Wie der Junkie an der Nadel

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Atom, Kohle, bald auch noch Fracking: Wie weit gehen wir in Zeiten knapper werdender (Billig-)Energien?
Atom, Kohle, bald auch noch Fracking: Wie weit gehen wir in Zeiten knapper werdender (Billig-)Energien?
Patrick Pleul/dpa

Sollen wir in der Energiekrise Fracking erlauben - auch bei uns?

Was sind wir immer stolz auf unseren Fleiß gewesen, den Erfindungsgeist und das technische Können - doch kaum rumst es im sehr nahen Osten, müssen wir konstatieren: Hoppla, da ist aber vieles auf Kante genäht in unserem blattgoldüberzogenen Wirtschaftsparadies. Wenn im System der Globalisierung nur ein Rädchen aus der Spur hüpft, kracht es dermaßen im Gebälk, dass in Stein gemeißelte Sicherheiten nur noch morscher Papyrus sind.

Von einer Sicherheit lernen wir uns gerade zu verabschieden: Billige Energie ist im Überfluss da. In dieser Scheinwelt haben wir es uns so bequem eingerichtet wie der Drogenabhängige am Kiffhäuser. Dabei sind wir keinen Deut besser: Wir sind auch ein Junkie, der an der (fossilen) Nadel hängt und seine Sucht befriedigen muss. Das klappt - bis der Lieferant ausfällt.

Es ist immer dasselbe Suchtverhalten: Nach der ersten Konsternierung folgen Panikreaktion und Entzugserscheinungen. Schon schleichen die Co-Dealer herbei, die auf genau diese umwölkten Hirne hoffen, während Dritte im Zuge des Hyperventilierens genüsslich an der Preisschraube drehen und den Stoff verteuern, dass es einem die Ader auch ohne Abbinden aufbläht. Schließlich ruft der Unterspritzte: Keine Denkverbote - egal wie und woher, Hauptsache Nachschub!

Und so erhob sich wie Phoenix aus der Asche das Fracking. Schiefergas aus heimischem Anbau, ein Bodenschatz im Wortsinn, unter unseren Füßen ruhend und nicht verbuddelt beim Russen. Schon zieht der Süchtige in Gedanken genüsslich die nächste Spritze auf. Halleluja, es geht weiter!

Dass ein Junkie nicht in der Lage ist, rationale Entscheidungen zu treffen, wird jeder Arzt bestätigen. Was wäre die Therapie? Möglichkeit 1: ein Methadonprogramm. Also eine Ersatzdroge. Die wirkt nur ähnlich, ist aber verträglicher als Möglichkeit 2: kalter Entzug. Verzichten? Wir? Da manifestiert sich der Gottseibeiuns mitten im Raum.

Wer hat das mit dem nie versiegenden Strom der Billigenergie eigentlich verfügt? Sie ahnen es: Da hocken die Abhängigen mit den Dealern beisammen und knobeln das aus. Die Kranken ertüfteln die Medizin für alle. Toller Plan.