Stadtsteinach
Landwirtschaft

Cannabis statt Gerste: Wieso ein Zaubacher Bio-Landwirt jetzt Hanf anbaut

Der Bio-Landwirt Martin Baumgärtner baut auf einem Teil seiner Felder neuerdings Hanf statt Braugerste an. An Wasserpfeifen und Joints hat er bei seinem Anbauversuch aber nicht gedacht.
Bio-Landwirt Martin Baumgärtner aus Zaubach baut dieses Jahr zum ersten Mal Hanf an.
Bio-Landwirt Martin Baumgärtner aus Zaubach baut dieses Jahr zum ersten Mal Hanf an. Foto: Adriane Lochner
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Von dem Feld strömt ein süßlich herber Geruch aus. Kommt man näher, erkennt man die handförmig gefiederten, tiefgrünen Blätter. Sie sind charakteristisch für die Pflanzen. Spätestens bei ihrem Anblick weiß man, dass es sich um Hanf handelt.

In der Nähe von Stadtsteinach steht ein ganzer Acker voller Cannabis - so der lateinische Name. Bio-Landwirt Martin Baumgärtner (38) aus Zaubach hat ihn als Sonderfrucht angesät.

Landwirt im Kreis Kulmbach baut jetzt Cannabis an

Zwar sind die Pflanzen unterschiedlich aufgegangen - manche reichen dem Landwirt bis zum Knie, andere bis zum Kopf - , aber man sieht schon deutlich die Blütenstände. "Für den ersten Versuch ist das nicht schlecht", kommentiert Baumgärtner.

An Wasserpfeifen und Joints hat er bei seinem Anbauversuch nicht gedacht, sondern an die Produktion eines hochwertigen Lebensmittels. "Uso-31" heißt die als Nutzhanf geführte Sorte. Sie enthält nahezu kein Tetrahydrocannabinol (THC) - so heißt die psychoaktive Substanz, die den Hauptanteil der berauschenden Wirkung ausmacht.

In Deutschland gelten Cannabispflanzen als Betäubungsmittel. Laut Betäubungsmittelgesetz sind sowohl ihr Anbau als auch das Inverkehrbringen verboten. Doch es gibt eine Ausnahme und zwar, wenn der "Anbau durch ein Unternehmen der Landwirtschaft" erfolgt und nur "zertifiziertes Saatgut" verwendet wird, das "aus EU-Mitgliedstaaten" stammt und der "THC-Gehalt nicht über 0,2 Prozent" liegt. Die berauschenden Substanzen, allen voran das THC, werden aus dem Harz der weiblichen Hanfpflanze gewonnen. Marihuana nennt man die getrockneten, harzhaltigen Blüten. Gepresstes Harz ist als Haschisch bekannt.

Hanfsamen als Superfood

Die Samen der Hanfpflanze hingegen enthalten kein THC. Sie gelten als Superfood, weil sie sehr reich sind an gesunden Fetten, Vitaminen und weiteren wichtigen Nährstoffen. Diese Hanfsamen will Bio-Landwirt Baumgärtner ernten und direkt ab Hof als Lebensmittel vermarkten. Das darf er.

Einer Pressesprecherin des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) zufolge fallen Hanfsamen sowie aus ihnen hergestellte Lebensmittel wie etwa Hanfsamen-Salatöl, Hanfsamen-Bier oder Hanfsamen-Schokolade nicht unter das Betäubungsmittelgesetz. "Es gelten für solche Lebensmittel jedoch die allgemeinen lebensmittelrechtlichen Bestimmungen."

Lebensmittel aus Hanf sind derzeit in Mode. Sogar der Discounter Lidl hatte vor kurzem sein Sortiment um 21 Produkte des Startups "The Green Dealers" erweitert. In die Regale kamen unter anderem Hanfkekse mit dem Namen "Mary & Juana", "Hash-Brownies", Cannabistee, Cannabis-Proteinriegel oder Hanföl.

Lidl ruft Hanfprodukte zurück

Doch nur wenige Wochen später erfolgte der Rückruf, da der Verzehr "Stimmungsschwankungen und Müdigkeit" mit sich bringen konnte, wie die Hersteller mitteilten. Die Polizei hatte zuvor einige Produkte aus dem Hanf-Sortiment sichergestellt. Derzeit ermittelt die Staatsanwaltschaft Heilbronn wegen eines möglichen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz. Der THC-Gehalt der Produkte sei zu hoch gewesen.

Was das betrifft, macht sich der Zaubacher Bio-Landwirt Baumgärtner keine Sorgen. Sein Hanfanbau wird streng kontrolliert und zwar von der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE). Die will nicht nur wissen, auf welchem Feld welche Hanfsorte angebaut wird, sondern auch, wann die Pflanzen anfangen zu blühen. Danach kann jederzeit ein Kontrolleur vorbeikommen. Eine Pressesprecherin der BLE teilt mit: "Unsere Aufgabe besteht darin, jährlich zu prüfen, dass die auf der Sortenliste ausgewiesenen Nutzhanfsorten den THC-Gehalt von 0,2 Prozent nicht überschreiten und diese Sorten auch in den kommenden Jahren in Deutschland angebaut werden können."

Nach Auskünften des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Coburg-Kulmbach gibt es immerhin schon eine Handvoll Landwirte in der Region, die Nutzhanf anbauen. Im Betriebskonzept von Martin Baumgärtner spielt Hanf nur eine untergeordnete Rolle. Anstelle von Braugerste hat er auf seinen Flächen dieses Jahr verschiedene Sonderfrüchte angebaut, auch Hirse und Quinoa. Letztere ist eine Kulturpflanze aus der Andenregion Südamerikas, die auch als "Inka-Reis" oder "Inka-Weizen" bekannt ist. Quinoa gilt als gesunde Eiweißquelle für Veganer sowie als Getreideersatz für Glutenallergiker.

Baumgärtner setzt auch auf Hirse und Quinoa

Hanfsamen, Hirse und Quinoa sowie Rindfleisch aus eigener Weidehaltung will der Bio-Landwirt ab Winter unter der Marke "Hofgut Baumgärtner" verkaufen. Im Großhandel sieht er keine Zukunft, denn dafür ist häufig die Mitgliedschaft in Verbänden wie Bioland, Naturland oder Demeter Voraussetzung. "Ich will keinem Verband beitreten, weil ich mit der politischen Ausrichtung nicht einverstanden bin. Konventionell und Bio sind für mich keine Gegensätze", sagt Baumgärtner.

Auf einer eigenen Website will er bald nicht nur seine Produkte präsentieren, sondern auch die passenden Rezepte dazu: "Ich glaube, es gibt wenige Leute, die wissen, was man mit Hanfsamen oder Quinoa alles machen kann."