Ein Bild hat sich vielen über die Jahrzehnte eingeprägt: Bauern stehen auf einem Platz und schütten aus Protest gegen die schlechten Preise vor laufenden Kameras die Milch in den Gully. Liefern die Kühe Ihnen heute ein auskömmliches Einkommen?
In jedem Fall, dazu trägt auch der momentan gute Preis von knapp 60 Cent pro Liter sein Scherflein bei. Der Preis musste aber auch steigen, denn nicht nur der Dieselkraftstoff wird teurer, auch die Zukäufe für Getreide gehen stark ins Geld. Dazu kommen Auflagen zum Tierwohl, die ich gerne erfülle, aber die eben nicht zum Selbstkostenpreis zu haben sind. So ehrlich muss man sich vor allem gegenüber dem Verbraucher schon machen.
Honoriert das der Verbraucher?
Beim Thema Tierwohl gehe ich keinen Kompromiss ein. Entweder der Verbraucher honoriert diese hohen Umwelt- und Tierschutzstandards - oder es gibt keine Kühe mehr auf dem Maierhof.
Es gibt zu Ihrer Weidehaltung das andere Extrem: Da werden die Tiere ganzjährig im Stall angebunden, und dafür gibt es langjährige Übergangszeiten.
Da verstehe ich unsere Branche nicht, dass es da nicht mehr Diskussionen gab. Es kann nicht sein, dass solche Modelle unterm Strich den gleichen Milchpreis erzielt haben, das fand ich nicht in Ordnung. Die einen investieren krass und setzen sich dem unternehmerischen Risiko aus - und müssen das gleiche akzeptieren wie die jene, die sich allen Anforderungen verweigern. Klar: Das Produkt Milch ist unterm Strich das gleiche, aber wir können nicht mehr ewig auf diesem Level von vorgestern hantieren, das bringt uns in der öffentlichen Meinung dann auch durchaus zurecht Kritik ein. Dabei fallen all jene runter, die umdenken und umsteuern wollen, die klasse Ideen haben - und das sind viele.
Fühlen sie sich zu Unrecht in der öffentlichen Debatte an den Pranger gestellt?
Manchmal schon, ja. Zugegeben, wir bieten mitunter auch Angriffspunkte. Ich habe es immer gern gesehen, wenn mich Leute fragen, warum wir machen, was wir machen. Vielleicht haben wir unsere Arbeit zu lange nicht gut genug erklärt, ähnlich wie in der Politik. Aber manche Kritik entbehrt auch wirklich jeder Grundlage, da kommen dann ein paar pauschale Schlagwörter und das war's, eine ernsthafte Auseinandersetzung ist leider nicht möglich. Die Leute sollen sich selber ein Bild machen, ich lade jeden ein. Und man wird sehen: Es hat schon vieles Sinn, was geschieht. Aber auch wir lernen täglich dazu.
Was entgegnen Sie Kritikern, die sagen: Kuhmilch ist Babynahrung einer artfremden Spezies und für den Menschen Unsinn, ja vielleicht sogar schädlich?
Wenn das seine Meinung ist, darf er die haben. Ich achte auch Menschen, die eine vegane Ernährung ohne jegliches tierische Produkt bevorzugen. Ich persönlich denke gerne in geschlossenen Kreisläufen. Das Gras draußen kann ich als Mensch nicht verwerten, dafür frisst es die Kuh - und ich wiederum kann die Produkte aus dem Tier nutzen, also Milch und Fleisch. Und die Gülle ist toller Dünger. Insofern ist für mich das System in sich stimmig.
Die Deutschen und ihre Milch
Statistik Der Verzehr von Kuhmilch ist nach Angaben des Bundesinformationszentrums Landwirtschaft auf den niedrigsten Stand seit Jahrzehnten gesunken, in 50 Jahren hat er sich demnach fast halbiert. In der alten Bundesrepublik nahm 1971 durchschnittlich jeder Bürger noch bei 87 Kilogramm Trinkmilch (Vollmilch, entrahmte, teilentrahmte sowie Vorzugsmilch) im Jahr zu sich, 2021 sank dieser Wert auf 47,8. Gelistet wurde der Pro-Kopf-Verbrauch aller Sorten Kuhmilch. Das ist übrigens auch der niedrigste Milchverbrauch, seit es die gesamtdeutsche Statistik gibt (1991).
Ursache Als möglicher Grund für den Abwärtstrend bei der Milch heißt es in der Erhebung, dass Verbraucher stärker zu pflanzlichen Alternativen griffen wie Hafer-, Soja- und Mandeldrinks. 2021 wurden, so das Statistische Bundesamt, 296 Millionen Liter Milchersatzgetränke nach Deutschland importiert, 42 Prozent mehr als im Vorjahr. 27 Prozent der Befragten gaben an, in den vergangenen drei Monaten beispielsweise Hafermilch konsumiert zu haben. Für ebenso viele Menschen spielt zudem das Tierwohl eine immer stärkere Rolle - und das sei mit den Haltungsformen in der Landwirtschaft nicht vereinbar.