Jäger vom Jura sind empört: Werden uns Märchen vom Wolf aufgetischt?
Autor: Stephan Tiroch
Modschiedel, Donnerstag, 21. Februar 2019
Geheimniskrämerei mit Zahlen: Jäger kritisieren, dass die Öffentlichkeit über die Wolfspopulation getäuscht wird. Was entgegnen Umweltamt und Naturschutz?
Der Wolf, der bei Weismain aufgetaucht sein und sich den Bauch vollgeschlagen haben soll, ist schon lange wieder weg. Seine Spur verliert sich, aber der Nachhall der Ereignisse ist umso größer. Die Jäger vom Jura sind davon überzeugt, dass Weihnachten ein Rehbock vom Wolf gerissen wurde. Was sie empört, ist die offizielle Reaktion. "Ein Wolf kann von unserer Seite nicht bestätigt werden", so das Landesamt für Umwelt (LfU).
1. Was kritisieren die Jäger?
Es geht ihnen nicht nur um den Weismainer Wolf. Die Dimension sei viel größer, sagen Gisbert Sattler, Ernst Fink und Michael Ament. Sie glauben, dass uns - nach dem Märchen von Rotkäppchen und dem bösen Wolf - ein neues Märchen vom Wolf aufgetischt wird. Autoren diesmal: Politik und Behörden. Die Öffentlichkeit werde bewusst über die Wolfspopulation getäuscht. "Man will das Ergebnis nicht haben", sagt Sattler und vermutet System dahinter.
2. Was ist passiert?
In seinem Revier Modschiedel-Fesselsdorf, wo die Landkreise Lichtenfels, Kulmbach und Bamberg zusammenstoßen, hat der Jäger aus Kulmbach - inFranken.de berichtete - die Überreste eines gerissenen Rehbocks entdeckt. Laut Sattler ein ganz frischer Fund, höchsten fünf oder sechs Stunden alt. Fressverhalten, Bissmuster und Trittspuren sprächen für einen Wolf. Er habe den Kadaver - mit Handschuhen - feinsäuberlich in einer Plastiktüte verstaut und zu Hause gekühlt gelagert. Nach den Feiertagen habe der zuständige Wolfsberater eine Probe für die DNA-Untersuchung genommen. "Von der Rippe, wo ein sichtbarer Biss war", betont Sattler - und wundert sich: "Und dann soll die Probe nicht brauchbar gewesen sein?"
3. War die DNA-Probe unbrauchbar?
Nein, meint Sattlers Kollege Ernst Fink vom Nachbarrevier Wunkendorf-Wohnsig. Er kennt sich als Mediziner und Zoologe mit DNA aus. Der emeritierte Professor der Universität Erlangen kritisiert das LfU, das nach eigenen Angaben keine Analyse der genetischen Proben veranlasst hat, weil diese durch Fraßspuren von Fuchs und Vögeln unbrauchbar gewesen sei. "Das glaubt doch keiner. Fremd-DNA von Mensch, Fuchs, Krähe oder was auch immer hätte überhaupt nicht gestört", betont er. "Will man uns für dumm verkaufen? Bei einer Mumie aus dem alten Ägypten kann man auch noch alles nachweisen."
4. Wie ist der Vorgang einzuordnen?
Es gibt einen politischen Hintergrund, glaubt Michael Ament. Der Kreisvorsitzende der Lichtenfelser Jäger aus Schwürbitz erinnert daran, dass der Wolf nicht dem Jagdrecht unterliegt, sondern dem Naturschutzrecht. Der Einfluss des Naturschutzes bei der Wiederansiedlung des Wolfes sei groß. Aber bei geschätzten über 1000 Wölfen in Deutschland, so Ament, nehmen inzwischen die Probleme zu: "Die anfängliche Begeisterung - auch in der Bevölkerung - ist gewichen, die Stimmung umgeschwenkt." Statt Geheimniskrämerei sei Ehrlichkeit notwendig. "Die grundlegenden Fakten müssen auf den Tisch", fordert er. "Die Allgemeinheit hat ein Recht darauf."
5. Was sagt das Landesamt für Umwelt zu den Vorwürfen der Jäger?
In ganz Deutschland wird nach einheitlichen Kriterien ein intensives Wolfsmonitoring betrieben. Laut Bundesamt für Naturschutz wird kaum ein anderes wild lebendes Tier in seinem Bestand ähnlich präzise erfasst und beobachtet. Dafür werden nur eindeutige Wolfsnachweise als Grundlage genommen, wie durch einen genetischen Nachweis (auch aus Kotproben), Bilder aus Fotofallen oder von Totfunden. Hinweise, die nicht überprüfbar (Sichtbeobachtungen, Lautäußerungen, Fotos schlechter Qualität) oder nicht ausreichend dokumentiert sind, fließen nicht in die Bestandszahlen ein.
In Deutschland werden alle Monitoringdaten der Bundesländer zum Wolf von der Dokumentations- und Beratungsstelle regelmäßig veröffentlicht.