Insekten als Nahrung: Krabbelt unser Essen der Zukunft?

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Es kostet Überwindung, solche Buffalo-Wurmlarven zu essen. Für Experten überwiegen die Vorteile der tierischen Nahrung den Ekelfaktor.
Es kostet Überwindung, solche Buffalo-Wurmlarven zu essen. Für Experten  überwiegen die Vorteile der tierischen Nahrung den Ekelfaktor.
Symbolbild: David Pereiras, adobe stock
Prof. Kai Purnhagen
Prof. Kai Purnhagen
Uni Bayreuth

Beim ersten Stadtgespräch der Uni Bayreuth am 4. Juli um 19 Uhr in Kulmbach steht ein ekelbehaftetes Subjekt im Fokus: Insekten. Dass wir die auch noch essen und verfüttern können, findet Professor Kai Purnhagen gut.

Würmer essen? Ernsthaft? Logisch, sagt Kai Purnhagen. Der Inhaber des Lehrstuhls für Lebensmittelrecht der Uni Bayreuth sieht darin sogar eine zukunftsweisende Form der Ernährung, die nicht nur aus Klimaschutzgründen evident werden könnte.

Haben Sie selbst schon einmal Mehlwürmer oder Heuschrecken verzehrt? Und wenn ja: Wie war das Geschmackserlebnis?

Kai Purnhagen: Ja habe ich, mehrfach schon. Einige schmecken lecker, man kann sie verwenden, um beispielsweise Salaten oder anderen Gerichten eine nussige Note zu geben. Mehlwürmer schmecken ein bisschen wie Shrimps.

Bei geschätzt zwei Milliarden Menschen auf der Erde stehen Insekten regelmäßig oder sogar täglich auf dem Speiseplan. Können all diese Menschen irren?

Das ist sehr unwahrscheinlich. Ich glaube eher, dass diejenigen, die Insekten nicht essen möchten, sich irren. Denn rational kann man das nicht begründen. Im Übrigen standen oder stehen Insekten auch bei uns auf dem Speiseplan. Maikäfersuppe zum Beispiel war lange ein typisch deutsches Gericht. In Italien kann man einen Käse, durch den sich Maden gefressen haben, als Delikatesse kaufen. Ich kann nur jeden ermutigen, es auch einmal zu probieren.

Wir reden angesichts des Ukrainekriegs über Mangel an Nahrung, etwa durch fehlende Weizenimporte. Ließe sich das perspektivisch mit Insektenkost in irgendeiner Form kompensieren?

Insekten könnten in der Tat das Potenzial haben, die pflanzlichen Proteine beim Futtermittel zu ersetzen. Davon sind wir aber noch weit entfernt. Wir müssten dazu viel intensiver forscher und auch Futtermittelhersteller müssten sich viel intensiver mit dem Thema befassen.

Gegner führen an: Wer etwa Insektenlarven isst, nimmt in den darin eingelagerten Fettkörpern angereicherte Schadstoffe wie Cadmium auf, die zu Nieren- und Knochenschäden führen können. Andere Bestandteile können anaphylaktische Schocks bei Allergikern auslösen. Teilen Sie die Bedenken?

Das ist richtig und auch schon im Zulassungsverfahren einiger Insekten bestätigt worden. Die Schadstoffe kann man aber durch entsprechende Fütterung in den Griff bekommen. Allergische Reaktionen gibt es bei vielen Nahrungsmitteln, das ist für mich kein Grund, sie nicht auf den Markt zu bringen. Man muss die entsprechenden betroffenen Verbrauchergruppen nur davon in Kenntnis setzen. Wir verbieten ja auch kein Weizenmehl nur weil es bei einigen Bevölkerungsgruppen Intoleranzen auslöst.

Nicht alles, was essbar ist, darf in Deutschland auch zum Verzehr angeboten werden. Wie weit ist hier das Lebensmittelrecht bei uns? Wo sehen Sie den dringendsten Handlungsbedarf?

Wir müssen vor allem dafür sorgen, dass Innovationen schneller und trotzdem kontrolliert auf den Markt gelangen. Bislang gibt es nur: Zulassung oder nicht. Die vielen Graustufen dazwischen werden nicht vom Recht abgebildet, da gibt es viel Handlungsbedarf.

Premiere Am Montag, 4. Juli, findet die Premiere eines neuen Veranstaltungsformats in Kulmbach statt: Der Universitätsverein bringt die "Stadtgespräche" der Uni Bayreuth an den neuen Universitätsstandort. Bei dieser Veranstaltungsreihe sprechen Wissenschaftler über ihre Forschung - verständlich, unterhaltsam und dazu noch spannend.

Referent Den Auftakt macht Professor Kai Purnhagen, der Inhaber des Lehrstuhls für Lebensmittelrecht an der Fakultät VII der Universität Bayreuth für Lebenswissenschaften: Lebensmittel, Ernährung und Gesundheit. Er stellt die Frage "Warum essen wir keine Insekten?" und spricht unter anderem über "Recht, Vernunft und Gefühle beim Essen".

Ort Treffpunkt für den Vortrag ist um 19 Uhr in der Hauptstelle der Sparkasse in Kulmbach. Der Eintritt ist frei, eine Anmeldung für den Abend nicht erforderlich.