Zoff mit Nachbarstädten Forchheim und Lichtenfels
Ein Beispiel für viele: Sein Zuschuss-Antrag für den mit 319 000 Mark veranschlagten Realschulbau (später MGF-Gymnasium) wird 1890 von den Vertretern aus Lichtenfels und Forchheim abgeschmettert. Ihre Begründung: Kulmbach sei eine vermögende Stadt. Da nützt es auch nichts, dass er ihnen entgegenhält, es gebe in Kulmbach nur ein Dutzend wirklich reicher Leute.
Der Historiker Erwin Herrmann spricht in seiner "Geschichte der Stadt Kulmbach" von einem regelrechten "Städtekrieg" der konkurrierenden Nachbarn. Noch enervierender für Pannwitz sind die Unstimmigkeiten zwischen den beiden Rathaus-Gremien Magistrat und Gemeindekollegium. Der Grund liegt in ihrer sozialen Zusammensetzung und unterschiedlichen Interessenlage. Während Pannwitz mit dem liberalen und industriefreundlichen Magistrat an einem Strang zieht, liegt er mit dem Gemeindekollegium nicht selten im Clinch. Deren sieben Vertreter sind vorwiegend Geschäftsleute, Handwerker, zunehmend auch Kleinbürger.
Streit um ein Waisenhaus
Sie bremsen beim Ausbau der Stadt, da sie eine Verschuldung befürchten, die auf das Gewerbe abgewälzt werde.
Vor allem bei Investitionen im Bildungsbereich zeigen sie sich unwillig: Trotz Schwund der alten Lateinschule (nur noch 47 Schüler in den sechs Klassenstufen) verweigern sie sich am 13. Juli 1890 dem zügigen Bau der Realschule. 1903 stimmen sie gegen den Beschluss des Magistrats, in der Blaich eine Schule zu errichten. Erst nach schwierigen Verhandlungen geben sie Gelder frei. 1904 nimmt die restriktive Haltung der Gemeindevertreter sogar unsoziale Züge an: Sie sperren sich gegen den Neubau eines Waisenhauses in der Mittelau. Ihre Begründung: Der Stadtmagistrat werde die Waisenhauszöglinge verwöhnen und für das spätere Leben unbrauchbar machen.
Vor Top-Karriere
Anfang 1891 muss von Pannwitz eingesehen haben, dass er für einen Kleinkrieg im Rathaus und das Gerangel im Bezirk nicht der richtige Mann ist. Kurz entschlossen beendet er seinen Ausflug in die Politik. Als sein Nachfolger wird schon am 2. März Wilhelm Flessa gewählt. Der populäre Flessa bleibt 29 Jahre, bis 1920, in dieser Funktion.
Walter von Pannwitz geht nach München und eröffnet eine Anwaltskanzlei. Schon kurze Zeit später genießt er den Ruf eines glänzenden Strafverteidigers. Prominente scharen sich um ihn, um von ihm vor Gericht vertreten zu werden. Als 1901 einer der spektakulärsten Mordprozesse des Königreichs Bayern ansteht, der Fall des Räubers und Wildschützen Mathias Kneißl, wird er zum Verteidiger bestellt. Es wird sein größter Fall.
1908 heiratet Pannwitz in zweiter Ehe eine seiner früheren Mandantinnen: Catalina Roth, 20 Jahre jünger als er, passionierte Kunstsammlerin mit umfangreichen Ländereien in Argentinien. Mit ihr zieht er zwei Jahre später nach Berlin und lässt im Grunewald für fünf Millionen Goldmark ein Palais erbauen, in dem auch die gemeinsame Gemäldesammlung untergebracht wird. Häufiger Gast in der Villa ist der Deutsche Kaiser Wilhelm II., für den Pannwitz auch als Justiziar tätig ist.
Der Berliner Hofklatsch fantasiert sich eine Liebschaft zwischen dem Monarchen und der attraktiven Catalina zusammen. Als Wilhelm 1918 ins Exil nach Holland geht, folgt ihm das Ehepaar Pannwitz und erwirbt das Schloss De Hartekamp in der Nähe. Es wird zum Treffpunkt der europäischen Aristokratie.
In seiner Berliner Zeit lässt sich Pannwitz von Alfred Schwarz porträtieren. Er ist der Hofmaler des Kaisers, bekannt und geschätzt in der wilhelminischen Gesellschaft. Das lebensgroße Brustbild zeigt ihn als kraftvolle Erscheinung im sechsten Lebensjahrzehnt. Vermutlich hat es Pannwitz der Stadt Kulmbach zukommen lassen. Es befindet sich heute im Depot des Landschaftsmuseums Obermain auf der Plassenburg.
Lücke in der Ahnengalerie
Warum das Kunstwerk nicht in die Bürgermeister-Galerie im ersten Stock zwischen dem Amtsvorgänger Rosenkrantz und dem Nachfolger Flessa hängt, ist rätselhaft. Der frühere Kunsthistoriker Wolfgang Mössner hat bei dem Ausbau des Museums 2003 die Auswahl so getroffen. Die Episode Pannwitz ist gewiss kein Ruhmesblatt für Kulmbach, doch einen Hochkaräter wie ihn sollte man nicht aus der Geschichte der Stadt tilgen.