Wieder Arbeit für die Kulmbacher Polizei

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Hat der Angeklagte ein Gespräch im Jobcenter Kulmbach unbefugt aufgezeichnet oder nicht? Foto: Stephan Tiroch
Hat der Angeklagte ein Gespräch im Jobcenter Kulmbach unbefugt aufgezeichnet oder nicht? Foto: Stephan Tiroch

Wegen einer Ermittlungspanne ordnet das Amtsgericht eine zweite Hausdurchsuchung bei einem Angeklagten an, dem vorgeworfen wird, unbefugt ein Gespräch im Jobcenter Kulmbach aufgezeichnet zu haben.

Aussage stand gegen Aussage: Der Angeklagte bestritt, das Gespräch mit einem Arbeitsvermittler im Jobcenter Kulmbach unbefugt mitgeschnitten zu haben. Der betreffende Mitarbeiter gab als Zeuge jedoch an, dass der Mann ihm gegenüber selbst die Tonbandaufzeichnung zugegeben habe. Die Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes ist strafbar - für das Gericht eine schwierige Situation.

Dabei wurde damals - an jenem 30. März - in der Arbeitsagentur im "Fritz"-Hochhaus gar nicht viel gesprochen, was man hätte aufnehmen können. Der 58-jährige Angeklagte fand sich zu einem der regelmäßigen Vorstellungstermine ein. Der Berater erklärte dem Mann, dass er das Gespräch - im Gegensatz zu früheren Treffen - nicht mehr aufzeichnen dürfe. Die Hausordnung sei entsprechend geändert worden war. Ton- und Bildaufnahmen müssten vom Geschäftsführer genehmigt werden, was dieser nicht getan hatte. Darauf lehnte der 58-Jährige das Gespräch ab und verlangte eine Bestätigung seiner Anwesenheit. Auf seinen Hinweis, so der Arbeitsvermittler am Donnerstag als Zeuge, dass dafür der Geschäftsführer zuständig sei, kam die Antwort: Er brauche keine Bestätigung, er habe alles aufgenommen.


"Lüge" und "faule Sache"


Der Angeklagte sprach von einer "Lüge". Er habe das Diktiergerät dabei gehabt, weil er davon ausgegangen sei, dass der Mitarbeiter im Jobcenter "eine faule
Sache mit mir vorhatte". Da das Beratungsgespräch dann nicht zustande kam, habe er das Aufnahmegerät gar nicht eingeschaltet.

Ein weiterer Zeuge, der den Angeklagten zum Jobcenter als Beistand begleitet hatte, erläuterte, dass die Tonbandaufnahmen dazu dienten, Protokolle der Treffen im Jobcenter anzufertigen. Als dies an dem bewussten Tag untersagt wurde, "sind wir gegangen". Der Zeuge konnte sich nicht an einen Satz des 58-jährigen erinnern, dass er bei der Unterhaltung auf dem Gang das Diktiergerät habe mitlaufen lassen.

Auch die Aussage eines Polizeibeamten, der damals mit den Ermittlungen befasst war, brachte das Amtsgericht nicht weiter. Er berichtete unter anderem von einer Hausdurchsuchung beim Angeklagten. Die Wohnung sei "ziemlich vollgestellt" und zum Teil "unbegehbar" und der Mann "unkooperativ" gewesen. Nach Rücksprache mit einem Rechtsanwalt habe er dann das Aufnahmegerät herausgegeben - nicht aber die Tonbänder.

Der 58-Jährige hatte sich offenbar den richterlichen Durchsuchungsbeschluss sehr genau durchgelesen: Denn dort war nur von einer Beschlagnahmung des Aufzeichnungsgeräts die Rede. Eine Ermittlungspanne.

Staatsanwalt Michael Hoffmann beantragte umgehend eine zweite Hausdurchsuchung, um die Bänder sicherzustellen. Während der Angeklagte von "Unverhältnismäßigkeit" sprach und eine Anzeige gegen die Staatsanwaltschaft ankündigte, setzte Amtsrichterin Sieglinde Tettmann die Verhandlung aus.


Streifenwagen rücken aus


Nachdem der 58-Jährige den Gerichtssaal verlassen hatte, gab die Richterin dem Antrag des Anklagevertreters per münd licher Anordnung statt. Der Staatsanwalt griff sofort zum Telefonhörer und setzte sich mit der Kulmbacher Polizei in Verbindung. Die Hausdurchsuchung müsse "gleich gemacht werden", es seien "Tonbänder und elektronische Speichermedien aller Art" sicherzustellen.

Die Polizei schickte zwei Streifenwagen los - und die Beamten gewannen offenbar den Wettlauf: Der Angeklagte dürfte, als er heimkam, ganz schön gestaunt haben, dass bereits die Polizei auf ihn wartete.
Ob bei der Durchsuchung der Wohnung das Corpus delicti gefunden wurde, wird man sehen, wenn der Prozess demnächst neu aufgerollt wird.