Das Klinikum Kulmbach ist als erstes oberfränkisches Krankenhaus ein zertifiziertes Endoprothetik-Zentrum. Mehr als 650 Knie- und Hüft-Operationen führt das Team um Gerhard Finkenzeller jährlich durch.
Es war ein langer und arbeitsreicher Weg: Sieben Monate lang wurde in der Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie am Kulmbacher Klinikum jeder Arbeitsgang in Bezug auf Gelenkersatz auf den Prüfstein gelegt. Jedes Detail wurde beleuchtet, hinterfragt und externen Fachleuten zur Prüfung vorgelegt. Jetzt ist es geschafft: Am Klinikum ist das erste Endoprothetik-Zentrum Oberfrankens nach Vorgaben der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie zertifiziert.
Geschäftsführer Herbert Schmidt ist darüber sehr glücklich und stolz auf das Mitarbeiter-Team: "Wir sind stolz auf diese Leistung und darauf, dass wir die ersten in Oberfranken sind, die für ein solches Zentrum die Anerkennung erreichen konnten."
Auf internationalem Standard Um die Prozesse der Behandlung der Patienten vom ersten Kontakt bis zur Entlassung in die Reha-Klinik zu verbessern und die
Qualität der Operationsergebnisse zu optimieren, hat die Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie Maßstäbe festgelegt, die alle Häuser erfüllen müssen, um das Qualitätssiegel tragen zu dürfen.
"Zuallererst geht es dabei natürlich darum, ein hohes Qualitätsniveau sicherzustellen und nachzuweisen", erläutert der Leitende Arzt der Klinik, Gerhard Finkenzeller. Er hat bereits bei der Einrichtung des Trauma zentrums mitgewirkt und wollte nun den Bereich der Gelenkersatz-Operationen mit international festgelegten hohen Standards in Kulmbach etablieren.
Routine im OP Künstliche Hüften oder auch Kniegelenke gehören am Kulmbacher Klinikum schon längst zum Tagesgeschäft in den Operationssälen. Rund 650 solcher Gelenkersatz-Operationen werden dort jährlich durchgeführt.
Wann immer es möglich ist, kommen dabei auch sogenannte minimal-invasive Techniken zum Tragen, um die Patienten zu schonen und den Heilungsprozess zu verbessern. Die Patienten kommen dabei nicht nur aus der Region Kulmbach, so der Geschäftsführer.
Die Zertifizierung war ein Riesenaufwand, erzählt Gerhard Finkenzeller: "Alle Arbeitsprozesse wurden durchleuchtet. Eine Aufgabe, die der Klinik-Chef sehr positiv bewertet, "denn dabei findet man immer etwas, das man noch verbessern kann, und das ist es ja, was wir alle wollen." Beurteilt werde deshalb auch die interdisziplinäre Zusammenarbeit, die detaillierte Dokumentation der Arbeitsschritte vor, während und nach dem Eingriff und die Qualifikation der Mitarbeiter.
Die Hürden für die Zertifizierung sind dabei recht hoch. Zwingende Voraussetzung ist ein sogenannter "Senior-Operateur" mit besonders großer Erfahrung in diesem Bereich. Das ist Finkenzeller selbst.
Der 54-Jährige hat in seinem Berufsleben schon rund 6000 Prothesen operiert. Zusätzlich muss es noch einen "Hauptoperateur" geben, der mindestens auf 50 Operationen pro Jahr kommt. Das nachzuweisen fiel den Kulmbachern allerdings leicht: Vier Oberärzte der Klinik sind als Hauptoperateure anerkannt; die Mindestzahl an Eingriffen überschreiten sie deutlich.
Zeitgleich mit der Zertifizierung ist das Klinikum Kulmbach jetzt auch dem Deutschen Endoprothetikregister (ERPD) angeschlossen. Dieses Register ist ein Gemeinschaftsprojekt von Ärzten, Kliniken, Krankenkassen und Industrie, das die Qualität der Versorgung mit künstlichen Hüft- und Kniegelenken weiter verbessern und die Zahl unnötiger Wechseloperationen senken soll.
Das EPRD verknüpft Routinedaten systematisch mit neuen Informationen über den Einbau künstlicher Hüft- und Kniegelenke.
Es wertet diese Informationen mit Blick auf die Qualität der Implantate und der medizinischen Behandlung aus. Auch das weiß Finkenzeller zu schätzen: "So können wir uns in den Ergebnissen immer mit anderen deutschen Kliniken vergleichen."
Wer zertifiziert? Überwacht wurde die Zertifizierung am Klinikum vom weltweit ersten Zertifizierungssystem in der Endoprothetik "EndoCert". Um die Qualität der endoprothetischen Versorgung zu erhalten und zu verbessern, sei ein hohes Maß an Spezialisierung, Kompetenz und Erfahrung erforderlich, schreibt die Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie. Dem wolle man durch diese neue Konzeption für anerkannte Zentren Rechnung tragen. Mit der einmaligen Zertifizierung ist es natürlich nicht getan.
Jedes Jahr aufs Neue werden Finkenzeller und sein Kollegen sich der Bewertung durch externe Fachleute stellen.
Infos zur Endoprothetik Definition Als Endoprothesen werden in der Orthopädie Implantate bezeichnet, die ein erkranktes oder zerstörtes Gelenk ersetzen.
Welche Gelenke? Am häufigsten ersetzt werden Hüft- und Kniegelenke ersetzt. Aber auch für Schulter, Ellenbogen, Hand- und Fingergelenke sowie für das obere Sprunggelenk gibt es Endoprothesenmodelle.
Ursachen Der häufigste Grund für Gelenkersatz ist Arthrose. Am Hüftgelenk ist aber auch der Schenkelhalsbruch ein häufig auftretender Grund für den Einsatz eines künstlichen Gelenks. Darüber hinaus können Durchblutungsstörungen im Knochen Gelenke zerstören.
Auch ein durch rheumatoide Arthritis zerstörtes Gelenk kann durch ein Kunstgelenk ersetzt werden.
Haltbarkeit Natürlich unterliegen auch Endoprothesen dem Verschleiß und können locker werden. In diesen fällen ist dann eine Wechsel-Operation notwendig.
Material Zum Einsatz kommen an die jeweilige Patientensituation angepaßte Implantate aus Kobalt/Chrom-Legierungen, Titan, Keramik oder hochvernetztem Polyethylen. Verankert werden Endoprothesen mit und ohne Knochenzement aus PMMA (Polymethylmethacrylat).