Darf ich bitte mal vorbei? Höflich bitte ich im Supermarkt eine Frau, die mit ihrem Einkaufswagen schon seit Minuten den schmalen Durchgang blockiert, mir Platz zu machen. "Gehen Sie doch woanders lang", blafft sie mich an.
Ich glaube, mich verhört zu haben, aber ihr Blick zeigt deutlich: Die meint das ernst! Obwohl sie genau weiß, dass es keinen anderen Weg gibt, denn im zweiten Durchgang steht ein Palettenwagen voller Waren, die eine Mitarbeiterin gerade in die Regale einsortiert.
Ich bin nicht auf den Mund gefallen, aber da fehlen mir doch für einen Augenblick die Worte. Während ich noch überlege, ob ich der deutlich älteren Frau eine Rede zum Thema Anstand halten soll, befreit mich die Supermarkt-Mitarbeiterin liebenswürdig aus der unerfreulichen Situation. Sie schiebt ihren sperrigen Wagen zur Seite und öffnet mir einen Ausweichweg. "Reine Bosheit", raunt sie mir zu, "die macht das öfter".
Ob sich die Marktleitung das nächste Mal dazu entschließt, die unangenehme Kundin an die Luft zu setzen? Schon möglich, denn die Mitarbeiter haben die Faxen satt.
Mich hat auf dem Heimweg aber vor allem die Frage beschäftigt: Wie wird man so? Mir hat die Frau leid getan: Wer so viel Frust und Aggressivität ausstrahlt, hat wohl nicht viel Positives erlebt.
Ein Freibrief für Pampigkeit ist das freilich nicht. Deshalb sollte ich vielleicht den Rat des ehemaligen US-Präsidenten Theodore "Teddy" Roosevelt beherzigen: "Sprich leise und höflich, aber trage stets einen dicken Knüppel bei dir. "