Die Sadt Kulmbach muss nun erklären, wie es zu den im Fernsehen gezeigten Szenen kommen konnte.
Nach der Ausstrahlung des Fernsehbeitrags "Report Mainz" am Dienstagabend in der ARD geht die Diskussion um die Behandlung der Schweine im Schlachthof Kulmbach weiter. Die Redaktion der Bayerischen Rundschau hatte am Mittwoch um Stellungsnahmen der Kontrollbehörden gebeten. Das ist zum einen die in Kulmbach ansässige Kontrollbehörde für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (KBLV), zum anderen das Landratsamt, die unterschiedliche Kontrollaufgaben wahrnehmen. Die Antworten auf die Fragen erreichten die Redaktion gestern.
Die KBLV ist seit 1. Januar 2018 die für den Schlachthof Kulmbach zuständige Kontroll- und Zulassungsbehörde. Die Kontrollfrist ergibt sich aus gesetzlichen Vorgaben auf der Basis einer Risikobeurteilung, teilt der stellvertretende Pressesprecher der Behörde, Christian Funk, auf unsere Nachfrage mit. Die KBLV überprüft unter anderem den baulichen Zustand des Betriebs sowie den Zustand der technischen Geräte wie zum Beispiel der Betäubungsanlage.
Alle Arbeitsabläufe werden kontrolliert
Zudem überprüft die Behörde im Fachbereich Tierschutz das Tierschutzkonzept der Betriebe, das Vorliegen von Qualifikationsnachweisen von Mitarbeitern sowie die Standardarbeitsanweisungen und deren Einhaltung durch die Mitarbeiter. "Dies umfasst die Prüfung sämtlicher Arbeitsabläufe im Lebendtierbereich von der Anlieferung bis zur Betäubung und Entblutung der Tiere."
Seit dem Übergang der Zuständigkeit an die KBLV fanden fünf tierschutzrechtliche Kontrollen statt, so Christian Funk. Die letzte Kontrolle mit Schwerpunkt "Tierschutz bei der Schlachtung" durch die KBLV am Schlachthof Kulmbach sei am 19. November 2020 durchgeführt worden. "Dabei konnten keine systematischen tierschutzrechtlichen Verstöße festgestellt werden", heißt es in der Pressemitteilung. Details werden nicht genannt.
Bei der Frage nach einer Bewertung der CO2-Betäubung hält sich die KBLV bedeckt. "Die Zulässigkeit von Betäubungs- und Tötungsverfahren ist in der EU-Verordnung 1099/2009 geregelt. Daraus ergibt sich, dass sowohl die Betäubung unter Anwendung von CO2 als auch von Helium bei der Schweineschlachtung zulässige Methoden sind. Als Vollzugsbehörde obliegt die wissenschaftliche Bewertung der Verfahren nicht der KBLV."
Inwieweit ist das Landratsamt zuständig für die Überwachung des Schlachthofs? "Für die Einhaltung der tierschutzrechtlichen Bestimmungen ist zuvorderst der Betreiber des Schlachtbetriebs verantwortlich", sagt Oliver Hempfling, Abteilungsleiter Öffentliche Sicherheit, Bauwesen, Natur- und Umweltschutz. Die Stadt Kulmbach als Betreiberin habe dafür unter anderem einen Tierschutzbeauftragten zu bestimmen, der die Anwendung von betrieblichen Standardarbeitsanweisungen sicherstelllt. Seit Januar 2018 sei die KBLV für die Kontroll- und Vollzugsaufgaben von Schlachtbetrieben dieser Größenordnung zuständig. Diese sei auch die zuständige Behörde für die Ahndung von Verstößen als Ordnungswidrigkeiten und für die Abgabe von Fällen an die Staatsanwaltschaft bei Straftatverdacht.
"Amtlicher Tierarzt ist vor Ort"
"Gleichzeitig gibt es Überwachungsaufgaben, die an die Kreisverwaltungsbehörden, in diesem Fall das Landratsamt Kulmbach, rückübertragen wurden", erläutert Oliver Hempfling. "So ist seitens des Landratsamtes ein angestellter amtlicher Tierarzt arbeitstäglich vor Ort, der diese Aufgaben wahrnimmt in Bezug auf Einhaltung der tierschutzrechtlichen Vorschriften beim Treiben der Tiere, bei der Betäubung und der Schlachtung, wie auch hinsichtlich der Fleischuntersuchung und der Hygiene."
Vor diesem Hintergrund seien noch am Mittwoch gemeinsam mit dem amtlichen Tierarzt erste Feststellungen getroffen und an die KBLV weitergegeben worden.
"Zudem hat das Landratsamt Kulmbach am Freitag weitere Schritte gegenüber dem Betreiber des Schlachthofs eingeleitet und um Aufklärung bezüglich des in dem Video der Soko Tierschutz abgebildeten Sachverhalts gebeten. Nach Abschluss dieser Sachverhaltsermittlung wird in Abstimmung mit der KBLV zu entscheiden sein, welche verwaltungsrechtlichen Maßnahmen zu ergreifen sind."
Schöffel fordert Aufklärung
MdL Martin Schöffel (CSU), Mitglied des Agrarausschusses im Bayerischen Landtag, hatte am Mittwoch in einer ersten Reaktion deutlich gemacht, dass er eine pauschale Verurteilung des Kulmbacher Schlachthofs nichts als gerechtfertigt ansieht, da der Betrieb bislang für sorgfältiges Arbeiten und die Beachtung des Tierwohls bekannt sei. Am Freitag hat sich der Abgeordnete nochmals mit einer Stellungnahme zu Wort gemeldet und fordert von der Stadt Kulmbach Aufklärung, wie es zu den im Fernsehen gezeigten Szenen kommen konnte.
Nach den "verstörenden Bildern" aus dem Schlachthof brauche es eine schnelle Klärung der Stadt zu den Vorwürfen der Soko Tierschutz. "Die Stadt Kulmbach hat drastische Konsequenzen gegen einen Mitarbeiter angekündigt, der mit Tieren unsachgemäß umgegangen ist. Welche Konsequenzen werden gezogen?" fragt der Landtagsabgeordnete. "Beim Tierschutz darf es auch im Schlachthof keine Nachlässigkeiten geben. Jeder Mitarbeiter muss sich seiner Verantwortung für die Tiere bewusst sein. Die Stadt Kulmbach muss hier schnellstens für Aufklärung und Transparenz sorgen."