Druckartikel: In Bamberg gibt's keine Bälle und keine Getränke

In Bamberg gibt's keine Bälle und keine Getränke


Autor: Stephan Tiroch

Kasendorf, Freitag, 15. November 2013

Die 2. Kasendorfer Mannschaft hat nach der Versetzung in die Fußball-Kreisklasse Bamberg manches Neue kennengelernt. Doch die Saison im Exil mit den weiten Fahrten hat nicht nur Nachteile: SSV-Trainer Udo Hofknecht zieht Halbzeitbilanz.
Auf Lokalderbys wie gegen Thurnau - links: der TSV-Freistoßschütze Patrick Leykam - muss die Kreisklasssenmannschaft des SSV Kasendorf - von rechts: André Wondra, René Lindner, Holger Hösch, André Krüger und Bastian Schölzky - heuer verzichten. Doch die Saison im Bamberger Exil mit den weiten Fahren hat nicht nur Nachteile. Foto: Alexander Muck


Die Fußballsaison hatte noch gar nicht begonnen, da war man in Kasendorf schon bedient: Fußball-Kreisspielleiter Manfred Neumeister hatte, um mit 16er-Ligen spielen zu können, die 2. Mannschaft des SSV in die Kreisklasse 2 Bamberg versetzt. Der Verein war "total überrascht" (Vorsitzender Volker Täuber) und legte vor den Sportgerichten Einspruch ein. Letztlich erfolglos - wenn auch der Kreisspielleiter zusagte, besonderes Augenmerk darauf zu legen, dass Kasendorf nächstes Jahr wieder in die Kreisklasse 5 Kulmbach kommt, "wo der Verein meiner Ansicht nach auch hingehört".

Inzwischen haben die Kasen dorfer Fußballer die Vorrunde im Bamberger Exil absolviert. Und, sportlich gesehen, gar nicht mal schlecht: 24 Punkte, sechs Siege, sechs Unentschieden, vier Niederlagen - Tabellenplatz 5, Rang 2 in Reichweite.

Heute um 14 Uhr steht das erste Heimspiel der Rückrunde - gegen TSV Scheßlitz - auf dem Programm. Udo Hofknecht, der früher beim SSV in der Bezirksoberliga und bei seinem Heimatverein SpVgg Windischenhaig Fußball gespielt hat, zieht im Interview mit infranken.de Halbzeitbilanz. Die Kasendorfer Kreisklassenmannschaft ist die erste Trainerstation des 35-Jährigen, der beim Landkreis Kulmbach im Sachgebiet Verbraucherschutz/ Lebensmittelüberwachung arbeitet.

Wernsdorf, Teuchatz oder Naisa - nach einem halben Jahr im Bamberger Exil dürften Ihnen diese Namen nicht mehr unbekannt sein?
Udo Hofknecht: Die Ortschaften und die Sportvereine habe ich auch schon vorher gekannt. Mein Vorteil war, dass ich mal am Landratsamt Bamberg beschäftigt war. Deswegen weiß ich im Landkreis Bamberg ganz gut Bescheid.

Sie haben aber vorher kaum einen Gegner gekannt, oder?
Nein, das waren völlig unbeschriebene Blätter. Da profitiere ich vom Trainer der 1. Mannschaft, Markus Taschner, der zuvor beim SV Stechendorf in derselben Klasse tätig war. Er kann mir viele Tipps über den Gegner geben.

Sportlich haben Sie sich als Neuling achtbar geschlagen.
Ja schon, aber es wäre mehr drin gewesen. Wir haben leichtfertig einige Punkte verschenkt. Wir haben meiner Meinung nach mehr Pech als Glück gehabt.

Die dominierende Mannschaft der Liga ist Absteiger Gunzendorf. Mit 16 Punkten Vorsprung ist der FSG der Titel wohl nicht mehr zu nehmen. Dahinter gibt es aber fünf, sechs Mannschaften - darunter Kasendorf - , die für Platz 2 in Frage kommen.
Insgesamt ist es eine brutal enge Klasse. Der Tabellenerste marschiert vorneweg, und Plankenfels hängt hintennach. Dazwischen kann jeder jeden schlagen. Im Gegensatz zu Kulmbach, wo es nach Platz 7 einen deutlichen Bruch gibt, ist die Bamberger Kreisklasse unheimlich ausgeglichen.

Wie steht's mit Ihren Ambitionen auf die Vizemeisterschaft?
Wir wollen natürlich so viele Punkte wie möglich holen und haben in der Rückrunde auch drei Heimspiele mehr. Es ist nicht unser primäres Ziel, aufzusteigen oder Platz 2 zu holen. Aber wenn sich der Erfolg nicht vermeiden lässt, nehmen wir ihn gerne an. Wichtig ist, dass wir junge Talente einbauen und ihnen den Sprung in die erste Mannschaft ermöglichen.

Ist die Liga, wie befürchtet, wirtschaftlich ein Draufzahlgeschäft mit hohen Fahrtkosten und geringen Zuschauereinnahmen?
Wir fahren zu Auswärtsspiel immer mit zwei Kleinbussen von Täuber-Druck und Alpha-InnoTec. Das ist eine enorme Erleichterung für uns. Aber wenn die Derbys fehlen, dann ist es mit Sicherheit ein wirtschaftlicher Schaden. Ganz stark sind unsere Fans, jetzt in Strullendorf waren 30 Kasendorfer dabei - bei über 50 Kilometern Fahrtstrecke einfach.

Machen die Bamberger etwas anders als die Kulmbacher?
Beim ersten Spiel in Scheßlitz waren wir völlig überrascht: Wir haben keine Bälle zum Warmmachen und in der Pause nichts zu trinken bekommen. Das ist in der Bamberger Klasse so üblich und akzeptiert. Die Vereine bringen alles selber mit. Dafür bezahlen die Frauen aber prinzipiell keinen Eintritt.

Hat Ihre Mannschaft auch davon profitiert, im Bamberger Raum zu spielen?
Ja, man sieht mal was Neues. Zum Beispiel die Sportanlagen im Raum Bamberg, die sind fast alle überragend, super gepflegte Rasenplätze. Wir bleiben immer nach den Auswärtsspielen noch 'ne Stunde im Sportheim, und die Spieler des Gegners sind auch da. Das ist besser als im Kulmbacher Raum. Für die Kameradschaft ist es auch nicht schlecht, dass wir nach den Auswärtsspielen öfter mal einkehren und beisammensitzen.

Was wäre Ihnen lieber, nächste Saison Meister werden in der Kreisklasse Bamberg oder Mittelfeld in der Kreisklasse Kulmbach?
Wenn Sie mir's garantieren, dann entscheide ich mich für den Erfolg.

Aber Sie gehen doch davon aus, dass Kasendorf wieder zurückkehrt?
Ja schon, wir sind eine Mannschaft, die in die Kulmbacher Liga gehört. Aber es hat mich persönlich sehr enttäuscht, dass es hier offenbar wenig Solidarität gibt. Das hat man bei verschiedenen Äußerungen von Vereinsvorständen gemerkt. Da wurde teilweise gefährliches Halbwissen verbreitet. Von einzelnen Personen bin ich ziemlich enttäuscht. Solidarität könnten wir von den Bamberger oder Bayreuther Vereinen lernen.

Lesen Sie dazu auch in der Rubrik Burggeflüster: "Expedition ins Bierreich" von Stephan Tiroch.