Vor dem Amtsgericht wurde ein Fall verhandelt, bei dem sich Mann und Frau gegenseitig beschuldigten und beschimpften.
In Fällen häuslicher Gewalt gibt es in der Regel keine Zeugen. Vor Gericht steht dann meist Aussage gegen Aussage. Mit diesem klassischen Fall hatte sich jetzt auch das Kulmbacher Amtsgericht zu befassen.
Weil das ehemalige Paar längst getrennte Wege geht, keine weiteren Übergriffe zu befürchten sind und jede weitere Aufklärung umfangreichste Nachermittlung samt psychiatrischer Gutachten nach sich ziehen würde, einigten sich Verteidigung, Nebenklage, Staatsanwaltschaft und Gericht darauf, das Verfahren ohne weitere Auflagen einzustellen.
Obwohl es zu Beginn der Verhandlung noch lange nicht danach aussah. Der angeklagte 26-Jährige Mann aus Sonneberg soll seiner 20 Jahre älteren Kulmbacher Freundin im Februar dieses Jahres zunächst in den Rücken, dann gegen den Kopf und anschließend gegen die linke Wade getreten haben.
Version des Mannes
Alles mit Schuhen
an den Füßen, deshalb der Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung. Die Frau soll mehrere Prellungen unter anderem an der Halswirbelsäule und an der Schulter erlitten haben und tagelang arbeitsunfähig krank gewesen sein.
Ob der Mann ein ausgewiesener Kampfsportler ist oder nicht, schon dabei gingen die Meinungen weit auseinander. Erst recht bei der Schilderung der angeblichen Tat, die der Angeklagte in einer ellenlangen schriftlich verfassten Erklärung ganz anders darstellte.
Er sei von ihr angerempelt worden, sie habe versucht, ihn gegen das Schienbein zu treten, sie habe ihn mit übelsten Ausdrücken beleidigt. Da habe er sie im Reflex zwei Mal gegen den Kopf geschlagen und sie weggestoßen, so dass sie zu Boden gefallen sei.
Getreten habe er sie zu keinem Zeitpunkt und auch von Faustschlägen könne keine Rede sein. Und auch sonst ließ der Mann kein gutes Haar an seiner Ex-Freundin.
Da war die Rede von einem Alkoholproblem, von auffälligem Benehmen und von einem bewegten Vorleben.
Unterschiede zum Befund
Die Frau dagegen schilderte das Geschehen in ihrer Zeugenaussage zumindest so ähnlich wie in der Anklage. Es sei ja nicht das erste Mal gewesen, dass er ihr gegenüber gewalttätig wurde, sagte sie.
Sie berichtete auch, dass sie nach dem Vorfall in der Notaufnahme des Kulmbacher Klinikums war und ihr dort eine mittelschwere Gehirnerschütterung und ein gebrochener Arm diagnostiziert wurde. Das Problem war allerdings, dass dieser Befund in keinem Papier auftauchte. Dort hieß es nur: "Äußerliche Zeichen einer Verletzung sind nicht festzustellen." Kein Wunder, sagte die Frau vor Gericht: Der Arzt sei ja auch ein Ausländer gewesen und habe kein Wort Deutsch gesprochen.
Nicht aufgeklärt werden konnte in der Verhandlung am Amtsgericht, warum die Frau
in ihrer polizeilichen Aussage von Verletzungen an der linken Körperseite gesprochen hatte.
Vor Gericht war dagegen nur noch von der rechten Körperseite die Rede. Noch dazu waren blaue Flecken bei der Frau schon deshalb nichts außergewöhnliches, weil sie an heftigen Gleichgewichtsstörungen litt und öfter mal wo anstieß oder gar hinfiel, so die Erkenntnis.
Auf dieser Grundlage ein Urteil zu sprechen, das hielt das Gericht für unmöglich. Weitere Ermittlungen hätten sich dagegen extrem schwierig erwiesen, weil es keine direkten Zeugen gab und sich psychiatrische Gutachten extrem lange hingezogen hätten.
Richterin Sieglinde Tettmann stellte das Verfahren deshalb ohne weitere Auflagen ein, die Kosten fallen zu Lasten der Staatskasse, für alle Beteiligten ist der Fall damit erledigt.