Trendsport Laufen: Ab Kilometer 4 kommt der "Flow"

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Natalie Schröppel (links) und Claudia Popp im Zieleinlauf des "Trails 4 Germany"privat
Natalie Schröppel (links) und Claudia Popp im Zieleinlauf des "Trails 4 Germany"privat
Claudia Popp hat im vergangenen Jahr das Laufen neu für sich entdeckt.Jochen Nützel
Claudia Popp hat im vergangenen Jahr das Laufen neu für sich entdeckt.Jochen Nützel
 

In Zeiten von Kontaktsperren ist Laufen eine gute Möglichkeit, sich zu bewegen, ohne gegen Auflagen zu verstoßen.

In Fitness-Magazinen wird er als "einfachster Sport der Welt" betitelt. Man könnte auch einfach sagen: Laufen ist dem Menschen seit den Kindertagen der Evolution mitgegeben, nicht Sitzen oder Liegen. Und wenn Loriot fragt: Wo laufen sie denn? Dann gibt Ihnen die Wirklichkeit die Antwort: aktuell überall. Beispielsweise auf dem Trimm-dich-Pfad.

Hier kommt uns Claudia Popp entgegen. Sie selber nennt sich "Bewegungstier", von Kindesbeinen an. "Ich bin auf einem Bauernhof groß geworden, da war regelmäßige körperliche Betätigung völlig normal." Logisch, dass dieser Bewegungsdrang später nicht nachlässt, sich aber andere Bahnen sucht. Schwimmbahnen zum Beispiel. Die Kulmbacherin ist regelmäßig Gast im Freibad, fährt zudem ausgiebig Rad. Was aber ist so besonders am Laufen?

Die Hüfte bremst aus

"Früher habe ich das ausgiebig praktiziert, dann war das für lange Zeit aber so gar nicht mehr mein Sport", sagt die Realschullehrerin, die in Bayreuth Chemie und Biologie unterrichtet. Nicht zuletzt gesundheitliche Probleme mit der Hüfte ließen sie letztlich Abstand nehmen. "Wenn du mehr Schmerzen hast als Freude, dann lohnt es sich nicht."

Irgendwann probiert sie es dann doch wieder. "Ich weiß es ja noch von früher: Laufen hatte für mich immer etwas Meditatives." Claudia Popp braucht dazu keine "ohrale" Berieselung. "Andere habe Musik auf den Ohren - ich möchte lieber der Natur lauschen."

Aber ganz ohne Technik kommt auch die 48-Jährige nicht aus. Die Apple-Watch am Handgelenk zeichnet die Strecke auf, misst Puls und Herzfrequenz. "Es gibt Läufer, für die ist der Puls die Richtschnur. Mir geht es vor allem darum, in einem gewissen Bereich zu bleiben. Ansonsten höre ich einfach auf meinen Körper. Man spürt ja, ob die Belastung stimmt oder zu hoch ist."

Langsam angehen

Ihr Motto: langsam starten, zuvor richtig dehnen und warm machen. "Es war ja bei mir eine lange Pause dazwischen, insofern wollte ich auch nicht gleich überziehen, wobei die Gefahr groß ist, sich zu viel zuzumuten." Wenn man sich mit dem Laufpartner "noch gut unterhalten kann", ist das für sie das richtige Tempo. "Nicht schnell angehen, sondern gemütlich. Dann merkt man auch relativ schnell Erfolge in Sachen Kondition und Ausdauer."

Eine ihrer Lieblingsstrecken ist der Trimm-dich-Pfad. "Du begegnest stundenlang keinem Menschen. Die Waldwege dort sind sensationell und zudem gelenkschonend. Aber leider sind die einzelnen Strecken schlecht ausgeschildert." Neulich stand sie buchstäblich mitten im Wald. "Ich musste das Navi am Handy aktivieren, um wieder rauszufinden, denn mittendrin hat die Beschilderung einfach aufgehört. Auf der ,schwarzen Strecke' hätten es acht Kilometer sein sollen - ich kam auf 14. Offenbar haben Waldarbeiter einige Schilder abgebaut, aber nicht wieder aufgestellt."

Mittlerweile schmerzfrei

In Zeiten von Corona mit Ausgehbeschränkung und Kontaktverbot ist für Claudia Popp das Laufen die Gelegenheit, sich allein und an der frischen Luft fit zu halten. "Einfach die Laufklamotten anziehen und die Schuhe untergeschnallt - schon kann es losgehen." Mittlerweile kann sie nahezu schmerzfrei ihre Strecken angehen. Die Endorphine tun ihr Übriges. "Wenn du merkst, wie sich trotz Anstrengung dieses Glücksgefühl einstellt, dann ist das der beste Stressabbau." Ab Kilometer 4, sagt sie, kommt sie in eine Art Flow. Da läuft man so vor sich hin, der Körper schaltet auf Autopilot und der Kopf geht sozusagen seiner eigenen Wege.

Beim "Trails 4 Germany" im vergangenen Herbst hatte die 48-Jährige ihren ersten Wettbewerb in Kulmbach. Die Vorbereitung darauf war das Zirkeltraining im Studio "NXT Level by Poja". "Damit kann ich die Tiefenmuskulatur gezielter trainieren, das hat auch geholfen, mir meine Schmerzen zu nehmen." Aus dieser Gemeinschaft im Studio hat sich später eine Laufgruppe gebildet.

Am liebsten läuft die Kulmbacherin morgens, wenn es noch kühl ist. "Im Sommer ist es mir ehrlich gesagt zu warm, da schwimme ich lieber." Da sie derzeit ihr Fitnessstudio nicht besuchen kann, macht sie Übungen mit der Hantel zu Hause. "Allein ist halt ein bisserl fad."

Zu zweit läuft sich's besser

Hier kommt ihre Freundin Natalie Schröppel ins Spiel. Auch die 45-Jährige ist gesundheitlich eingeschränkt, muss Knie und Knöchel bandagieren. Das Laufen aber will sie sich nicht nehmen lassen. "Mein Orthopäde hat gesagt, ich soll eine Wochenleistung von 30 Kilometern nicht überschreiten. Daran versuche ich mich zu halten."

Ihre Distanzen sind länger als die ihrer Freundin, Natalie Schröppel kommt gut und gern auf zehn und mehr Kilometer pro Start. Sie hat verschiedene Routen für sich gecheckt, die Standartstrecke verläuft unter anderem an der Kieswäsch entlang nach Melkendorf, auf dem Feldweg nach Frankenberg und auf dem Fahrradweg zurück nach Kulmbach. Wahlweise läuft sie von Wickenreuth und Forstlahm durch die Wälder bis nach Leuchau Auch die 45-Jährige musste in ihrem Läuferleben des öfteren Zwangspausen einlegen. "Es hat mich genervt, dass mich vor allem die Arthrose im Knie so ausgebremst hat." Ein Arzt rät ihr zu gelenkschonenderen Sportarten wie Radfahren und Schwimmen.

Das Laufen aber will sie nicht aufgeben - und unter den genannten Selbstbeschränkungen funktioniert es gut, wie sie sagt. "Mit Bandagen habe ich nahezu keine Probleme, und ich brauche das zum Runterkommen. Insofern stoppe ich, wenn es schmerzt, das wäre ja kontraproduktiv."

Anders als Claudia Popp läuft sie mit Knopf im Ohr. "Ich höre eigentlich immer Musik. Oder Hörbücher, das geht bequem über mehrere Stunden." Sozusagen Literatur am laufenden Band...