Druckartikel: "Kulmbach ist ein sehr guter Standort, um ein Unternehmen zu gründen"

"Kulmbach ist ein sehr guter Standort, um ein Unternehmen zu gründen"


Autor: Rebecca Vogt

Kulmbach, Mittwoch, 17. Juli 2019

2010 als Drei-Mann-Betrieb gegründet hat sich das Kulmbacher Start-Up Dynamic Commerce zu einem 60 Mitarbeiter starken Unternehmen gewandelt.
Tobias Langmeyer gründete 2010 zusammen mit einem Geschäftspartner das Technologieunternehmen Dynamic Commerce. Die Firma wächst seitdem von Jahr zu Jahr und zählt inzwischen 60 Mitarbeiter. Foto: Rebecca Vogt


Mit Inhaber und Geschäftsführer Tobias Langmeyer haben wir über die rasante Entwicklung seiner Firma gesprochen. Im BR-Interview erzählt er auch, warum er mit seiner ersten Unternehmensgründung keinen Erfolg hatte und wo er als Unternehmer Mut aufbringen muss.

Sie sind jetzt seit neun Jahren mit Ihrer eigenen Firma am Markt. Was war Ihre mutigste Entscheidung als Unternehmer?

Langmeyer: Definitiv die Übernahme der Anteile meines Geschäftspartners. Wir haben Dynamic Commerce ja ursprünglich zu zweit geführt. Als er dann ausgestiegen ist, habe ich seine Anteile übernommen. Für mich war das tatsächlich eine mutigere Entscheidung als zum Beispiel die Gründung. Damals war Dynamic Commerce noch ein kleines Start-Up und alles relativ entspannt. Zur Zeit der Übernahme aber, vor zwei Jahren, war das Unternehmen dann schon wesentlich größer und die Anteile, die wir 2010 auf dem Papier unterschrieben hatten, plötzlich Euros Wert. Dieses unternehmerische Risiko dann alleine zu tragen, das war sicherlich eine mutige Entscheidung. Ich musste mir auch überlegen: Ist es das, was ich die nächsten Jahre tun möchte? Ist es das, was die nächsten Jahre erfolgreich sein wird? Bis jetzt bin ich mit meiner Entscheidung aber sehr zufrieden.

Vor der Gründung von Dynamic Commerce haben Sie also nicht lange überlegt, ob Sie den Schritt in die Selbstständigkeit wagen sollen? Immerhin waren Sie bei einem anderen Unternehmen fest angestellt.

Ich hatte schon immer Lust, ein Unternehmen zu führen beziehungsweise zu gründen. Die Wahl zwischen Angestelltenverhältnis und Unternehmertum - wenn man denn mit drei, vier Leuten schon davon sprechen kann - fiel mir deshalb nicht schwer. Wir haben uns damals drei Tage in ein Hotel eingesperrt und alles geplant. Danach ging es ziemlich schnell. Zwei, drei Monate später war das Unternehmen gegründet. Dynamic Commerce ist tatsächlich auch nicht mein Erstes. Ich hatte schon einmal eine Veranstaltungsagentur - zusammen mit einem ehemaligen Kollegen.

Was ist aus der Agentur geworden?

Die haben wir - muss man sagen - recht ordentlich in den Sand gesetzt. Wir hatten damals mit der Organisation von kleinen Unternehmensveranstaltungen begonnen und uns bis hin zu größeren Veranstaltungen im Motorsport hochgearbeitet. Dann kam Ende 2009 die Finanzkrise - und uns brachen in diesem Bereich einfach die Sponsoren und der Markt weg. Wir waren ein junges Unternehmen und auf Wachstum aus. Aber mit der wirtschaftlichen Delle konnten wir nicht umgehen.

Fällt es nach so einer Bauchlandung nicht umso schwerer, erneut mit einer eigenen Firma an den Start zu gehen?

Mit der Agentur zu scheitern, war natürlich nicht schön. Aber im Nachhinein kann ich sagen, dass ich auch viel daraus gelernt habe. Wenn man dann quasi im zweiten Anlauf ein Unternehmen aufbaut, plant man zum Beispiel eine wirtschaftliche Veränderung deutlich besser mit ein, setzt an der ein oder anderen Stelle mehr auf Sicherheit und ist insgesamt vorsichtiger. Ich glaube sogar, dass es einem beim zweiten Mal leichter fällt. Man hat schon gelernt, was gut funktioniert und was vielleicht nicht, weiß, worauf man aufpassen muss. Nicht zuletzt war bei mir auch der Ansporn da, das Ganze noch einmal anders beziehungsweise besser zu machen.

