Die Kulmbacher Ärzte GbR ist sauer auf das Klinikum. Gemeinsam sollte ein Medizinisches Versorgungszentrum gegründet werden. Dazu kam es aber noch nicht. Jetzt werfen die niedergelassenen Partner dem Klinikum einen Alleingang vor.
Wie sieht die Zukunft der ambulanten medizinischen Versorgung im Landkreis Kulmbach aus? Für niedergelassene Fach- und Allgemeinärzte ist es in den vergangenen Jahren immer schwieriger geworden, Nachfolger zu finden. Um die vorhandenen ärztlichen Strukturen zu erhalten, haben Ärzte und Klinikum 2010 ein innovatives Kooperationsprojekt vereinbart: die Gründung eines gemeinsamen Medizinischen Versorgungszentrums, kurz MVZ.
Die Zusammenarbeit niedergelassener Ärzte mit einem örtlichen kommunalen Krankenhausträger im "Kulmbacher Modell" galt damals als zukunftsweisend. Schon im April 2012 sollte das MVZ seine Tätigkeit aufnehmen, doch daraus wurde nichts.
Das Projekt liegt auf Eis, und die Ärzte geben die Schuld dafür dem Klinikum.
Das Licht "ausgeknipst"? Das einstige Leuchtturmprojekt sei "ausgeknipst", die Ärzte vom Klinikum ausgebootet worden, heißt es in einer Pressemitteilung der Kulmbacher Ärzte GbR, der Gesellschaft aus Hausarzt- und Facharztpraxen, die 32 Ärzte für die Partnerschaft mit dem Krankenhaus gegründet hatten und deren Sprecher Gernot Petzold ist. "Die kommunale Krankenhausgesellschaft hat sich absprachewidrig einen weiteren Facharztsitz einverleibt", kritisiert Petzold. "Das Kulmbacher Modell ist tot!"
Was genau ist da vorgefallen? Mit Billigung der ärztlichen Partner hatte das Klinikum einen internistischen und einen neurologischen Arztsitz gekauft und in das bereits seit rund sechs Jahren bestehende klinikumseigene MVZ integriert - mit der Option, beide später an das gemeinsame MVZ zu
übertragen. Vor kurzem kam noch ein urologischer Sitz dazu, den allerdings nicht das Klinikum, sondern ein dort tätiger Arzt gekauft hat. "Absprachewidrig", sagt Gernot Petzold, "völlig korrekt", meint dagegen Klinikums-Geschäftsführer Herbert Schmidt.
Schmidt weist darauf hin, dass der Aufsichtsrat der für das gemeinsame MVZ gegründeten Träger-GmbH am 13. Dezember über diesen Schritt informiert wurde und Aufsichtsratsvorsitzender Petzold damals keine Einwände vorgebracht habe. Auch hier sei die mögliche Überführung des Arztsitzes in das künftige neue MVZ geplant.
Schmidt versteht deshalb die Aufregung seitens der niedergelassenen Ärzte nicht. "Uns ist sehr an einer guten Zusammenarbeit mit den niedergelassenen Ärzten gelegen.
Wir haben deshalb in unserem eigenen MVZ nur Fachrichtungen, die nicht in Konkurrenz zu ihnen stehen." Man habe sogar gezielte Angebote, Arztsitze zu kaufen, ausgeschlagen.
Petzold bezweifelt, dass das Klinikum die Absicht hat, die bereits gekauften Arztsitze in das gemeinsame MVZ zu überführen. Er mutmaßt, dass das Krankenhaus nur eigene wirtschaftlichen Interessen verfolge und die Betten auslasten wolle.
Schmidt weist Vorwürfe zurück Eine Argumentation, die Herbert Schmidt zurückweist. "Die Notwendigkeit ist nicht da, denn unser Haus ist überdurchschnittlich gut belegt. Wir haben einen anerkannten Bedarf von 450 Betten.
Davon stehen aktuell 420 zur Verfügung, und wir haben immer noch Patienten in Vierbett-Zimmern, weil wir sie nicht anders unterbringen."
Dass das MVZ im Planungsstadium stecken geblieben ist, hat verschiedene Ursachen, die beide Partner nur bedingt beeinflussen können. Zunächst machte eine Änderung des Versorgungsstrukturgesetzes 2012 die geplante Organisation unmöglich. Dann verzögerte sich der Bau des Ärztehauses, der warten muss, bis die Frage des Parkhauses am Klinikum endgültig geklärt ist. Schmidt: "Wir können die Parkplatzsituation nicht zusätzlich verschärfen."
Geht es nach Herbert Schmidt, könnte das gemeinsame MVZ in zwei Jahren realisiert werden. Auch Petzold und seine Kollegen möchten das Projekt eigentlich nicht sterben lassen. Doch von den einst 32 beteiligten Ärzten sind jetzt nur noch 19 übrig.
Die anderen seien inzwischen abgesprungen, so der Ärztesprecher: "Für die Patienten ist es immer gut, wenn ambulante und stationäre Medizin zusammenarbeiten. Das klappt aber nur, wenn die Partner gleichberechtigt sind."
Notfalls ein MVZ ohne Klinikum Klappt es gemeinsam nicht, müssten die Ärzte sich überlegen, ein eigenes MVZ zu gründen. "Wir brauchen das Klinikum dazu nicht unbedingt." An einer vertrauensvollen Kooperation ist Landrat Klaus Peter Söllner (FW), Vorsitzender des Zweckverbands Klinikum Kulmbach gelegen. Wir sind gesprächsbereit, aber in der konkreten Situation war das Projekt schwierig zu verwirklichen." Für die politisch Verantwortlichen habe die Versorgung der Patienten absolute Priorität, sagt sein Stellvertreter, Oberbürgermeister Henry Schramm CSU): "Wir sitzen alle in einem Boot, und wenn alle in eine Richtung rudern, dann läuft es auch
gut."
Die Entwicklung des "Kulmbacher Modells"
2010 Erste Gespräche für das Projekt, das von der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB) und der Bayerischen Krankenhausgesellschaft (BKG) positiv begleitet wird.
2011 Fachärzte, Hausärzte und Klinikum sind sich einig. Es kommt zur Gründung der Träger-Gesellschaft für das MVZ. 32 Ärzte machen mit.
2012 Der geplante Betriebsstart des MVZ verschiebt sich. Eine Änderung der Bundesgesetze erfordert neue Strukturen für die Trägerschaft.
2013 Noch immer sind die rechtlichen Rahmenbedingungen unklar: Das MVZ erfüllt noch nicht die Zulassungsvoraussetzungen.
2014 Die Kulmbacher Ärzte GbR erklärt das Modell nach Unstimmigkeiten wegen des Ankaufs eines Praxissitzes für gescheitert.