"Ein bisschen verrückt muss man sein"
Langweilig sei ihm die Aufgabe nie geworden, sagt Kühne, der von seiner früheren Tätigkeit als Wissenschaftler an der Bundesanstalt für Fleischforschung (heute Max-Rubner-Institut) an akribische Forschungsarbeit gewöhnt ist. "Aber ein bisschen verrückt muss man schon sein, um so etwas zu machen."
Beide Bücher gedruckt in Händen zu halten, das erfüllt den Autor schon mit einem gewissen Stolz. "Es ist schön, wenn man etwas Bleibendes schaffen kann, von dem Generationen profitieren können." Kulmbach sei seit 50 Jahren seine Heimat, für die er das gerne tun wollte.
Zu einem wertvollen Nachschlagewerk werden die Bücher dadurch, dass Ditmar Kühne die Angaben aus den Kirchenbüchern durch verschiedene andere Quellen und Sekundärliteratur ergänzt hat. Um die Vernetzung der Familien über die Heiratsbeziehungen hinaus deutlich zu machen, hat er sämtliche Patenschaften einbezogen.
Auch da gibt es Staunenswertes. Den Taufeintrag des Carl Adam Joseph Friedrich aus dem Jahr 1687 zum Beispiel, der sensationelle 32 Paten hat - nicht irgendwelche Leute, sondern bekannte Namen aus bestem Hause. Die Namen Giech, Guttenberg und Künßberg sind darunter. Der Eintrag im Kirchenbuch ist ungewöhnlich umfangreich, erklärt jedoch so viel Prominenz zur Taufe nicht. Friedrich war ein polnischer Jude, dessen Alter mit ungefähr 20 Jahren angegeben wird. Die Konvertierung eines Juden scheint jedenfalls ein besonderes Ereignis gewesen zu sein.
Im zweiten Teil der Publikation hat Ditmar Kühne den zeitgleichen Teil aus dem bisher unveröffentlichten Häuserbuch des Stadtarchivs wiedergegeben, das die Besitzerfolge der einzelnen Häuser aufschlüsselt. Das Jahr 1700 als Abschlussjahr des Buches ist übrigens nicht zufällig gewählt. Für den evangelischen Teil Oberfrankens markiert dieses Jahr den Übergang vom Julianischen zum Gregorianischen Kalender.
Wird es noch ein drittes Buch als Fortsetzung geben? In dieser Form nicht, "das wird mir dann doch zu viel". Aber spätere Daten sind ebenfalls verfügbar, auch mit Kühnes Hilfe. Die Ahnenpässe und Familien-Stammbücher aus der Zeit vor 1945, die im Dritten Reich zur Notwendigkeit geworden waren, reichen vier Generationen und damit etwa bis 1800 zurück. So blieb noch eine Lücke von 1701 bis 1800, die Ditmar Kühne in einer online verfügbaren Dokumentation geschlossen hat. "Dafür habe ich alle Hochzeiten in diesem Zeitraum erfasst. Das Ganze ist online verfügbar."
Im neuen Buch finden sich auch zahlreiche Abbildungen: Portraits und Kupferstiche der evangelischen Pfarrer, Bilder von von Grabplatten und Epitaphen, aktuelle Bilder etlicher alter Häuser.
Wertvoll für jeden, der forscht
Kühnes Dokumentationen sind äußerst wertvoll - auch für das Kulmbacher Stadtarchiv. Erich Olbrich, selbst Heimatforscher, hat oft mit Anfragen zur Erbenermittlung oder Ahnenforschung zu tun. "Wir haben unsere standesamtliche Bücher ab 1878. Alles, was vorher war, findet sich nur in den Kirchenbüchern, und die sind nicht allgemein zugänglich. Die Ortsfamilien- und Häuserbücher sind da eine echte Hilfe."
Bücher Die Ortsfamilien- und Häuserbücher für Kulmbach sind in einer Auflage von zunächst 200 Exemplaren von der Gesellschaft für Familienforschung in Franken herausgegeben. Band eins ist für 33 Euro, Band zwei für 45 Euro im Buchhandel zu haben.
Online Wer sich für die Einträge von 1701 bis 1800 interessiert findet diese online unter der Adresse:
https://ofb.genealogy.net/kulmbach/