Dung wird zu "Wundererde": Wie ein Oberfranke aus Pferdemist Kohle macht
Autor: Alexander Hartmann
Thurnau, Donnerstag, 04. Juli 2019
Die Thurnauer Firma Bionero produziert mit tierischen Hinterlassenschaften, die mit Kompost und Humus vermischt werden, eine "Wundererde". Aaron Saßmannshausen und seine Familie wollen mit ihr den Markt erobern.
Ein Pferd hinterlässt pro Tag bis zu 50 Kilogramm Pferdeäpfel. Eine stolze Menge, die, hält man sich mehrere Tiere, erst mal entsorgt werden muss. In Zeiten der neuen Düngemittelverordnung stellt das gerade die Pferdehalter vor eine Herausforderung, die über keine eigenen landwirtschaftlichen Flächen verfügen, auf denen sie den Mist ausbringen können.
Dung wird zu Kohle: Erste Versuche auf elterlichem Gestüt
Aaron Saßmannshausen (21) kennt das Problem. Auf dem elterlichen Gestüt in Eschen (Gemeinde Eckersdorf/Landkreis Bayreuth) hat er mit 17 Jahren die ersten Versuche gestartet, um aus den tierischen Hinterlassenschaften fruchtbare Erde zu machen. "Ich habe in unserem Garten aus zwei alten Gasflaschen einen einfachen Ofen zusammengeschweißt, in dem ich den Mist verkohlt habe", sagt der 21-Jährige.
Aus dem Tüftler ist jetzt ein Geschäftsmann geworden. Aaron Saßmannshausen hat mit seinem Vater Uwe (53) die Firma Bionero gegründet, die im Industriegebiet von Thurnau (Kreis Kulmbach) aus großen Mengen Pferdemist Pflanzenkohle herstellt. Diese wird - mit Humus und Kompost vermischt - zu einem Produkt, das auch bei Hobbygärtnern längst als Wundererde gilt: zur Terra preta, was portugiesisch ist und schwarze Erde heißt.
Zwei Millionen Euro investiert
Zwei Millionen Euro hat die Familie investiert. Geld, das vor allem in eine Produktionsstätte mit 750 Quadratmetern Nutzfläche sowie in den sogenannten Reaktor geflossen ist. Er ist das Herzstück des Betriebs, ein Pyrolyseofen, in dem laut Aaron Saßmannshausen der mit Hackschnitzel vermischte Mist bei 600 Grad verkohlt wird.
Wird der Kohle Humus und Kompost zugesetzt, entsteht als Endprodukt das wirkungsvolle Substrat, mit dem man bei Pflanzen ein Vielfaches des normalen Ertrags erzielen kann, wie Professor Bruno Glaser von der Universität Halle-Wittenberg erläutert.
Glaser ist ein weltweit anerkannter Boden-Biogeochemiker, der 1999 an der Uni Bayreuth zum Thema Terra preta promoviert hat und das Thurnauer Start-up-Unternehmen unterstützt. Die Aktiverde bietet seinen Worten zufolge eine optimale Nährstoffversorgung und Bodendurchlüftung, eine hohe Wasserspeicherfähigkeit und Widerstandsfähigkeit gegen Schaderreger. Durch die Bindung großer Mengen CO2 leiste sie zudem einen Beitrag zum Klimaschutz. Glaser: "Auch lästiges Nachdüngen entfällt."
Von Pferdehöfen im Umkreis abgeholt
Das Ausgangsmaterial ist der Pferdemist, den die Saßmannshausens mit Containern von Pferdehöfen im Umkreis von 25 Kilometern abholen und in Thurnau ("Der Standort ist für uns ideal") verarbeiten. Produziert wird dort seit Oktober. Neuerdings im Vier-Mann-Betrieb, denn neben Uwe Saßmannshausen und seinen Söhnen Aaron und Lennart (19) packt mit Markus Weiß jetzt auch der erste familienfremde Mitarbeiter mit an. Mittelfristig rechnen die Saßmannshauser mit bis zu 20 Beschäftigen.