Rätsel um Kulmbacher Fratze mit der Büttnermütze

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Der Maskenstein am Anwesens Fischergasse 38 deutet darauf hin, dass sich hinter den Mauern einmal ein Bierkeller befand. Foto: Erich Olbrich
Der Maskenstein am Anwesens Fischergasse 38 deutet darauf hin, dass sich hinter den Mauern einmal ein Bierkeller befand. Foto: Erich Olbrich
Das Fratzengesicht schaut gar nicht mal so böse ... Foto: Erich Olbrich
Das Fratzengesicht schaut gar nicht mal so böse ... Foto: Erich Olbrich
 

Was hat ein unscheinbarer Stein in der Fischergasse mit dem Kulmbacher Bierfest zu tun? Die Antwort lesen Sie hier.

Über dem Kellereingang des Anwesens Fischergasse 38 erkennt der aufmerksame Beobachter einen bärtigen Männerkopf. Dieser trägt eine Kopfbedeckung in einer Hutform, wie sie heute noch von der Tanzgruppe der Kulmbacher Büttner getragen wird.

Gegenstück zu Bacchus

Die an die Stirnseite eingemeißelte Verzierung zeigt nach links und rechts weisende Getreideähren und in der Mitte drei Hopfenblüten. Das ist ein deutlicher Hinweis auf den Verwendungszweck als Bierkeller.

Es könnte sich um die Darstellung des legendären Königs Gambrinus handeln, der als Erfinder des Bierbrauens angesehen wird. Er wird auch als Gegenstück zu dem Weingott Bacchus angesehen.

Schutz vor finsteren Mächten

Gambrinus ist allerdings nicht der Schutzheilige der Brauer, dies ist St. Arnold nach Arnulf von Merz (etwa 582 bis 640). Von diesem stammt auch der Ausspruch: "Durch des Menschen Arbeit und die Liebe Gottes erblickt Bier das Angesicht der Welt."

Um das Böse abzuwehren, ließen Bauherren oft Köpfe von Tieren, Menschen oder fabelhaften Ungeheuern aus Stein oder Holz an den Türen anbringen. So ein Maskaron sollte nach Volkes Glaube Unheil und Böses abwehren. Die finsteren Mächte und Geister sollten den Bewohnern in den solcherart geschützten Gebäuden nichts neiden und nicht gegen sie aufgebracht werden.

Der Maskaron wird normalerweise als schreckenerregendes menschliches Antlitz dargestellt. Der in der Fischergasse runzelt zwar etwas die Stirn, aber darunter befinden sich kräftige, intelligente, beobachtenden Augen, die Lippen verraten ein leichtes Lächeln. Vielleicht wussten Bauherr und Steinmetz schon damals, was moderne Forscher festgestellt haben: Bier macht glücklich. Dafür ist nicht der Alkohol zuständig, sondern das im Gerstenmalz vorkommende Hordenin. Weitere Studien belegen darüber hinaus, dass Bier die Gehirnleistung verbessert.

Bier mach intelligent

Da freut sich unser Biermaskaron bestimmt auf die glücklichen und intelligenten Besucher des Kulmbacher Bierfests.

Die zeitliche Datierung des sogenannten Maskensteins (auch Maskaron = Fratzengesicht) fällt in die Mitte des 19. Jahrhunderts. Dementsprechend dürften hier um 1850 das Kellerhaus und nebenan das Brauhaus des Georg Sandler entstanden sein.

Georg Sandler war der älteste Sohn von Lorenz Sandler. 1870 verstarb er im Alter von nur 39 Jahren. Seine Frau Margaretha führte das Unternehmen fort und war neben Margaretha Reichel die zweite Frau in dieser Zeit, die nach dem Tod des Mannes den Betrieb zur vollen Größe brachte.

Wein bis zum Abwinken

In den letzten Kriegstagen blieb der Felsenkeller den Kulmbachern aber auch als Weinkeller in Erinnerung. Kurz vor dem Einmarsch der Amerikaner, am 13. April 1945, stellte man die großen Weinfässer vor den Keller. Jeder bekam fünf Liter Wein für drei Mark, die Menschen standen Schlange, bewaffnet mit Eimern, Bottichen und den unmöglichsten Gefäßen.

Mancher kam sogar dreimal vorbei. Größer als die Angst vor Tieffliegern war das Verlangen nach dem seltenen Trank.