Ein in Kulmbach lebender Iraner, der in seine Heimat abgeschoben werden sollte, hat sich in der Arrestzelle verletzt. Pfarrer Jürgen Singer erklärt, dass der Mann um sein Leben fürchten muss, weil er zum Christentum übergetreten ist.
Es waren, so schildert es Pfarrer Jürgen Singer von der Kreuzkirche, dramatische Szenen, die sich gestern in der Polizeiinspektion Kulmbach abgespielt haben. Beamte hatten morgens um 6.30 Uhr den 21-jährigen Iraner Hossein K. in seiner Wohnung abgeholt. Am Nachmittag sollte der abgelehnte Asylbewerber, dessen Duldung abgelaufen ist, von München aus in seine Heimat zurückgeflogen werden.
Notarzt rückt an
Mutter Azadeh besuchte Hossein am Vormittag zusammen mit Pfarrer Singer. "Wir haben im Vorraum der Arrestzelle gebetet und geweint", berichtet der Geistliche. Dann herrschte plötzlich Aufregung im Revier: Hossein hatte sich selbst mit einem gefährlichen Gegenstand verletzt - wohl um die Abschiebung zu verhindern.
Die Polizei hat daraufhin den Notarzt alarmiert. Der 21-Jährige wurde ins Klinikum gebracht, das er weniger später "haftfähig" wieder verlassen konnte, wie Polizeichef Peter Hübner mitteilt. "Der junge Mann hatte sich nur leicht verletzt."
Pfarrer als Zeuge befragt
Wie Hossein an den Gegenstand, wohl eine kleine Klinge, gekommen ist? Eine Frage, die die Beamten zu klären versuchten. "Wir haben mit der Mutter und dem Pfarrer eine Zeugenbefragung vorgenommen", sagt der Inspektionsleiter. Jürgen Singer fühlte sich "wie im Polizeigewahrsam". "Mir wurden alle Dokumente und das Handy abgenommen." Eine in solchen Fällen durchaus übliche Vorgehensweise der Polizei, wie Peter Hübner mitteilt.
Vater sieht Familienehre verletzt
Am Nachmittag, als Pfarrer Singer wieder zu Hause war, war er noch immer aufgewühlt. Warum ihn die Abschiebung von Hossein so belastet? "Weil ihm im Iran die Todesstrafe droht", sagt er. Wie seine Mutter und seine 13-jährige Schwester sei der 21-Jährige zum Christentum übergetreten. "Sein Vater, der im Iran lebt, sieht dadurch die Familienehre verletzt und hat gedroht, sie umzubringen." Dass das Familienoberhaupt davor nicht zurückschrecken würde, hätten Hosseins Tante und eine Freundin, die im Iran sind, schriftlich bestätigt.
"Tief im Glauben verwurzelt"
Die Mutter und die beiden Kinder seien, so betont der Geistliche, nicht konvertiert, um sich der Abschiebung zu entziehen. "Sie sind tief im christlichen Glauben verwurzelt. Wir haben vor kurzem erst die Taufe der Schwester gefeiert." Hossein besuche regelmäßig den Gottesdienst und den Bibelkreis, fungiere als Übersetzer für andere Asylsuchende, sagt der Pfarrer und führt an: "Ich habe bis dato nichts vom Kirchenasyl gehalten, weil ich an unseren Rechtsstaat geglaubt habe. Jetzt zweifle ich an diesem sehr." Singer versteht nicht, warum gestern die Abschiebung in die Wege geleitet wurde, "obwohl am Donnerstag ein Anhörungstermin beim Verwaltungsgericht in Bayreuth stattfindet".
Es gibt genug Asylsuchende die Ihr Recht auf Schutz verwirkt haben. Deshalb verstehe ich nicht, dass Menschen die sich Mühe geben und integrieren wollen abgeschoben werden. Wer soll diese Wilkür noch verstehen? Ohne den jungen Mann zu kennen, hoffe ich auf einen guten Ausgang für ihn!