Welche Idee steckt hinter Dynamic Commerce?

Am Markt gab es damals zwei Insellösungen - auf der einen Seite die Webshop-Software, auf der anderen die Unternehmenssoftware. Wann immer ein Unternehmen einen Webshop bei sich eingeführt hat, mussten die Daten aus dem Online-Geschäft zum Beispiel mit der Finanzbuchhaltung und dem Lager verbunden werden. Die entsprechenden Schnittstellen zwischen den beiden Insellösungen zu bauen, hat jedoch nicht immer reibungslos funktioniert. Unsere Idee war also, eine Lösung für dieses Problem anzubieten - sprich eine Webshop-Software, die von Anfang an auf der Unternehmenssoftware basiert und diese integriert.

Mussten Sie auf dem Weg zur Unternehmensgründung viele Hürden überwinden?

Es gibt ja immer das Gerücht, dass es in Deutschland mit sehr viel Bürokratie verbunden ist, ein Unternehmen zu gründen. Ich persönlich bin eigentlich der Meinung, dass es relativ leicht geht. Natürlich könnten ein, zwei Dinge schneller gehen, aber jeder, der es wirklich will, wird sich davon nicht abhalten lassen. Es gibt mittlerweile auch viele Stellen, die einen unterstützen und Tipps geben - von der IHK bis zu diversen Gründerzentren. Wir haben damals ganz klein angefangen und uns aus eigener Kraft hochgearbeitet. Einen Investor, der uns mit Kapital versorgt hat, gab es nicht. Wir haben Kundenprojekte an Land gezogen, Geld verdient und daraus dann das weitere Wachstum der Firma finanziert.

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Spielt Mut in Ihrem täglichen Arbeitsleben eine große Rolle?

Nicht unbedingt Mut, aber man darf zumindest keine Angst vor Veränderungen haben. Das ist meiner Meinung nach ganz wichtig. Wir wachsen als Unternehmen recht schnell, da sind Veränderungen ganz normal. Aber im Grunde trifft es auf jedes Unternehmen zu, dass sich Markt und Branche verändern. Es passiert ständig etwas Unvorhergesehenes. Auch mein Job hat sich seit der Gründung von Dynamic Commerce schon drei, vier Mal komplett verändert. Während ich am Anfang noch jede Zeile Code und alle Rechnungen selbst geschrieben habe, gehört das heute nicht mehr zu meinen Aufgaben.

Sind Sie als Unternehmer eher risikofreudig oder risikoscheu?

Definitiv risikofreudig. Wir wachsen jedes Jahr um 15 bis 20 Prozent. Stellen jedes Jahr rund 14 neue Mitarbeiter ein. Dazu zwingt uns erstmal keiner. Wir wollen aber unseren Kunden eine optimale Leistung bieten. Und je mehr Kunden wir bedienen, desto mehr Mitarbeiter brauchen wir. Daraus entsteht automatisch ein gewisses Wachstum, das wiederum eine gewisse Risikofreudigkeit voraussetzt. Wollten wir einfach ganz sicheres Business machen, würden wir sicherlich keinen derartigen Wachstumskurs fahren. Aber - das muss man auch einmal ganz klar sagen - als alleiniger Inhaber hängt man natürlich auch privat am Erfolg des Unternehmens. Eine gesunde Mischung aus Risiko und Vorsicht ist deswegen meiner Meinung nach der richtige Weg.

Ist es mutig, eine Firma an einem Standort wie Kulmbach anzusiedeln?

Nein. Ich denke, Kulmbach ist ein sehr guter Standort, um ein Unternehmen zu gründen. Vielleicht erfordert es sogar weniger Mut als anderswo. Ein Büro in München zu mieten, ist zum Beispiel erstmal mit mehr finanziellem Aufwand verbunden. Dann gibt es dort große Firmen wie Google oder Facebook, die als Konkurrenten am Arbeitsmarkt auftreten und einem die Entwickler streitig machen. Hier in der Region Oberfranken haben wir viele Universitäten und Schulen, an denen junge, engagierte Leute zu finden sind. 20 bis 30 Prozent meiner Arbeitszeit verwende ich mittlerweile darauf, diese Talente fürs Unternehmen zu gewinnen. Wir sind zum Beispiel gerade mit einem Escape-Room, den wir selbst entwickelt haben, an den Universitäten unterwegs. So etwas muss man sich heutzutage einfach einfallen lassen, um IT-Fachkräfte auf sich aufmerksam zu machen.