Brutale Entführung in Kulmbach: Auf offener Straße überfallen und mit Messer verletzt
Autor: Redaktion, Agentur dpa, Stephan Tiroch
Kulmbach, Dienstag, 17. Sept. 2019
Ein Mann wurde in der Nähe des Kulmbacher Bahnhofs entführt. Mit einem Messer stachen die vier mutmaßlichen Täter auf ihn ein und erpressten Geld von der Familie des Opfers. Am Montagmorgen begann der Prozess in Bayreuth.
So eine Geschichte - sie spielt im Schleusermilieu - kennt man sonst nur aus dem Krimi. Auf offener Straße wurde vor elf Monaten in Kulmbach ein Mensch in ein Auto gezerrt und entführt. Jetzt wird der Fall vor dem Landgericht Bayreuth aufgerollt: Es geht um erpresserischen Menschenraub, schweren Raub und gefährliche Körperverletzung. Angeklagt sind vier junge Männer - alle Iraner.
Es war schon dämmrig, als am Abend des 27. Oktober ein schwarzer BMW in Kulmbach vorfuhr. In dem Wagen mit Kölner Kennzeichen saßen die vier Iraner. Sie suchten einen Landsmann, der ein Schleuser sein soll. Von ihm wollten sie laut Anklageschrift Geld haben: 5000 und 10 000 Euro aus missglückten Schleusergeschäften.
Kontaktmann wartet
Bei McDonald's in Kulmbach traf man einen Kontaktmann. Er wusste, wo der Gesuchte wohnte. Um 18.30 Uhr kreuzten die vier Iraner in der Kronacher Straße auf. Nach kurzer Wartezeit kam der Betreffende zusammen mit einem Freund auf die Straße. Es muss einen heftigen Wortwechsel gegeben haben. Die Stimmung war aufgeheizt. Schließlich eskalierte die Situation - beobachtet von mehreren Zeugen.
Der Schleuser wehrte sich, wurde aber von einem der Besucher geschnappt. Der Bodybuildingtrainer (24) aus Braunschweig schob ihn zum Wagen. Mit einem Messer und einem Stich in den Oberschenkel half ein zweiter Iraner (34) beim Einsteigen nach. Dessen Bruder (32) steuerte den Wagen schnurstracks auf die Autobahn. Ab ging es nach Westen.
Ein PKK-Terrorist?
Unterwegs soll es im Auto sehr laut geworden sein. Es sei geschrien und gestritten worden, gab der vierte Angeklagte (29) vor Gericht an. "Ich hatte große Angst", sagte er. Denn der Schleuser sei ein übler Bursche: ein PKK-Terrorist mit 30 Jahren Knasterfahrung. Deshalb habe er sein Jagdmesser - inklusive Holzgriff 30 Zentimeter lang - mitgenommen und dem Mann auch einmal mit der stumpfen Seite auf den Kopf geschlagen, als er sich von ihm bedroht fühlte.
Der Geschädigte erlitt, so Staatsanwältin Janina Leinhäupl, "einen leichten Schnitt am Hals, eine nicht blutende Stichwunde am Oberschenkel, eine blutende Verletzung an der Hand, mehrere Prellungen und nicht nur unerhebliche Schmerzen". Während der Fahrt habe man Angehörige und Freunde des Mannes angerufen und Geld gefordert. Andernfalls werde er bestraft. Nach drei Stunden sei er in Offenbach freigelassen worden. Der Fahrer des Wagens habe gedroht, dass man ihm ins Bein schießen werde, wenn er nicht zahlt.
Eine Entführung auf offener Straße? Im kleinen Kulmbach? Zur Aufklärung des Falles hat die 1. Strafkammer des Landgerichts Bayreuth fünf Verhandlungstage angesetzt. Den Iranern wird schwerer Raub in Tateinheit mit erpresserischem Menschenraub in drei tateinheitlichen Fällen und gefährlicher Körperverletzung vorgeworfen.