Jetzt treffen sich alle im Wald

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Wegen der neuen Forstwege schlagen die Emotionen hoch - ein Ortstermin mit Wutbürgern, Staatsforst und Bund Naturschutz soll Licht ins Dickicht bringen.

Wenn es um Bäume geht, schlagen die Emotionen hoch. Nicht nur, wenn Wutbürger gegen Stuttgart 21 protestieren und dafür eintreten, die Bäume im Umfeld des neuen Hauptbahnhofs zu erhalten. Auch in Kulmbach, wo es sich um einen ganzen Wald handelt: Spaziergänger, Jogger und Mountainbiker, bisher ihr Idyll am Rehberg gewohnt, sind sauer wegen der neuen, breiten Wirtschaftswege im Staatsforst vom Kessel bis Tennach (BR vom 5./6. April: "Sie erkennen ihren Wald nicht mehr").

Viele Kulmbacher haben sich nach dem BR-Bericht über Ostern die Forstarbeiten angeschaut - und sind verärgert. Auch Rudolf Heuwieser: "Mit sorgsamer Waldpflege und verträglichem Kompromiss zwischen Wald als Wirtschaftsgut zur Holzgewinnung und Nah erholungsgebiet für viele Menschen hat der wiederholte Einsatz der Raupenfahrzeuge am Rehberg nichts mehr zu tun", meint er. Es seien "breite Aufmarschstraßen für die Forsttruppen" geschaffen worden, schimpft er.

Für Protestaktion


Der Kulmbacher Arzt glaubt, dass das Interesse von gestressten Menschen, die am Rehberg spazieren gehen, joggen oder walken wollen und Erholung suchen, viel zu kurz kommt. Heuwieser spricht sich für eine Protestaktion aus.

Zumindest ein Treffen aller Beteiligten im Wald wird es jetzt geben. Auf Vorschlag des Bund Naturschutz (BN) soll ein Ortstermin Licht ins Dickicht sowie Wutbürger und Vertreter des Staatsforstbetriebs Nordhalben ins Gespräch bringen. Angedacht ist der nächste Samstag.

Forstbetriebsleiter Fritz Maier greift die Idee des BN-Regionalreferenten Tom Konopka auf und sagt: "Wir haben ja auch im Vorfeld der Maßnahme mit der Presse zusammen die Bürger informiert. Wenn sich jetzt herausstellt, dass das Interesse noch viel stärker ist, können wir gern so einen Ortstermin machen." Einzelheiten müssten noch mit der BN-Kreisgruppe und den Mitarbeitern des Forstbetriebs besprochen werden. Eingeladen sind alle interessierten Kulmbacher (Ort und Zeit werden noch veröffentlicht). Maier will auch die Wandervereine einladen.

Der Bund Naturschutz, so Tom Konopka, versteht sich bei so einem Treffen als "neutrale Stelle". Der gebürtige Stadtsteinacher, der in Kulmbach ins Gymnasium gegangen ist, kennt die Örtlichkeit am Rehberg, aber nicht die aktuelle Situation. "So was sieht anfangs immer brutal aus, da blutet einem das Herz", sagt er aus der Ferne, "in manchen Fällen ist es aber nötig." Nach seinen Worten sieht es der BN mit Sorge, "dass die Waldwirtschaftsintensität zugenommen hat, auch bei den Bayerischen Staatsforsten, und dass die Holz industrie den Takt vorgibt, mit dem gewirtschaftet wird".

Grundsätzlich notwendig


Trotzdem nimmt Konopka den Staatsforst ("Wir sind in regelmäßigen Gesprächen und kümmern uns nicht nur um Molche und Käfer") in Schutz: Grundsätzlich sei die Erhaltung der Forststraßen und Waldwege notwendig. Und es sei auch nicht in allen Fällen falsch, dass mit Harvester und Großmaschinen gearbeitet wird. "Es muss darauf geachtet werden, dass keine tiefen Spuren im Waldboden hinterlassen werden. Und ein Harvester kann bodenscho nender sein als ein Traktor", erklärt der BN-Sprecher aus Nürnberg und betont, "dass die Wege in zwei Jahren wieder eingewachsen sind".

Forstbetrieb versteht den Ärger


Nach den Protesten hat sich Fritz Maier selbst ein Bild davon gemacht, wie es am Rehberg aussieht. "Dass sich die Leute ärgern, die jetzt hier wandern oder joggen wollen und eine matschige Forststraße, große Maschinen und Veränderungen in ihrer gewohnten Umgebung vorfinden, kann ich verstehen", versichert der Chef des Forstbetriebs Nordhalben, der das Gelände von seiner Tätigkeit am Forstamt Stadtsteinach seit 1990 kennt. "Aus unserer Sicht han delt es sich aber um eine ganz nor male Durchforstungsmaßnahme, wenn auch auf einer großen Fläche von 150 Hektar." Auch die Eingriffsstärke sei nichts Besonderes: "Krumme und schlechtere Bäume werden entnommen, dass die besseren Kiefern, Fichten und Eichen sich weiterentwickeln und wachsen können. Und natürlich verkaufen wir auch Bäume."
Was nach Maiers Ansicht vor allem die Verärgerung ausgelöst haben könnte, "hat etwas mit der Hanglage zu tun". Neben den von Lastern befahrbaren Wegen gibt es so genannte Maschinen- oder Rückewege, die schräg den Berg runtergehen: "In flachem Gelände würde man alle 30 Meter eine Gasse machen, wo der Harvester fährt. Das geht dort nicht, weil es zu steil ist." Die Rücke gassen seien schon in den siebziger Jahren angelegt und nun verbreitert worden, weil die Entwicklung der Maschinen weitergegangen ist. "Das fällt den Leuten negativ auf, aber die erste Funktion war immer die Bewirtschaftung des Waldes, dafür sind die Wege gebaut worden. Erst in zweiter Linie ist die Erholungsfunktion dazugekommen, sind Wanderwege draufgelegt worden." Zum Konflikt kommt es, "weil wir auf derselben Fläche zwei unterschiedliche Funktionen haben".
Maier will sich beim Ortstermin um "gegenseitiges Verständnis und die Anerkennung von Realitäten" bemühen. Und er will in der Nähe von Leuchau, "wo wir in den letzten Jahren gearbeitet haben", zeigen, dass sich die Natur in kurzer Zeit erholt und wieder ihre Erholungsfunktion erfüllen kann. Er räumt aber ein, dass am Rehberg Wege und Wald vorübergehend nicht nach Erholung aussehen.