Espig kündigt an: "Pro Stadtsteinach und Bund Naturschutz werden die Baumaßnahme kritisch begleiten und jeden nicht zwingend erforderlichen Eingriff in unsere Natur deutlich an den Pranger stellen."
Kommentar
Teures Ende des Leidens
Es ist wohl eines der am längsten diskutierten Verkehrsprojekte überhaupt: 85 Jahre vergingen von der ersten Idee für eine Ortsumgehung bis zum Baubeginn. Das dürfte ein Rekord sein. Ernsthaft diskutiert wird das Projekt seit 40 Jahren - auch das eine gefühlte Ewigkeit. Und so sind die meisten Stadtsteinacher wohl froh, dass jetzt endlich die Bagger rollen.
Das ändert nichts daran, dass es ein umstrittenes Verkehrsprojekt bleibt - und das nicht ohne Grund: Die neue Trasse der Bundesstraße 303 rund um Stadtsteinach ist mit gewaltigen Eingriffen in die Landschaft verbunden. Ein schönes Stück Natur wird dem Straßenbau zum Opfer fallen. Das lässt sich nicht schönreden.
Doch auf der anderen Seite stehen große Verkehrsprobleme, für die es keine alternativen Lösungen gibt - zumindest keine, die politisch und rechtlich hätten durchgesetzt werden können.
Vor die Wahl gestellt, weiter mit den Problemen leben zu müssen oder sie endlich beseitigen zu können, entschied sich die Mehrheit im Stadtrat für das kleiner erscheinende Übel.
Während der Bauphase haben die Räte nun reichlich Hausaufgaben: Im Rahmen des städtebaulichen Entwicklungskonzepts geht es darum, das Zentrum so attraktiv zu gestalten, dass die Umgehung die Stadt nicht totberuhigt. Geschäfte und Gastronomie sind schließlich auf Kundschaft angewiesen.
Sich als kleines Frankenwald-Städtchen neu zu erfinden, ist keine leichte Aufgabe, aber unmöglich ist es nicht. Gelingt es, dann steht einer positiven Zukunft nichts im Wege.
Nur das anheimelnde Landschaftsbild am Tor des Steinachtals - das wird bald für immer verloren sein. Es ist der Preis, den Stadtsteinach für das Ende seines Leidens zahlt. Ein hoher Preis, aber das haben alle von Anfang an gewusst.
Chronologie: Finale
der unendlichen Geschichte
Die Idee, eine Umgehung um das Stadtsteinacher Ortszentrum zu bauen, ist nicht neu. Von ersten Plänen bis zum tatsächlichen Baubeginn sind 85 Jahre vergangen. Wir blicken zurück. 1934 gibt es bereits erste Pläne für eine Umgehungsstrecke. 1979 beginnt die Ortsplanungsstelle der Regierung von Oberfranken, den im Wesentlichen heute noch gültigen Flächennutzungsplan zu erstellen. Darin findet sich der Vermerk, dass bezüglich des möglichen Trassenverlaufs für die Umgehung "die Wahllinie von 1934 wiederaufgenommen wird, soweit die Realbebauung dies zulässt". Allerdings hat 1979 die Realität die Planer bereits überholt: Die angedachte Fläche ist durch das Baugebiet Richtung Presseck längst besetzt und kommt somit nicht mehr für eine Umgehungstrasse in Betracht. Anfang der 1980er Jahre wird zur Konjunkturbelebung ein staatliches Sonderprogramm für Ortsumgehungen aufgelegt, das eine schnelle Umsetzung verspricht. Es gibt jedoch keine Stadtratsmehrheit dafür. So geht es in den folgenden Jahrzehnten weiter. Es gibt immer wieder Anläufe, doch widerstreitende Meinungen. 2014 Das Planfeststellungsverfahren wird eingeleitet. Es gibt im Stadtrat eine Mehrheit für den Umgehungsbau, allerdings unter der Voraussetzung, dass der Bereich Unter- und Oberzaubach vom Gesamtprojekt abgetrennt wird. Die dort geplante Streckenführung stößt auf erbitterten Widerstand. Juni 2017 Das Planfeststellungsverfahren ist abgeschlossen, die Genehmigung für den Bau erteilt. Oktober 2017 Die letzten Hindernisse sind beseitigt, 13,8 Millionen Euro für den Bau der Umfahrung vom Verkehrsministerium freigegeben. Das Staatliche Bauamt beginnt mit der konkreten Planung. 3. Mai 2019 Mit dem offiziellen Spatenstich beginnt die Umsetzung des Bauprojekts.