"Macht der Nacht": Streit um Hitler und Stalin hat Folgen

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"Die Macht der Nacht": Bei der Party in der Mönchshofhalle, wo sich Hunderte vergnügten und in den Mai reinfeierten, gab es eine Schlägerei, die am Donnerstag ein Nachspiel vor Gericht hatte. Foto: eraffe
"Die Macht der Nacht": Bei der Party in der Mönchshofhalle, wo sich Hunderte vergnügten und in den Mai reinfeierten, gab es eine Schlägerei, die am Donnerstag ein Nachspiel vor Gericht hatte. Foto: eraffe

Über die Auseinandersetzung bei der Party in der Mönchshofhalle musste sich das Gericht mehrere Versionen anhören. Aber auf Notwehr konnte sich der Angeklagte nicht berufen.

Was sich in jener Nacht genau abgespielt hat, wussten die Beteiligten nur noch bruchstückhaft. Es soll bei dem Vorfall, der am Donnerstag vor dem Amtsgericht Kulmbach zur Sprache kam, um Hitler und Stalin gegangen sein. Dann kam eine Bierflasche ins Spiel, die auf dem Kopf eines 30-jährigen Mannes zerbarst. Obwohl das Opfer weder Schmerzen verspürte, noch einen nennenswerten Schaden davontrug, brachte der Griff zur Flasche dem Täter eine Anklage wegen gefährlicher Körperverletzung ein.

Tatort Toilettenwagen


Was war geschehen? Bei der "Macht der Nacht" auf dem Mönchshofgelände hatten Hunderte von jungen Leuten mit lauter DJ-Musik in den 1. Mai reingefeiert. Die Beteiligten an der reichlich undurchsichtigen Angelegenheit hatten jedoch das Motto des Abends verwechselt: Bei ihnen hieß es die "Macht des Alkohols", was die jetzigen Gedächtnislücken und abweichenden Aussagen erklärt. Unstrittig war der Tatort: der Toiletten wagen. Dort - direkt beim Wasch becken - gerieten sich der 30-Jährige, der nicht nur Opfer war, und der 28 Jahre alte Angeklagte in die Haare.

Warum es losging? Der Täter, der den Schlag mit der Flasche einräumte, lieferte die Version, dass sein Kontrahent und dessen Begleiter Hitler verherrlicht hätten. Er habe sich eingemischt und Hitler und Stalin als "die schlimmsten Menschen" bezeichnet - und schon ging die Rangelei los.
Beide wälzten sich am Boden, und der 30-Jährige soll versucht haben, ihm "die Augen auszudrücken", so der Angeklagte. Er habe, als der Mann von seinem Begleiter weggezogen wurde, in seiner Angst zugeschlagen - eben mit der Bier flasche.

"Nee, überhaupt nicht", antwortete das Opfer auf die Fragen der Richterin, ob der Schlag weh tat und ob die Schmerzen hinterher lange anhielten. "Es war nur ein Kratzer am Kopf, musste nicht mal genäht werden."

Neffe wurde ermordet


Der Zeuge war damals stern hagelvoll - fast zwei Promille - und konnte sich jetzt nur noch schemenhaft erinnern. Das Gesicht des Angeklagten erkannte er nicht, aber er war sich sicher: Über Hitler habe nichts gesagt, "das geht gar nicht". Er sei extrem schlecht drauf gewesen, weil kurz zuvor sein Neffe ermordet worden war. Deshalb könne es sein, dass er vielleicht aggressiv gewirkt habe, sagte der Mann, der viele Jahre Kick boxen betrieben hatte. Er habe kein Interesse daran, dass der Angeklagte bestraft wird. Man habe schon auf der Polizeiwache ausgemacht, sich gegenseitig nicht anzuzeigen.

Der angebliche Begleiter des Opfers bestritt, den 30-Jährigen vorher überhaupt gekannt zu haben. Er sei zufällig in die Sache reingezogen worden, weil er seinerzeit in der Toiletten kabine ein Geschäft verrichtete. Er habe von dem Streit nichts mitbekommen, weil es sehr laut war. Erst als das Glas klirrte, sei er rausgekommen und habe sich um den Mann gekümmert, dessen Gesicht blutverschmiert war. Um seiner Aussage Nachdruck zu verleihen, sagte der Zeuge, dass er völlig nüchtern war - was ein Polizist ganz anders in Erinnerung hatte: "Alle waren angetrunken." So wurden auch beim Angeklagten 1,43 Promille festgestellt. Allerdings machte er bei der Blutentnahme im Krankenhaus einen klaren und beherrschten Eindruck. "Nüchtern hätte ich bestimmt anders reagiert", räumte er vor Gericht ein.

Anwalt plädiert auf Freispruch


Sein Verteidiger Harald Hübner regte die Einstellung des Verfahrens an. Denn: "Der tatsächliche Geschehensablauf lässt sich nicht mehr feststellen. Vieles bleibt im Dunkeln." Außerdem habe sein Mandant in Notwehr gehandelt. "Es ist verständlich, dass der Angeklagte zugeschlagen hat. Er musste befürchten, dass der andere wieder auf ihn losgeht." Der Anwalt beantragte Freispruch. Bei einer Verurteilung komme allenfalls einen Geldstrafe in Betracht.

Staatsanwalt Matthias Burckhardt lehnte eine Einstellung ab. Hier gebe es keinen Spielraum, da der Tatnachweis durch das Geständnis des Angeklagten erbracht sei. Notwehr komme auch nicht in Betracht, sagte der Staatsanwalt und forderte eine Freiheitsstrafe von acht Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt werden könne, da der Angeklagte nicht vorbestraft ist.

"Das war keine Notwehr, sondern eine Retourkutsche", stellte die Richterin fest. Denn zum Zeitpunkt des Schlags war der 30-Jährige von dem anderen Mann aus dem Gerangel weggezogen worden. Sie ging bei ihrem Schuldspruch jedoch von einem minder schweren Fall aus und verhängte eine Geldstrafe von 3600 Euro (90 Tagessätze). Was dem Schlag vorausging, ob es eine Provokation gab, könne nicht mehr aufgeklärt werden. Tettmann: "Einiges passt da nicht zusammen."

Ausgerechnet "Beck's"?


Nicht geklärt wurde auch die Frage, wie ausgerechnet eine Flasche "Beck's" auf dem Mönchshofgelände zum Tatwerkzeug werden konnte. Als ob wir in Kulmbach nicht genügend eigene Flaschen hätten ...