Kulmbach: Sieben Monate Knast für 23-Jährigen mit langem Vorstrafenregister
Autor: Andreas Schmitt
Kulmbach, Donnerstag, 05. Oktober 2017
Im langen Vorstrafenregister eines 23-Jährigen steht seit Donnerstag ein neuer Eintrag.
Die Quote der anwesenden Zeugen war am Donnerstagnachmittag im Kulmbacher Amtsgericht ungewöhnlich niedrig. Nur drei der sieben Geladenen waren auch gekommen. Ein entschuldigter Polizeibeamter und drei unentschuldigte Männer fehlten.
Außergewöhnlich lang war hingegen die Liste an Vorstrafen, die der angeklagte 23-Jährige bereits auf dem Kerbholz hatte. Von Diebstahl über räuberische Erpressung, Sachbeschädigung bis hin zu Hausfriedensbruch und Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz reichte die Palette der Verurteilungen.
Fußtritte nicht nachgewiesen
Am Donnerstag nun standen weitere Taten zur Debatte. Der Diebstahl von fünf Fertigpizzen und einer Spielekonsole, die Unterschlagung eines Handys und die Verwicklung in eine Schlägerei, bei der er Fußtritte gegen den Kopf verteilt haben soll.Dieser schwerwiegendste Vorwurf der Verhandlung konnte dem Angeklagten jedoch nicht nachgewiesen werden. Am 23. Mai 2016 soll er gegen 19.15 Uhr in der Hans-Hacker-Straße mit einem jungen Mann aus Afghanistan in Streit geraten sein. Als Ursache äußerte der Angeklagte damals, dass er Frauen vor seinem Widersacher schützen wollte. Vor Gericht gab der 23-Jährige jedoch an, sich nicht mehr erinnern zu können, warum es zu dem Streit kam.
Im Laufe der Auseinandersetzung wurde der Angeklagte vom Afghanen mit einer Glasscherbe am Bein verletzt. Laut seiner Aussage bei der Polizei wollte der Angeklagte den Mann daraufhin mit den Füßen treten, um nicht auch noch an der Hand mit Scherben verletzt zu werden.
Wie genau der Streit nun aber ablief und vor allem, ob der Afghane mit Fußtritten traktiert wurde, als er bereits am Boden lag, blieb unklar. Zum einen, da der Geschädigte, dessen Aufenthaltsort unklar ist, ebenso fehlte wie zwei andere Zeugen unentschuldigt fehlten. Zum anderen, da sich der einzig erschienene Zeuge in Widersprüche verstrickte. Im Gegensatz zu seiner Aussage bei der Polizei, wo er den Angeklagten belastete, wollte der junge Iraker in der Hauptverhandlung nichts mehr von Fußtritten gesehen haben. "Damals konnte ich noch nicht so gut Deutsch, die Polizisten haben das falsch verstanden", sagte der Schüler über seine Vernehmung vor knapp eineinhalb Jahren.
Statt den Angeklagten zu belasten, nahm er ihn sogar indirekt in Schutz, indem er mehrmals erwähntem dass sein afghanischer Freund an besagtem Tag stark betrunken war, sich schon übergeben hätte und in der Folge selbst noch Stress mit der Polizei gehabt habe.
"Es handelte sich wohl um eine wechselseitige Auseinandersetzung. Und ob es Tritte gab, ist unklar", kommentierte Richterin Sieglinde Tettmann am Ende der Beweisaufnahme. Nach kurzer Absprache zwischen der Richterin und Staatsanwalt Florian Losert beantragte Letzterer, den Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung nicht mehr weiter zu verfolgen.
Gleiches galt für den Vorwurf des fünffachen Diebstahls. Im März 2016 soll der Angeklagte vier Fertig-Pizzen und eine Spielekonsole seines Nachbarn aus dem gemeinsamen Keller entwendet haben.
Aus Hunger in der Keller
"Wahrscheinlich hatte ich Hunger und es war nach 20 Uhr", begründete der Angeklagte, der die Tat vollumfänglich gestand. Ebenso wie ein zweites Delikt, das im Juli 2016 geschah. Damals lieh der Mann sich das Handy einer 13-jährigen Bekannten. Als diese das Smartphone wieder zurückwollte, reagierte er nicht und gab auch bei einem Treffen der beiden an, es nicht zu besitzen. Erst bei einer Polizeikontrolle kam das Telefon wieder zum Vorschein und konnte zurückgegeben werden.
Staatsanwalt Florian Losert sprach in seinem Plädoyer die Zwiespältigkeit des Angeklagten an, der bei der Verhandlung einen gescheiten Eindruck machte, eine abgeschlossene Ausbildung hat und zuletzt einer geregelten Arbeit nachging.
Andererseits jedoch fügt der Mann, der demnächst aufgrund einer anderen Sache für mindestens ein Jahr und sechs Monate in den Knast muss, seinem Vorstrafenregister regelmäßig neue Fälle hinzu.
"Man hat das Gefühl, dass Sie jeden Tag durch die Gegend laufen und nur Straftaten begehen", sagte Losert. Bedenklich sei vor allem, dass der Angeklagte nicht wisse, warum er straffällig werde. "Eigentlich wirken Sie ja klar und strukturiert", betonte Losert, der acht Monate Haft forderte.
Richterin Tettmann verurteilte den Mann zu sieben Monaten Haft. "Und da sind Sie noch gut weggekommen. Sie hätten für jede Pizza zwei Monate kriegen können."