Sonntags-Fahrverbot für Motorräder: "Absolut inakzeptabler Gesetzesentwurf" sorgt für Aufregung
Autor: Redaktion
Kulmbach, Samstag, 30. Mai 2020
Eine Initiative im Bundestag hat das Ziel, Motorradfahrten an Wochenenden und Feiertagen zu untersagen. Das sorgt bundesweit für Aufregung - aber gerade auch in Kulmbach.
Motorradfahren - ein absoluter Trend: Immer mehr schätzen es, auf zwei Rädern zu entspannen, sogar den Urlaub im Sattel zu verbringen. Davon profitieren Wirtschaft, Handel, Hotels und Gastronomie. Schließlich besitzt in Deutschland jeder Vierte den Motorradführerschein, über vier Millionen Krafträder sind angemeldet.
Doch bald könnte das Biken in der bekannten Form passé sein: Eine Initiative des Bundesrats zielt darauf ab, Motorradfahren an Wochenenden und Feiertagen zu untersagen. Das berichten Medien, darunter "Focus online" und der "Spiegel". Danach plant der Bundesrat gemäß seines Beschlusses vom 15. Mai, eine Gesetzesvorlage in den Bundestag einzubringen. Begründet wird der Vorstoß der Länderkammer mit dem Verkehrslärm. Der müsse reduziert werden.
Streit um Fahrverbote
Künftig sollen Motorräder nicht lauter sein dürfen als ein Rasenmäher, das entspricht etwa einem numerischen Wert von 80 Dezibel. Bei Überschreitungen des zulässigen Limits soll die Polizei ermächtigt werden, die Fahrzeuge an Ort und Stelle sicherzustellen. Dies ist allerdings bereits jetzt möglich: Die Polizei hat bereits Bikes mit unzulässigen Auspuffanlagen konfisziert.
Herrscht in der Biker-Szene für die Eindämmung der Geräuschkulisse noch Verständnis, so wird ein anderer Punkt abgelehnt. Dabei geht es um Fahrverbote für Motorräder an Wochenenden sowie an Feiertagen. Mit dieser Radikal-Maßnahme will der Gesetzgeber gegen den Verkehrslärm vorgehen. Von ihr sind ausschließlich Zweiräder betroffen. Getunte Autos oder Pkw mit Klappenauspuff-Anlagen bleiben von dieser Initiative verschont.
Die Ankündigungen haben in den sozialen Medien eine Schockwelle ausgelöst. Zahlreiche Foren und Interessengemeinschaften stellen sich dagegen und lehnen den Vorstoß als völlig überzogen ab. Doch damit nicht genug: Die Biker erblicken darin eine Ungleichbehandlung, ja Schikane. Schließlich werde dieser Sport fast ausnahmslos an Wochenenden betrieben; wenn er gerade dann verboten sein soll, dann tendiert der Nutzwert des Bikes gegen null.
Pfarrer Oertel ist fassungslos
Auch in Stadt und Landkreis Kulmbach lehnen viele Menschen das geplante rigide Verbot ab. Die Kritiker sind alles andere als Radaubrüder oder wilde Rocker: Unter ihnen ehrenwerte Mitglieder der Gesellschaft wie Unternehmer, Ärzte oder auch Geistliche. So wendet sich der Untersteinacher Pfarrer Wolfgang Oertel offen gegen die Gesetzesinitiative: "Ich bin wirklich fassungslos." Der Geistliche besitzt neben einem Lambretta-Roller einen Honda-Chopper, den er gerne nutzt. Weil er im Sattel total entspannen kann, in der Natur ist und sich Gott ein Stück weit näher fühlt. "Motorradfahren, das gibt mir Kraft für den Alltag und Mut. Es macht den Kopf frei."
Der 53-Jährige spricht von einem "absolut inakzeptablen Gesetzesentwurf", einer Beschneidung der persönlichen Freiheit und einer völlig unnötigen Reglementierung. Mehr noch: Er macht auch eine Missachtung der Religionsfreiheit aus. Denn: Pfarrer Oertel organisiert Motorradfahrer-Gottesdienste, um auf diesem Weg die frohe Botschaft zu verkünden.