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Kein Audi A8 und viel Geld weg


Autor: Stephan Tiroch

Kulmbach, Freitag, 18. Januar 2013

Ein leichtgläubiger Kulmbacher hat betrügerischen Autohändlern aus Frankfurt 27.000 Euro bezahlt - ohne die Luxuskarosse je gesehen zu haben. Der Wagen ist dann nie in Kulmbach angekommen.
Das Amtsgericht hat gestern drei Betrüger verurteilt, die einen Kulmbacher um 27 000 Euro erleichtert haben. Foto: Archiv


Das kennt fast jeder Autofahrer: An der Windschutzscheibe klemmt eine Visiten karte mit der Handynummer eines rumreisenden Händlers, der das Fahrzeug kaufen möchte. So hat auch ein Kulmbacher drei Rumänen aus dem Raum Frankfurt kennengelernt und mit ihnen Geschäfte gemacht - was er besser nicht getan hätte.

Zunächst läuft alles korrekt, der Mann verkauft zwei Autos und bekommt dafür Bargeld. Dann - im Mai 2009 - bietet ihm das Trio, Vater und zwei Söhne, eine Luxuslimousine zum Kauf an. Einen gebrauchten Audi A8 mit zwölf Zylinder zum Preis von 27 000 Euro. Die Nobel karosse hat der Kulmbacher nie gesehen, aber sein Geld ist weg. Klarer Fall von Betrug.

Wie Königlich Bayerisches Amtsgericht

Die juristische Aufarbeitung vor dem Kulmbacher Amtsgericht läuft mehr als schleppend an. Es dauert eine geschlagene viertel Stunde, bis die Formalitäten geklärt sind. Wollen sie nicht oder können sie nicht - die drei Angeklagten brauchen sehr lange für die Angabe ihrer korrekte Anschrift. Richterin Sieglinde Tettmann fühlt sich in Zeiten des Königlich Bayerischen Amtsgerichts zurückversetzt und meint: "Nicht bös gemeint, aber man bringt es schon Sechsjährigen bei, dass sie ihre Adresse auswendig können."

Zur Sicherheit ist eine Dolmetscherin im Gerichtssaal, aber die Angeklagten können ausreichend deutsch. Während der Nachwuchs, 26 und 25 Jahre alt, zunächst schweigt, macht der Vater ("Ich bin seit 25 Jahren in Deutschland") Angaben. Den dunklen A8 hat's in Frankfurt offenbar wirklich gegeben. Zum Zeitpunkt des Geschäfts mit dem Kulmbacher ist der Wagen jedoch schon verkauft gewesen.

"Haben Sie ihn übers Ohr gehauen?", fragt die Richterin. "Ja", sagt der 43-jährige Angeklagte, der schon einiges auf dem Kerbholz hat, elf Vorstrafen insgesamt. Und liefert eine abenteuerliche Erklärung, wo das Geld abgeblieben ist. Damit hat er angeblich den Klinikaufenthalt eines Enkelkinds bezahlt, das nach einem schweren Unfall einen Monat im Koma lag und nicht krankenversichert war.

Handschlag statt Ohrfeige

Erstaunlich locker sieht der Geschädigte die Sache. Als man sich im Gerichtssaal begegnet, begrüßt er den Vater per Handschlag. Und die Richter wundert sich, "dass er Ihnen die Hand gibt und nicht a Schelln". Doch beim Zeugen überhaupt kein Anzeichen von Groll. Die Rumänen bezeichnet er als "nette Kerle". Er habe keinen Verdacht geschöpft, als sie 7000 Euro Anzahlung wollen. Als er auch die restlichen 20 000 Euro noch im Voraus bezahlen soll, will er allerdings schon so eine Ahnung gehabt haben: "Das Geld siehst du nicht wieder."

Wie bekannt, ist die Luxus karosse nie in Kulmbach eingetroffen. Stattdessen bleibt der Mann auf einem gebrauchten Mercedes Sprinter sitzen, den das Trio als "Sicherheit" dagelassen hat. Später stellt sich raus, dass der Transporter in Forchheim gestohlen worden ist. Er wird von der Polizei abgeholt, und der Geschädigte bekommt selbst Ärger mit dem Gesetz. Zwei Jahre wartet er, bis er den Betrug anzeigt.

Geschädigter sieht kein Geld

Nachdem die Sachlage geklärt ist, finden hinter den Kulissen Beratungen statt. Beteiligt sind die Richterin, die Vertreterin der Staatsanwaltschaft, Katja Ohnemüller, und Rechtsanwalt Bernhard Thieser aus Saarbrücken. "Eine Vereinbarung zu Ihren Gunsten ist leider nicht zustande gekommen", teilt der Verteidiger dem Geschädigten hernach mit. Was er damit meint, ist eindeutig: Es gibt keine Kohle für den Kulmbacher. Zuvor hat der Anwalt noch angedeutet, dass sein Mandant, der Vater, sofort 5000 Euro zurückzahlen und den Rest in monat lichen Raten von 500 Euro abstottern wolle.

Die Söhne nützen ihre letzte Chance und legen schnell noch ein Geständnis ab. So kommen sie um eine Freiheitsstrafe rum.

Keine Lust auf Arbeitsstunden

Das Urteil lautet: dreimal schuldig. Den Tätern, die von Hartz-IV-Leistungen leben, macht die Richterin klar: "Das war kein Kavaliersdelikt. So was muss aufhören." Die Söhne kommen mit Geldstrafen davon: jeweils 4200 Euro. Den Vater rettet sein Geständnis vor dem Knast: ein Jahr Freiheitsstrafe auf Bewährung. An den Caritasverband Kulmbach muss er noch 1000 Euro bezahlen. Die Geldauflage war ihm lieber - auf Arbeitsstunden hatte er keine Lust.

Hier gibt's die Glosse zum Artikel.