Die Kulmbacherin Elise Gleichmann hat in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts die Sagen und Bräuche des Kulmbacher Landes gesammelt.
Das war richtig viel Arbeit! 458 Seiten handschriftliche Aufzeichnungen in alter deutscher Langschrift, verschnörkelt, vielfach kaum zu entziffern, eilig notiert, verblasst, durchgestrichen, überschrieben, das Ganze meist in Mundart. Es ist der gesammelte und noch weitgehend unveröffentlichte Nachlass der Kulmbacher Heimatschriftstellerin Elise Gleichmann. Andrea Senf wollte daraus gemeinsam mit dem Kulmbacher Literaturverein und dem Verlag "Leben in der Sprache" ein Buch machen.
Viereinhalb Jahre hat es gedauert, bis aus der Idee ein gedrucktes Werk geworden ist. Dieses wird am Montag, 29. April, im Rahmen des Stammtischs der Freunde der Plassenburg erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt.
Harald Stark, Kastellan und heimatkundlich bewanderter Erforscher historischer Quellen, ist der Vater der Idee, den Gleichmann-Nachlass zu bearbeiten und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Er begeisterte Andrea Senf und Karin Minet vom Literaturverein für das Projekt.
Wie viel Arbeit dadurch auf sie zukommen würde, hat Andrea Senf damals, im Herbst 2014 nicht geahnt. "Ich selbst kann die alte Schrift nicht gut lesen. Dass ich in kurzer Zeit 20 Leute finde, die das können und mitmachen, hätte ich nie gedacht. Wir waren wie eine eingeschworene Familie mit einer gemeinsamen Mission", schwärmt die 51-Jährige.
Die "Übersetzer" waren Bewohner des Seniorenheims Mainpark und ältere Kulmbacher, die einem Aufruf in der Bayerischen Rundschau gefolgt waren. Aus einer anfangs fast unlösbar scheinenden Aufgabe wurde ein Projekt, das zügig voranschritt.
Bei Andrea Senf liefen alle Fäden zusammen: Sie organisierte die Abläufe, tippte alle handschriftlichen Übersetzungen ab, sortierte und strukturierte die Ausbeute und wählte letztlich die Texte aus, die man nun in "Billmesschnitzer und Hulzfraala" nachlesen kann.
Denkt man an Kulmbacher Sagengestalten, so fällt den meisten sofort die "Weiße Frau" ein. Mancher kennt vielleicht noch die grauen Männla, die ihren Schabernack mit denen treiben, die sie verärgern. "Aber es gibt so viel mehr Kulmbacher Sagengestalten", sagt Andrea Senf. Das 270 Seiten starke Buch erzählt von der Drud, die Alpträume verursacht, dem Huckauf, der sich dem Wanderer auf den Rücken setzt und mit jedem Schritt schwerer wird, bis der auf diese Weise Beladene tot zusammenbricht, vom Heeklmoo, der kleine Kinder mit seinen langen Haken ins Wasser zieht, und der Schietala, die nachts die Haare durchwühlt.