3. Situation im Landkreis Kulmbach
Die Fränkische Linie nennt Schmidt als kritischsten Punkt im Landkreis Kulmbach. Insgesamt 180.000 Festmeter Schadholz wurden in Kulmbach und im Nachbarlandkreis Kronach in der ersten Jahreshälfte erfasst. Vergleichswerte aus dem Vorjahr gibt es nicht. Wie hoch der Schaden am Ende des Jahres ausfällt, wisse man nicht. Aber: "Alles, was jetzt rot ist, stammt aus dem vergangenen Jahr." Bäume, die aktuell von Schädlingen befallen sind, seien derzeit vielfach noch grün. Erst vier bis fünf Wochen nach dem Befall machten sich äußerliche Anzeichen bemerkbar. "Es geht jetzt erst los", gibt der Bereichsleiter Forsten zu Bedenken. Bayernweit sei der Nordosten besonders betroffen. "Der Wald leidet zwar überall. Aber der Bereich um Kulmbach und Kronach ist das Schlimmste, was man sich weit und breit vorstellen kann." Teilweise gebe es auch Bäume, die so trocken sind, dass selbst die Borkenkäfer diese nicht für ihre Brut verwerten können.
4. Ökonomische und emotionale Folgen
"Für Waldbesitzer ist die Situation verheerend", sagt Schmidt. Zwar sei der Wald in Deutschland insgesamt kein Wirtschaftsfaktor, der Besitz werde aber gerne an die nächste Generation weitergegeben. Sozusagen als eine Art Notgroschen. "Der ist jetzt weg. Das ist für viele emotional ganz schwierig. Da wurden zum Beispiel die Bäume, die jetzt absterben, noch zusammen mit dem Opa gepflanzt." Der Holzpreis sei aufgrund des Überangebots an Schadholz im Keller. Man empfehle den Waldbesitzern, das Schadholz als Brennholz für den Eigenbedarf zu verwenden. Dieser Bedarf sei aber natürlich auch ab einer gewissen Menge gedeckt.
Die insektizidfreie Borkenkäferbekämpfung wird vom Staat mit bis zu zwölf Euro pro Festmeter gefördert. Thomas Heinl aus Ludwigschorgast, der selbst ein kleines Stück Wald besitzt, übt Kritik an der Förderung. Diese gehe, wenn überhaupt, "null auf null" auf. Auch die WBV-Vorsitzende Hombach berichtet, dass die staatliche Förderung den Waldbesitzern "nicht viel" bringe. Oft ließen sich damit nur die Kosten für das Entfernen des Schadholzes decken. Das Förderkonzept müsse überarbeitet werden.
5. Volkswirtschaftliche Auswirkungen
In ganz Europa gebe es ein Überangebot an Schadholz, berichtet Schmidt. Dementsprechend niedrig seien die Preise. Der Schaden, der alleine in den Landkreisen Kulmbach und Kronach durch die 180.000 Festmeter Schadholz in der ersten Jahreshälfte 2019 entstanden ist, belaufe sich auf rund 15 Millionen Euro. Da das Holz außer der Zeit geschlagen wurde, sei es zudem qualitativ schlechter. "Das ist verlorenes Holz, das uns in der Zukunft fehlt."
6. Schutzfunktionen der Bäume
Bäume und Wälder erfüllen mehrere Schutzfunktionen für den Menschen. In der Region gibt es zum Beispiel Wald, der dem Trinkwasserschutz dient. Hier müsse man sich die Frage stellen, ob dieser in Zukunft noch da sei beziehungsweise diese Funktion noch wahrnehmen könne. Da die Fläche ohne Wald aber nicht gänzlich kahl bleiben und zum Beispiel Gestrüpp wachsen würde, wären die Konsequenzen nach Schmidts Einschätzung hier nicht sofort spürbar. Anders verhalte es sich zum Beispiel dort, wo Bäume dem Bodenschutz dienen und verhindern, dass Hänge abrutschen. So etwa bei Kupferberg. Auch die Hänge an der Ködeltalsperre bei Nordhalben müsse man künftig hinsichtlich möglicher Erosionen im Auge behalten.
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7. Gegenmaßnahmen
Gegen die Trockenheit lasse sich im Prinzip nichts unternehmen, sagt Schmidt. "Wir können es ja nicht regnen lassen - und den ganzen Wald bewässern können wir auch nicht." Was den Befall mit Schädlingen wie dem Borkenkäfer angeht, gelte es, die Bäume so schnell wie möglich aus dem Wald zu entfernen. 500 Meter Abstand müssten dabei zum Waldrand eingehalten werden. "Das geht im Landkreis Kronach fast gar nicht und im Landkreis Kulmbach nur schwer." Die Bestände indes versucht man durch das Nachpflanzen von Bäumen wieder aufzustocken. Hier empfiehlt Schmidt eine Mischung aus verschiedenen Baumarten. Vereinfacht gesagt: "Wer streut, rutscht nicht." Unter den heimischen Baumarten sei zum Beispiel die Eiche vergleichsweise gut an die Trockenheit angepasst. Was fremdländische Baumarten betrifft, habe sich etwa die Douglasie bewährt. "Das, was an der Fränkischen Linie noch grün und gut ausschaut, sind Douglasien."
Natürlich erschwere die Trockenheit auch das Anpflanzen junger Bäume. Stadtförsterin Hombach erklärt, dass man sich hier in Zukunft wohl Gedanken über Bewässerungsmöglichkeiten machen müsse, um etwa durch entsprechende Technik und Wasserspeicher zumindest in den ersten Jahren die jungen Bäume zu unterstützen. Schmidt und Hombach appellieren außerdem an die Jäger. Denn auch ein hoher Bestand an Rehen verhindere, dass junge Bäume in ausreichender Zahl nachwachsen - ob im Rahmen der Naturverjüngung von alleine oder von Menschenhand gepflanzt.
8. Klimaschutz
"Den Klimawandel verursachen alle. Aber die, die es zuerst trifft, sind die Waldbesitzer und die Landwirte", sagt Schmidt. Es sei wichtig, jetzt gegenzusteuern, um das Zwei-Grad-Ziel noch erreichen zu können. "Wir lösen sonst Sachen aus, die wir nicht mehr kontrollieren können. Und die Erde ist schließlich das einzige Raumschiff, das wir haben."