Ein Unbekannter hat kurz vor den Osterfeiertagen die Umrisse der Figur auf dem Samelstein mit schwarzem Strich nachgezogen. Vertreter der Interessengemeinschaft wollen versuchen, die Linien bis zum Fest am 1. Mai zu tilgen.
Der Unbedarfte könnte für einen kurzen Moment denken: Durch diese Hilfslinien gewinnt die kaum noch wahrnehmbare Figur auf dem Samelstein ja wieder richtig Kontur. Ein Unbekannter hatte kurz vor den Osterfeiertagen die Umrisse der so genannten Mann-Rune auf dem Stein nachgezogen und anschließend die Kirchleuser Platte geputzt. Offenbar unerkannt, denn Hinweise auf den "Zeichner" gibt es bislang keine.
Neuer Substanzverlust befürchtet
Für Experten wie Plassenburg-Kastellan Harald Stark ist das, was nach ein paar harmlosen Strichen aussieht, Grund zur Besorgnis. "Als ich den Schlamassel sah, bin ich aus allen Wolken gefallen. Man muss ja noch von Glück reden, dass derjenige keine Ölfarbe benutzt hat, sondern einen Kohle- oder Grafitstift.
Nichtsdestotrotz: Jede Reinigung an dem Flurdenkmal ist automatisch verbunden mit weiterem Substanzverlust.
Und wer weiß, wie sehr dieses nicht nur für die Region einmalige Stück schon gelitten hat, der weiß, dass jeder Millimeter weniger schon einer zu viel ist." Die vielen Jahrhunderte im Freien haben dem Flurdenkmal sichtlich zugesetzt, sagt Stark. "Die Oberfläche ist stark verwaschen, die einst plastisch aus dem Stein heraustretende Figur kaum noch erkennbar. In den vergangenen Jahren kam noch der Saure Regen dazu. Der Stein hat eine blättrige Struktur. Regenwasser dringt ins Innere, bei Frost springt er auf." Ein Restaurator in Bamberg habe zwar die Risse verschlossen, aber auch die eingebrachte Masse wittere aus.
Da helfe, so Stark, auch das Dach nichts, das die "Interessengemeinschaft Samelstein" dem Objekt gespendet hatte, als es im Oktober 2011 zurückkehrte an seinen Platz zwischen Kirchleuser Platte und Knock. Raus aus dem Landschaftsmuseum Obermain auf der Burg, rein in die Flur.
Stark war einer derjenigen, die sich gegen die "Auswilderung" ausgesprochen hatten. "Der Stein ist vermutlich 800 Jahre alt oder älter. So ein Kulturgut gehört in die Obhut eines Museums, wo es nicht dem weiteren Verfall preisgegeben wird. Oder eben Vandalismus."
"Rückkehr war und ist richtig"
Das sahen die Vertreter der IG Samelstein anders. Sie haben vehement für eine Rückkehr des Denkmals in die Natur gestritten und letztlich gesiegt. Hat nun, nach der Stift-Attacke, ein Umdenken eingesetzt? "Nein, die Rückkehr war und ist richtig", sagt Helmut Münch. Der Schimmendorfer ist IG-Mitglied und hat sich den Stein angesehen. "Da hat sich vielleicht jemand einen Scherz erlaubt. Aber das muss das Denkmal aushalten. So wie das aussieht, sind die Linien mit einem Zimmermannsbleistift oder mit Holzkohle aufgetragen."
Vor der morgigen 13.
Auflage des "Samelstein-Fests" will Münch die Sache angehen. "Vielleicht gehen die Striche leicht mit Radiergummi weg, vielleicht genügt ein Spritzer Pril." Man werde, so der Schimmendorfer, vorher einen Experten für Sandstein zu Rate ziehen. "Wir gehen vorsichtig vor, es soll ja nichts beschädigt werden."
Der Samelstein: von slawischen Edlen, Entführungen und roher Gewalt