Kulmbacher Obdachlose werden bald in diesen Containern untergebracht

3 Min
Das ist die neue Obdachlosen-Unterkunft in der Schützenstraße, die in Modulbauweise errichtet wurde. Fotos: Alexander Hartmann
Das ist die neue Obdachlosen-Unterkunft in der Schützenstraße, die in Modulbauweise errichtet wurde.  Fotos: Alexander Hartmann
Die Containeranlage auf der Rückseite
Die Containeranlage auf der Rückseite
 

Schon im März werden die ersten Obdachlosen in die neue geschaffene Containeranlage in der Schützenstraße umziehen.

"Wir wollen in dem Haus bleiben, nicht in Containern leben." Das hat im Gespräch mit unserer Zeitung Ende 2017 Bernd (Name von der Redaktion geändert) gesagt, der seit Jahren in der städtischen Notunterkunft in der Blaich wohnt. Jetzt, gut ein Jahr danach, steht auch für ihn der Umzug an. Bernd wird wie die anderen Bewohner das heruntergekommene Haus in der Hermann-Limmer-Straße verlassen und in die Schützenstraße ziehen - in die Obdachlosenunterkunft, die auf dem früheren Stadtwerke-Gelände entsteht.

Für bis zu 30 Personen

In der vergangenen Woche wurde die neue Gemeinschafts-Anlage aufgebaut - in Modulbauweise. Ein Kran hat die Container aufgetürmt. 25 bis 30 Personen können dort untergebracht werden, wie Simon Ries von der Stadt Kulmbach mitteilt. Schon im März sollen die ersten Bewohner einziehen.

Einheiten werden möbliert

Zweckmäßig werden die Unterkünfte sein. Alle Einheiten erhalten Duschen, sanitäre Einrichtungen, eine Küchenzeile. "Sie werden von der Stadt auch möbliert", sagt Ries. Es werden keine Wohlfühl-Oasen - und das sollen sie auch nicht sein. Obdachlosenunterkünfte seien zur Überbrückung von Notsituationen gedacht. Wenn möglich wolle man den Menschen von dort die Rückkehr in ein Leben in geordneten Bahnen ermöglichen, stellt der Pressesprecher fest.

In der Hermann-Limmer-Straße wie auch in den einstigen Baracken im Dreibrunnenweg waren die Bewohner sich größtenteils selbst überlassen. Was mitunter fatale Folgen hatte. In der Blaich etwa war Gewalt stets ein großes Thema. Anfang 2018 hatte dort ein 28-Jähriger einen 19-Jährigen gequält und brutal misshandelt.

Sicherheitsdienst kontrolliert

Diese Zeiten sollen nun vorbei sein. In der Schützenstraße wird es einen Hausmeister geben, der laut Ries darauf achten wird, dass Regeln eingehalten werden. Ein Sicherheitsdienst werde regelmäßig Kontrollen durchführen. Auch um zu verhindern, dass es Probleme wie in der Hermann-Limmer-Straße gibt. Dort hatte es wegen Ruhestörung immer wieder Beschwerden gegeben. Die Schützenstraße ist zwar keine Wohngegend, doch auch hier befinden sich Nachbarn in der Nähe.

Bewohner werden betreut

Für die Obdachlosen sollen die Containerbauten nur eine Unterkunft auf Zeit sein. Sie werden in der Schützenstraße von zwei Halbtagskräften der psychosozialen Arbeit des BRK betreut, die auf der Anlage ein Büro haben und Sprechzeiten anbieten werden. Wie Bereichsleiterin Ingrid Schweiger mitteilt, will das Team dazu beitragen, dass die Männer und Frauen, die oft auch unter psychischen Problemen leiden, wieder an das gesellschaftliche Leben herangeführt werden. "Unsere Mitarbeiter wollen für sie Ansprechpartner sein, sie beispielsweise bei Antragsstellungen oder auch bei der Suche nach einer Wohnung unterstützen."

Außergewöhnlich

"Es ist eine außergewöhnliche Maßnahme", sagt Simon Ries. Das Modellprojekt wird von der Regierung gefördert. Auch der Landkreis Kulmbach sitzt mit im Boot. 700 000 bis 800 000 Euro kostet das gesamte Projekt, bei dessen Finanzierung die Stadt auch auf den Bezirk und Fördermittel des Bundes setzt. Betrieben wird die Notunterkunft von der Städtebau GmbH. Das Team um Abteilungsleiter Michael Münch ist zurzeit gefordert, gilt es doch, in kurzer Zeit die Vorbereitungen für den Umzug zu treffen.

Der stellt für Bernd wie auch andere Bewohner der Notunterkunft in der Hermann-Limmer-Straße eine Herausforderung dar. Das weiß Ingrid Schweiger, die darauf verweist, dass Sozialpädagogin Margita Müller die Obdachlosen auch deshalb schon seit November betreut und darauf vorbereitet. Nicht alle Bewohner werden in die Schützenstraße ziehen. Es gibt laut Schweiger Obdachlose, die den anstehenden Ortswechsel zum Anlass genommen haben, eine eigene Wohnung zu suchen. Hierzu ein Kommentar von Alexander Hartmann

Damit es nicht im Container endet

Gut, von innen haben wir sie noch nicht gesehen. Doch der erste Eindruck bleibt haften: Die Module in der Schützenstraße, in denen die Obdachlosen untergebracht werden, gleichen Baustellen-Containern. Sie sind schmucklos - und erfüllen so wohl doch ihren Dienst. Es sollen ja nur Unterkünfte auf Zeit sein.

Ob das aber wirklich so sein wird? Man darf bezweifeln, dass es gelingen wird, die Bewohner, die seit vielen Jahren in der Hermann-Limmer-Straße untergetaucht sind, schnell wieder an das normale Leben heranzuführen. Ein eigener Verdienst und eine eigene Wohnung - ein Traum, den so mancher Obdachlose hat, der oftmals auch durch Schicksalschläge an den Abgrund geraten ist. Ein Traum, der nicht so ohne Weiteres Realität werden wird.

Das Projekt, das die Stadt mit der Umsiedlung in die Schützenstraße startet, ist nichtsdestotrotz lobenswert, denn es bietet eines: Hilfe zur Selbsthilfe. Schon beim Thema Haushaltsführung.Bis dato waren die Obdachlosen in den Notunterkünften mehr oder weniger auf sich allein gestellt. Eine Folge: Die Wohnungen waren teils vermüllt. Künftig wird Sauberkeit eingefordert. In der Gemeinschafts-Unterkunft gelten Regeln, deren Einhaltung vom Hausmeister und Sicherheitsdienst kontrolliert wird. Hilfe zur Selbsthilfe will man den Betroffenen vor allem auch mit Blick auf ihre weitere Lebensführung geben. Sozialpädagogen wollen ein offenes Ohr für ihre Sorgen und Nöte haben, ihnen einen Weg aus der oft nur selbst empfundenen Ausweglosigkeit aufzeigen. Hilfestellung leisten, die so mancher benötigt, der bei Behördengängen überfordert ist, für den die Suche nach einer Arbeitsstelle oder gar eigenen Wohnung mit einer immensen psychischen Belastung einhergeht.

Ob der eine oder andere Obdachlose die Chance am Schopf packen wird? Wir wünschen es ihnen: Damit ihr Leben nicht im Container endet.