jugoslawien engagiert. Auf die Frage, wann die Straße denn repariert würde, antwortete er "bici, bici", was so viel bedeutet wie "es wird sein, es wird sein".

Der Grenzer war begeistert

Endlich war die Grenzkontrolle erreicht. Der Polizist habe Papiere und Waffen kontrolliert und sei auf einmal ohne Kommentar verschwunden. Hinter der Wachhütte bot sich Helga Hofmann ein Bild, das sie nicht erwartet hätte: "Der Polizist sprang begeistert auf und ab und rief die ganze Zeit 'turbina, turbina!'. Dabei lachte er wie ein kleines Kind." Als der Grenzer seine Beobachterin bemerkte, gab er die Waffen zurück. Doch was war eigentlich los? Ihr Übersetzer wusste die Antwort. "Turbina heißt Fernrohr. Zielfernrohre gibt es hier noch nicht. Das ist unfassbar modern."

Von nun an ging es nur noch langsam weiter in Richtung Jagdhütte. Im mehr als 31.000 Hektar großen Waldgebiet gab es kaum befestigte Straßen. Nach vier Stunden war die Hälfte geschafft. 40 von 80 Kilometern. "Ich fahr' jetzt keinen Meter mehr", klagte ihr Mann. Zu dunkel sei es gewesen, und der Weg daher kaum erkennbar. Also stieg der Übersetzer aus und suchte nach einer Übernachtungsmöglichkeit. "Dann war auf einmal alles voller schwarzer Schatten. Überall um den Wagen, inmitten der Wildnis, wimmelte es vor murmelnden Leuten." Ihr Mann habe sofort das Auto verriegelt und sich sein Gewehr gekrallt. Mit der Situation völlig überfordert und verängstigt kauerte sich das Paar im Wagen zusammen. "Wenn einer näher kommt, den schieß ich um!", habe Horst Hofmann gerufen.

Glücklicherweise kam der Übersetzer rechtzeitig wieder. Ruhig Blut sollten die Deutschen haben. Die Männer seien Holzfäller und hätten noch nie einen Mercedes gesehen. "Sie haben uns eingeladen, in ihrer Hütte zu übernachten, erzählt Helga Hofmann. "So eine Gastfreundschaft habe ich noch nie erlebt! Bettelarme Leute, die uns alles aufgetischt haben, was sie hatten: Brot, Speck und natürlich Raki, das alkoholische Kultgetränk dort." Am nächsten Tag ging es weiter. Endlich wurde die Jagdhütte erreicht. "Die Landschaft dort ins wunderbar, aber es gibt eben auch Sandvipern. Und die springen", erzählt Hofmann. Die Gummistiefel waren nicht hoch genug, also ritt man auf die Jagd; für Helga Hofmann ein phänomenales Erlebnis. Die Pferde waren es gewohnt, den Vipern geschickt auszuweichen.

Angst wie noch nie im Leben

Doch birgt die Jagd in fremden Landen auch Gefahren, gerade dann, wenn man nicht auf seinen Waldführer hört. Schon um acht Uhr wollte dieser zurück zur Hütte. "Ich habe gar nicht verstanden, wieso", erinnert sich die Frau. Plötzlich habe es laut geknackt und sie fand sich inmitten zweier konkurrierender Bärinnen wieder. "Die zerbrachen Baumstämme wie wir einen Zahnstocher. Ich hatte noch nie in meinem Leben solche Angst." Ihr Führer brachte sie zum Auto in Sicherheit.

Im Laufe der 14 Tage begegnete Helga Hofmann noch vielen Bären, Wölfen, Schlangen und anderen Tieren. Meist aus sicherer Entfernung. Manchmal aber auch hautnah. Doch für die Lichtenfelserin war das ein Abenteuer, das sie weder vergessen noch missen möchte. In diesen 14 Tagen hat sie das Land und seine Menschen kennen und lieben gelernt. "Diese Tage zählen zu den schönsten meines Lebens."