OB-Stichwahl in Kulmbach: Verdacht der Wahlmanipulation
Autor: Stephan Tiroch
Kulmbach, Donnerstag, 26. März 2020
Oberbürgermeisterwahl in Kulmbach: Im Vorfeld der Stichwahl wurden geschredderte Wahlunterlagen im Bauamt der Stadt gefunden. Die Kripo ermittelt.
Was ist bloß los in der Stadt Kulmbach? Erst ermittelte die Staatsanwaltschaft gegen Oberbürgermeister Henry Schramm (CSU) wegen mehrerer Grundstücksgeschäfte und anderer Vorwürfe. Das Verfahren wurde, wie berichtet, eingestellt. Und jetzt - vor der OB-Stichwahl am Sonntag - ein Skandal: Wahlfälschung? Angeblich wurden ausgefüllte Stimmzettel der Briefwahl vernichtet. Wie ein Polizeisprecher bestätigte, ermittelt die Kripo Bayreuth.
Bei der Stichwahl treten der amtierende Oberbürgermeister und Ingo Lehmann (SPD) an. Schramm hatte im ersten Wahlgang 45,54 Prozent der Stimmen erhalten, Lehmann 35,46. Weil beide die absolute Mehrheit verfehlten, muss die Stichwahl entscheiden.
Stichwahl nur per Briefwahl
Wegen der Coronakrise und dem angeordneten Versammlungsverbot wurde von der Staatsregierung festgelegt, dass sämtliche Stichwahlen in Bayern per Briefwahl durchgeführt werden. Deshalb wurden an die zirka 21.500 Wahlberechtigten in Kulmbach Briefwahlunterlagen versandt. Bis wann Sie ihre Briefwahlunterlagen spätestens einwerfen müssen, lesen Sie hier.
Nun muss sich der Staatsanwalt erneut mit dem Kampf ums Kulmbacher Rathaus beschäftigen. Am Mittwochabend fand ein Polizeieinsatz in einem Verwaltungsgebäude der Stadt Kulmbach im Oberhacken statt, wo Wahlbriefe gelagert wurden. Wie ein Passant beobachtete, fuhren mehrere Polizeifahrzeuge im Oberhacken vor.
Laut Polizeisprecher Alexander Czech wurden am Mittwochabend Beweismittel sichergestellt. "Es laufen Ermittlungen. Nach ersten Erkenntnissen sollen einige Briefwahlunterlagen vernichtet worden sein", sagte er auf Anfrage der BR. Es gebe noch keine gesicherten Erkenntnisse. "Wir befinden uns im Anfangsstadium der Ermittlungen, wir haben einen Anfangsverdacht." Von Polizei und Staatsanwaltschaft, so Czech, werden Briefwahlunterlagen überprüft und Vernehmungen durchgeführt.
Ermittlungen zur Wahlmanipulation laufen
Weitere Einzelheiten waren nicht zu erfahren. Fragen, wie die Polizei auf die mögliche Wahlmanipulation aufmerksam wurde oder ob es Tatverdächtige gibt, blieben mit dem Hinweis auf laufende Ermittlungen unbeantwortet.
Inzwischen liegt unserer Redaktion ein Schreiben von Uwe Angermann, städtischer Wahlleiter, vor, das er an die Vorsitzenden der Stadtratsfraktionen richtet. Darin informiert er darüber, dass er am Mittwoch Abend selbst dem Verdacht nachgegangen sei und er einen Plastiksack, gefüllt mit verschiedenen Altpapieren, aber auch Schredderschnitzeln, habe von drei Mitarbeitern sicherstellen lassen. Von der Farbgebung, so Angermann, habe man Rückschlüsse ziehen können, dass es sich um aktuelle Wahlbriefe handeln können.