Die Schulvorbereitende Einrichtung der Werner-Grampp-Schule ist 30 Jahre alt. Kinder mit Entwicklungsverzögerung, Sprach- oder Verhaltensauffälligkeiten werden in Stadtsteinach gezielt und individuell gefördert.
Wenn Clarissa Batzer an manchen Tagen im Bad steht und Mundspülung benutzt, dann muss sie spontan grinsen. Genau dieses Gurgeln hat vor Jahren dafür gesorgt, dass sie einen Sprachfehler losgeworden ist. "Ich konnte das R nicht richtig sprechen", erinnert sich die junge Zaubacherin. Gelernt hat sie diese Übung in der Schulvorbereitenden Einrichtung (SVE) der Awo in Stadtsteinach. In diesen Tagen feiert die SVE 30. Geburtstag. Clarissa Batzer ist dorthin zurückgekehrt - als Praktikantin.
Die 15-jährige Zaubacherin besucht inzwischen die Realschule in Kulmbach und ist als aufgeweckte Mitschülerin beliebt. Zu Kindergartenzeiten war das nicht unbedingt so, wie sie erzählt. "Ich war sehr schüchtern." Dass sie diese Zurückhaltung ebenfalls ablegen konnte, verdankt sie nach eigenen Angaben auch der SVE. "Das war eine total schöne Zeit. In unserer kleinen Gruppe bin ich sozusagen aufgeblüht", erinnert sich Clarissa Batzer und ist hellauf begeistert, dass sie in der SVE nun sogar ein Praktikum machen durfte. Denn: "Ich möchte am liebsten einen Beruf ausüben, der mit Kindern zu tun hat." Auch eine "Spätfolge" der Betreuung? Clarissa Batzer lächelt vielsagend...
Das Anders-Sein Judith Schöffel, Maria Ribbrock und Regina Hesse, die drei heilpädagogischen Förderlehrerinnen an der Schulvorbereitenden Einrichtung, hören Clarissas Geschichte natürlich gerne. Denn die junge Zaubacherin hat genau das erreicht, was das Ziel aller gemeinsamen Anstrengungen für jedes Kind ist: Sie hat ihre Probleme so in den Griff bekommen, dass sie in die Regelschule, also die Grundschule, wechseln konnte. Ein gerade im Kindesalter nachteiliges Anders-Sein blieb ihr erspart.
Die Schulvorbereitende Einrichtung in Stadtsteinach in der Trägerschaft der Awo Kulmbach ist die einzige ihrer Art im Landkreis und kümmert sich wie die SVE an der Werner-Grampp-Schule in der Stadt Kulmbach um Kinder im Alter zwischen drei und sieben Jahren, die Sprachauffälligkeiten haben, entwicklungsverzögert sind oder verhaltensauffällig sind. 30 Mädchen und Jungen werden dort in drei Gruppen zu je zehn Kindern nach individuellen Bedürfnissen betreut - und das nicht nur stundenweise, sondern durchgehend vormittags, fünf Tage die Woche. Die Behebung einer Sprachauffälligkeit wie bei Clarissa Batzer ist nicht Nebenschauplatz pädagogischer Betreuung, sondern Kernthema.
Einzeln oder in kleine Gruppen Dazu gibt es spezielle Übungsprogramme, die - einzeln oder in Gruppen - gezielt auf die Person des Kindes angewendet werden. Sprachtherapie, visuelles, auditives und taktiles Wahrnehmungstraining sowie Förderung der Grob- und Feinmotorik sind andere Schlagworte, hinter denen individuell zugeschnittene Förderung steht.
Unterstützung bekommen die drei Lehrerinnen zusätzlich durch Studienrätinnen bei der Diagnostik sowie der Einzel- und Kleingruppenförderung.
Genau das schätzt Manuela Schulz. Die 37-jährige Untersteinacherin hat gute Erfahrungen mit der SVE gemacht und ist noch heute dafür dankbar, dass sie eine Bekannte auf die Einrichtung in Stadtsteinach aufmerksam gemacht hat.
Ihr Sohn Fabian hatte zunächst den Regelkindergarten besucht. Als der Kinderarzt sprachliche Auffälligkeiten bei dem Jungen feststellte, wechselte er an die SVE. "Wir Eltern haben mit den Kindern die Einrichtung einen Vormittag lang besucht und waren sofort begeistert", sagt Manuela Schulz.
Sohn Fabian war es bis Einschulung. "Man hat jeden Tag Fortschritte bei ihm gesehen", erklärt die 37-Jährige und nennt als Beispiele eine gestiegene Ausdrucksfähigkeit, die Verbesserung der Feinmotorik und eine Steigerung des Selbstbewusstseins. Manuela Schulz weiß inzwischen sogar, warum man Kindern das Pausenbrot nicht ohne Rinde einpacken sollte. "Das Kauen der Rinde stärkt die Gesichtsmuskulatur und verbessert die Sprechfertigkeit..."
Auch ambulante Betreuung Als auch bei Töchterchen Sofia Sprachdefizite erkennbar wurden, war es für das Ehepaar Schulz keine Frage, nochmals die Dienste der Sprachvorbereitenden Einrichtung in Anspruch zu nehmen - und zwar von Beginn der Kindergartenzeit an. "Frau Ribbrock kennt Sofia inzwischen ganz genau, die kleinen Gruppen sind für die Betreuung ideal" , sagt Manuela Schulz. Sofia wird im Herbst eingeschult. Und wird wie ihr Bruder Fabian wohl keine nennenswerten Probleme haben.
Die beiden Kinder aus Untersteinach zeigen die zeitliche Bandbreite, die die Schulvorbereitende Einrichtung abdecken kann. Auch ambulante Förderung ist möglich.
Aber: "Die Mädchen und Jungen sollten möglichst bald kommen, wenn etwas auffällig ist; nicht erst im Jahr vor der Einschulung", empfiehlt Judith Schöffel.