Landwirt Hermann Grampp und Jagdberater Harald Höhn brechen gemeinsame eine Lanze für ein besseres Miteinander zwischen Landwirten und Jägern. Denn nur durch Kommunikation lassen sich "Mäh-Opfer" vermeiden.
Verärgert und zugleich betroffen haben Landwirt Hermann Grampp und der stellvertretende Jagdberater des Landkreises Kulmbach Harald Höhn, der zugleich das Revier Jarosch betreut, die Berichterstattung über die zermähten Rehkitze verfolgt. "Uns schockt auch die Gleichgültigkeit. Aber es sind immer nur wenige schwarze Schafe", sagt Grampp. Er hat auf seinem Hof bei Melkendorf hundert Milchkühe. Und das Gras muss Anfang Mai geschnitten werden, denn zu diesem Zeitpunkt ist der Eiweißgehalt am besten. Mit jedem Tag, an dem das Gras höher wird, verliert es an wertvollem Eiweiß. "Es ist schon immer früh im Jahr gemäht worden. Und das ist auch kein Nachteil. Denn wenn wir Landwirte früher mähen, dann ist der Bewuchs nicht so hoch - und man findet die Jungtiere leichter", erklärt Grampp.
Persönlich bewirtschaftet Grampp rund 65 Hektar Wiesen und 25 Kleegras. In seinem Bereich tendieren die Wildunfälle gegen Null. "Ich rede schon eine Woche vorher mit dem Jagdpächter. Der Jäger muss Bescheid wissen, wenn ich mähen will", sagt Grampp und kann nur allen anderen Landwirten dies auch empfehlen: Miteinander reden, planen - das rettet Leben.
Harald Höhn kennt verschiedene Methoden, wie er die Rehkitze und jungen Hasen rechtzeitig vor der Mahd aus den Wiesen bekommt. Persönlich geht er mit seinem Hund durch "gefährdete" Wiesen, in denen sich Jungtiere verstecken könnten. "Aber betroffen sind nur Wiesen, die in Waldnähe sind, ruhig gelegene Wiesen und Wiesen mit dichtem Gras", sagt Höhn. "Ich suche die Wiesen, in denen ich Wild vermute, einen halben Tag vorher ab", sagt Höhn. Wenn er auf Rehkitze trifft, die noch nicht selbst aus der Wiese laufen, dann trägt er sie auf dem Arm hinaus. "Wichtig ist, dann man viel Gras nimmt, das Kitz nicht direkt anfasst", zeigt Höhn.
Aber auch, wenn man die Kitze nicht auf den ersten Blick findet, gibt es eindeutige Anzeichen, dass Kitze versteckt in der Wiese sind: immer dann, wenn erwachsene Rehe nicht aus der Wiese verschwinden, sondern immer wieder zurückkommen. "Wenn ich sehe, dass ein Reh nur kurz in Deckung geht und ich mähe, dann höre ich sofort auf, denn dann weiß man schon, dass ein Kitz in der Wiese ist", sagt Grampp.
"Eigentlich ist jetzt die kritische Zeit schon fast vorbei", erklärt der Landwirt. Denn ab Juni sind die Kitze bereits so weit entwickelt, dass sie selbständig aus der Wiese laufen können. "Wichtig ist einfach ein respektvolles Miteinander. Jäger und Landwirte müssen miteinander reden", sagt Grampp. Weil Hermann Grampp selbst Jagdvorstand in Melkendorf ist, hat er für die Anliegen der Jäger Verständnis und will aktiv dazu beitragen, dass auch andernorts das Miteinander verbessert wird: "Man muss ehrlich sagen, dass man als Landwirt eigentlich gar nicht alle Flächen absuchen muss. Der Anteil der Flächen, in denen Wild vorkommen könnte, sind vielleicht 25 Hektar, aber eigentlich kann ich die Flächen sogar auf zehn Hektar eingrenzen."
Grampp betont, dass auch die Landwirte kein Interesse daran haben können, dass Tiere bei der ersten Mahd getötet werden. Denn Tierreste können Botulismus fördern. "Wir brauchen ein neues Bewusstsein und wir brauchen bessere Kommunikation", sagt Grampp.
Doch was sagt der Maschinenring zu der Aufregung über tote Rehkitze? Geschäftsführer Werner Friedlein vom Maschinenring betont, dass es natürlich vorkommen kann, dass Rehkitze "erwischt" werden. "Man muss immer sehen, dass es früher 10 000 Beschäftigte in der Landwirtschaft gab, heute nur noch 2000", so Friedlein. Und natürlich sind die Maschinen, mit denen die Felder und Wiesen bewirtschaftet werden, größer und schneller geworden. Entschärft werden kann die Situation aber nur durch Vorab-Kommunikation zwischen Jagdpächter und Landwirt. "Wenn Lohnunternehmer kommen, dann können die nicht erst die Wiesen absuchen", sagt Friedlein. Denn dann drängt die Zeit.
Nicht viel hält Friedlein von Versuchen mit Drohnen und Wärmebildkameras. "Da sind ja drei Leute nötig, um dann zu reagieren: einer, der die Drohne fliegt, einer der die Wärmebildkamera überwacht und einer, der dann die Kitze aus der Wiese holt", sagt Friedlein und wendet ein, dass dadurch immense Kosten entstehen würden. "Und ein Garant ist das auch nicht", so der Geschäftsführer es Maschinenrings.
Doch tatsächlich gibt es viele Methoden, die Mähunfälle verhindern können. Am Abend vor der Mahd steckt Harald Höhn oft auch Stecken mit weißen Säcken in die Wiesen, die gemäht werden sollen. Die Rehgeißen führen ihre Kitze dann aus den Wiesen heraus. "Aber man muss eben Bescheid wissen", sagt Höhn.
Das Problem, dass sich Kitze ins Gras ducken und bis zuletzt liegen bleiben, ist übrigens bald gebannt. Denn zum zweiten Schnitt sind die jungen Rehe schon so weit entwickelt, dass sie selbst aus der Wiese laufen. Und auch beim dritten und vierten Schnitt treten kaum noch Wildunfälle auf.