Kosten runter, Schlachtzahlen rauf. Den Leiter des Kulmbacher Schlachthofs, Dirk Grühn, ist gelungen, was kaum jemand für möglich hielt: Er hat das Defizit der städtischen Einrichtung drastisch reduziert und entwickelt Perspektiven für eine erfolgreiche Zukunft.
Geht nicht, gibt's nicht. Der Mann, der mit dieser Grundeinstellung Image und Umsatz des städtischen Schlachthofs aufpoliert und die Bilanz der Einrichtung in kurzer Zeit sensationell verbessert hat, ist Dirk Grühn. Als er im April 2009 die Leitung des übernahm, lag das jährliche Defizit bei knapp 500.000 Euro, 2013 waren es nur noch 67.000 Euro.
Ein Neubau stand lange auf der Wunschliste, war aber letztlich nicht finanzierbar. Es drohte die Schließung. Den Schlachthof dicht machen - das wollte Oberbürgermeister Henry Schramm kaber einesfalls, denn die Einrichtung ist ein wichtiger Baustein des Lebensmittelstandorts Kulmbach. Schramm warb deshalb 2010 beim Landkreis um finanzielle Unterstützung - und bekam sie.
Sparsam und effektiv
Seither bemüht sich Dirk Grühn unermüdlich um neue Kunden: "Wir haben ein Sanierungskonzept entwickelt, das sparsam und effektiv zugleich ist, und den Servicegedanken in den Mittelpunkt gestellt." Der Kulmbacher Schlachthof unterscheide sich von vielen anderen Betrieben durch die persönliche und individuelle Betreuung der Kunden: "Der Hausschlachter mit einem Schwein pro Jahr genießt die gleichen Rechte und Leistungen wie der Metzger, der 30 Schweine pro Woche schlachtet."
Schlachthof Kulmbach: Rundum-Service lockt Kunden by Infranken.de
Dieser Ansatz hat sich bewährt: Die Umsätze steigerten sich deutlich, neue Kunden wurden gewonnen - aus elf Landkreisen. 65 Betriebe und mehr als 500 Hausschlachter lassen derzeit in Kulmbach schlachten. Im Vergleich zu 2009 wurden im vergangenen Jahr 43 Prozent mehr Rinder geschlachtet (insgesamt 2639 Tiere), die Zahl der geschlachteten Schweine erhöhte sich um elf Prozent auf 211.552, bei Schafen und Ziegen gab es eine Steigerung um 116 Prozent auf 459 Tiere. Das schlägt sich auch in der wirtschaftlichen Bilanz nieder: Das Defizit sank von knapp einer halben Million auf 67.000 Euro.
Man sieht es Dirk Grühn an, wie sehr er sich über das Erreichte freut. Aber ausruhen will es sich auf diesem Ergebnis nicht: "Ich habe ein klares Ziel - die schwarze Null in der Bilanz. Und das schaffen wir auch."
Ganz ohne Investitionen war die Sanierung des Schlachthofs freilich nicht möglich: Die 30 Jahre alte Heizung wurde erneuert, ein Blockheizkraftwerk liefert nun Strom und Wärme. 65 Prozent Energiekosten werden dadurch eingespart. Außerdem wurden die Böden neu beschichtet, das Flachdach erneuert und die Schlachttechnik geändert, erzählt Grühn. Viele Arbeiten hat er mit seinem Team in Eigenleistung durchgeführt, um Geld zu sparen.
Gut aufgestellt dank Bio-Zertifikat
Mitten in der Sanierung zog Grühn eine Bio-Zertifizierung und ein Qualitätssicherungssystem durch: "Anfangs wurde diese Idee belächelt, weil alle dachten, mit dem alten Betrieb geht das nicht. Aber wir haben es auf Anhieb geschafft."
Damit war der Weg frei für die Schlachtung von Bio-Tieren, ein neues Geschäftsfeld, das Grühn sehr am Herzen liegt. Er konnte Geschäftspartner aus dem Alpenvorland gewinnen. Die in Kulmbach geschlachteten Bio-Tiere stammen aber alle aus der Region, keines wird länger als eine Stunde transportiert. Nur das Fleisch legt später weite Entfernungen zurück.
Bald auch Geflügel-Schlachtung?
Um die Erlöse zu verbessern, schmiedet Grühn Pläne für eine Erweiterung: Er würde in Kulmbach gerne eine Biogeflügel-Schlachtung anbieten. Dafür wären allerdings weitere Investitionen nötig - in eine kleine Geflügelschlachtanlage für 5000 bis 6000 Tiere pro Woche in einem separaten Gebäude. "Das ist noch nicht alles durchgerechnet und noch nicht entscheidungsreif, aber Tatsache ist: Wir könnten sofort anfangen. Die Nachfrage ist da."
Kulmbachs Stärke ist der Service: Dirk Grühn ist Tag und Nacht für seine Kunden da - und das ist durchaus wörtlich zu verstehen. Wenn ein Kunde sein Fleisch nicht abholen kann und es morgens um vier Uhr gerne geliefert bekäme - Grühn macht's möglich, setzt sich persönlich ans Steuer des eigens angeschafften Liefer-Lastwagens und bringt das Gewünschte.
Lieferservice kommt gut an
Seit September 2012 gibt es den Lieferservice, der bei den Kunden gut ankommt. Sie schätzen außerdem die Flexibilität bei den Anlieferungs- und Abholzeiten und den familiären Umgangston. "Wir tun alles, damit die Kunden zufrieden sind."
Diese sind denn auch voll des Lobes - über die Dienstleistungen des Schlachthofs und über seinen tatkräftigen Chef. "Das ist ein richtiger Anpacker, der sich sehr für seine Kunden engagiert und alle möglich macht", sagt Uwe Krautz. Der Geschäftsführer der Metzgerei Lauterbach ist froh, dass der Schlachthof sich so positiv entwickelt hat: "Die Stadt hat den Weg geebnet, aber erreicht hat das Dirk Grühn."
Freude macht das einstige Sorgenkind inzwischen auch Oberbürgermeister Henry Schramm. Grühn sei "ein Praktiker mit Herz und Verstand", der seinen Betrieb von A bis Z kennt und überall zupackt. Das Konzept, alle Kunden "erster Klasse" zu behandeln, habe sich bewährt. "Wir haben ohne Millionen-Investitionen unseren Schlachthof saniert und können den heimischen Metzgern ein gutes Angebot machen."
An diesem Modell hätte sich die Stadt Coburg einmal ein Beispiel nehmen können, anstatt alles verlottern zu lassen und die vielen Metzger nun mit dem Knall auf Fall geschlossenen Schlachthof allein zu lassen.
Aber über den Tellerrand zu schauen war noch nie die Stärke Coburger Politiker.